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Baby-Bingo

Baby-Bingo

Titel: Baby-Bingo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla und Martin Moretti
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Gefühl her so solide, als sei er für die Ewigkeit gebaut.
    Und diese Ewigkeit dauert jetzt bereits über zwei Stunden an. Hätte ich doch besser nur eine halbe Tablette nehmen sollen? Meine Befürchtung ist, dass Carla Verdacht schöpfen könnte, weil der Unterschied zum Normalbetrieb doch zu groß ist. Denn, das sei gestanden, ich habe sie nicht in mein Experiment eingeweiht. Ich dachte zwar länger darüber nach, ob es ein Vertrauensbruch ist, ihr nichts davon zu sagen. Aber letztlich entschied ich mich dafür, mich mit diesem ersten und zugleich auch letzten Test ihr gegenüber nicht zu outen. Sie würde es sicher nicht so toll finden, Testobjekt in einem Versuchsprogramm zu sein. Und auch grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man selbst mit seiner Ehefrau nicht jedes Detail seines Intimlebens und seiner Körperhygiene teilen muss. Mag sein, dass ich da etwas konservativ bin. Doch ich gehöre zu den Männern, die für bestimmte Aktivitäten das Bad exklusiv für sich beanspruchen.
    Zudem könnte der Einsatz als V-Mann bei Carla einige Fragen mit hochexplosivem Zündstoff provozieren. Zum Beispiel: »Früher ging es doch auch ohne, brauchst du das jetzt etwa? Findest du mich etwa nicht mehr sexy?« Es lauert die Gefahr, dass Carla mein Experiment auf irgendwelche Defizite an ihrer Wirkung auf mich beziehen könnte.
    Zudem wusste ich ja vor dem Viagra-Einsatz auch noch nicht, dass dieses winzige Tablettchen einen so verräterischen Bohrturm zur Folge hat.
    »Alles okay bei dir?«, fragt Carla nochmals.
    »Ja, doch, bestens«, sage ich. Mein Körper glüht immer noch wie ein Backofen. Und ich fürchte, meine Ohren sind rot wie Cocktailtomaten.
    »War besonders schön heute«, sagt sie. »So intensiv.«
    Ich merke, dass sie sich über unser Leidenschaftsrevival freut. Was mir ein megaschlechtes Gewissen verpasst. Der Test kann leicht nach hinten losgehen. Was passiert das nächste Mal, wenn ich wieder ohne Unterstützung aktiv bin – wird sie dann nicht enttäuscht sein?
    Sechs Wochen sind seit meinem Viagra-Debüt vergangen. Carla ist mit Marie im Kino, ich dagegen stehe mit dem schärfs ten Steakmesser zu Hause in unserer Küche. Auf dem Holzbrettchen vor mir versuche ich, Viagra-Tabletten in der Mitte zu teilen. Was gar nicht so einfach ist, denn es gibt leider keine Sollbruchstellen. Eine der Pillen ist komplett zerbröselt. Von einer anderen fiel die abgesäbelte Hälfte auf den Boden und verabschiedete sich auf Nimmerwiedersehen unter dem Kühlschrank. Und wenn man die Dinger nicht genau in der Mitte erwischt, hat man ein winziges und ein übergroßes Stück, was auch nicht ideal ist. Ich habe im Internet entdeckt, dass es inzwischen spezielle Viagra-Pillenschneider gibt. Das macht Sinn.
    Eine schöne Geschenkidee, wenn mich meine Mutter mal wieder fragt: »Mein Sohn, was wünschst du dir denn zu Weihnachten?«
    »Einen Viagra-Pillenschneider.«
    Ich muss lachen. Von außen betrachtet, gebe ich wohl ein groteskes Bild ab. Denn die halben Tabletten verpacke ich nun einzeln in Alufolie und stecke sie zur Tarnung in eine leere Streichholzschachtel. Ich komme mir vor wie ein Kokaindealer bei der Heimarbeit, denn den übrig gebliebenen Viagra-Staub wische ich zu Häufchen, die ich dann mit dem Mund aufsauge. Nur nichts vergeuden von dem sündteuren Stoff.
    Ich bin in die Falle geraten, die ich selbst aufgestellt habe. Denn ich muss gestehen, es ist bereits die zweite Packung, die ich soeben einsatzfertig gemacht habe. Bereits drei Tage nach meinem ersten Viagra-Test, besorgte ich mir eine Zwölfer-Packung. Was nicht ganz unkompliziert ist, denn man braucht dafür ein Rezept. Aber mein Urologe, der damals meinen Spermien eine gute Note attestiert hatte und zu dem ich wieder ging, stellte zum Glück keine unangenehmen Fragen.
    Wenn ich mich selbst frage, warum ich zum Viagra-Süchtigen wurde, ertappe ich mich bei Ausreden, die ich gut von rauchenden Freunden kenne: »Glaub mir, ich könnte jederzeit damit aufhören. Ich bin nicht abhängig davon, wirklich! Ich tue es nur zum Genuss.«
    Tatsache ist, dass der Genuss mit den Tablettchen länger anhält, er streckt sich in Richtung Open End. Man fühlt sich wie ein Artist auf dem Hochtrapez, unter dem ein sicheres Netz gespannt ist. Ein totaler Absturz? Unmöglich.
    Es hört sich wohl an wie eine Werbung für die Pharmaindustrie, aber die blauen Winzlinge sorgen für goldene Zeiten. Die gelegentliche Unterstützung tut unserer Partnerschaft also letztlich gut. Der

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