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Babkin, unser Väterchen

Babkin, unser Väterchen

Titel: Babkin, unser Väterchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auch kommen mochte – in seinen Räumen fühlte sich Waninow unangreifbar und geborgen.
    Um so mehr zuckte er zusammen, als es nach Einbruch der völligen Dunkelheit an der Verbindungstür von der Kirche zur Wohnung klopfte. Mit hohlem Blick faltete Waninow die Hände und senkte den Kopf. Herr, wenn ich auch ein Sünder bin – beschütze die Verfolgten.
    »Wer da?« fragte er dröhnend. Sein tiefer Baß klang ungebrochen.
    »Wadim Igorowitsch!« kam die Antwort aus der Kirche.
    »Was willst du?«
    »Beichten, Väterchen Pope.«
    Welch ein raffinierter Fuchs, dachte Waninow und grinste verächtlich. Beichten – damit öffnet man bei allen Priestern die Türen, aber nicht bei mir. Nicht jetzt und nicht hier bei mir! Such dir etwas anderes aus, Babkin. Übrigens bist du bereits von deinen Sünden auf deinem Totenbett von mir befreit worden – auch wenn's ein Irrtum war. Die Aussegnung gilt, mein Guter. Troll dich nach Hause!
    »Steht nicht draußen an der Tafel, daß die Kirche geschlossen ist?« schrie Waninow gegen die verrammelte Tür. »Das gilt auch für dich! Wieso bist du trotzdem eingetreten?«
    »Für eine Beichte gehen alle Türen auf, Sidor Andrejewitsch.«
    »Du hast nichts zu beichten. Du bist rein wie ein neugeborenes Lämmlein.«
    »Auf dem Totenbett war ich's noch, Väterchen Waninow. Aber seitdem hat sich vieles verändert. Lasten von Sünden habe ich in kürzester Zeit auf mich geladen. Narinskij, Arune Jelisaweta, ein gewisser Gurjuk …«
    »Was ist mit denen?«
    »Nicht sicher ist es, ob sie noch leben …«
    »O Herr im Himmel!« Waninow stöhnte laut und blickte heilsuchend zur Decke. Babkins Rachefeldzug hatte begonnen. Drei Opfer lagen schon auf dem Gesicht, und nun war er hier und wollte sein nächstes herauslocken. »Wadim Igorowitsch, du unglücklicher Mensch, was hast du da getan!«
    »Nichts, Väterchen. Nur ein paar kleine Worte gesagt. Wie bei einem Schneeball ist's: Oben auf der Höhe läßt man ihn talwärts rollen, und wenn er unten ankommt, ist's ein riesiger Klumpen.« Babkin klopfte wieder gegen die Tür. »Mach auf, Väterchen Pope. Ein paar kleine Wörtchen habe ich auch mit dir zu reden.«
    »Morgen, Babkin. Morgen nach dem Gottesdienst auf des Herrn freiem Feld …«, sagte Waninow mit knirschenden Zähnen. »Nach Einbruch der Dunkelheit nehme ich nur Notbeichten an.«
    »Ich bin in Not, Sidor Andrejewitsch.«
    »Nie und nimmer! Keine Krankheit, keine Sterbestunde, keine innere Verzweiflung … hebe dich hinweg, du Satan!«
    »Alle Welt vergißt plötzlich, daß ich schon tot war«, klagte Babkin durch die dicke Tür. »Wenn jemand auf dieser Erde ein Recht hat, mit einem Priester zu sprechen, bin ich es! Aber gut, gut denn Waninow.« Babkin lehnte sich gegen die Tür, trat mit dem Fuß dagegen und gab damit kund, daß Worte bereits zuviel gesprochen waren.
    Waninow griff nach seinem Wäscheknüppel, wog ihn in beiden Händen und holte, nur zur Übung, zu einem mörderischen Schlag aus. In der Luft zischte es, soviel Kraft lag in diesem Hieb.
    Beruhigt stellte sich Waninow neben die Tür, bereit, sofort zuzuschlagen, wenn Babkins Kopf in den Trümmern erschien. Denn zertrümmern mußte er die Tür erst, bevor er hereinkommen konnte.
    Aber wer dachte denn daran, so wertvolle, alte geschnitzte Türen einzuschlagen? Auch war das mit der bloßen Hand nicht möglich, etwas, das Waninow in seiner verständlichen Angst nicht bedachte. O nein, Babkin stellte es anders an, seinen Popen aus der schnell errichteten Festung zu holen.
    »Hör zu, Sidor Andrejewitsch«, sagte er mit ruhiger Stimme, was Waninow als besonders gefährlich einstufte und womit er sogar recht hatte. »Einen schönen Tausch schlage ich dir vor: Du kommst heraus – und ich lasse deine Kruzifixe, Weihwassertöpfe, Weihrauchschwenker und Ikonen in Ruhe. Von den Kerzenständern ganz zu schweigen.«
    »Nie wagst du das!« brüllte Waninow. Sein Bart sträubte sich vor Entsetzen. »Nie wirst du dich an Gottes Besitz vergreifen! Gesegnet ist alles, was du siehst.«
    »Wer kann einem Verzweifelten mit solchen Worten helfen?« Babkin trat wieder gegen die Tür. »Kommst du aus deiner Höhle heraus, Waninow?«
    »Nein!«
    »Gott erbarme sich meiner Seele«, sagte Babkin dumpf. »Nun beginnt es …«
    Er ergriff ein Weihrauchgefäß, schlug es gegen einen mannshohen Kerzenständer aus Messing, vorsichtig, damit nichts zu Bruch ging, aber es klang sehr zerschmetternd und zerstörerisch.
    In seiner Wohnung sank Waninow auf

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