Babylon: Thriller
ich das mit seiner Sucht erfuhr. Ich war rasend vor Wut.« Ihre Unterlippe zitterte.
»Heroin ist teuflisch, Laurie. Es ist so schwer, davon loszukommen. Hal gestand mir einmal, dass er durch die Gosse kriechen würde, um Nachschub zu kriegen. Er hatte das übrigens von einem Experten – William Burroughs. Man kann die Vergangenheit nicht verändern. Versuch, dich auf die Zukunft und die guten Zeiten zu konzentrieren.«
Ihr standen die Tränen in den Augen, jeden Moment würde sie hemmungslos zu weinen anfangen. »Hal brauchte dringend Geld. Er musste die Kosten für das Stadthaus und dies hier tragen. Allein die Steuern betrugen mehr als sechstausend im Monat. Hinzu kamen die Kosten für Peters Pflege.«
»Warum hat er das Stadthaus nicht verkauft?«
»Hal hatte keine Vollmacht, es zu verkaufen. Peter hatte das arrangiert, ehe er so krank wurde, dass er nicht mehr richtig denken konnte.«
»Was hat Hal mit dem Erlös aus dem Verkauf von Peters Sammlung gemacht?«
Laurel schloss für einen kurzen Moment die Augen und versuchte, sich zu sammeln. »Er hat alles ausgegeben. Er war auch im Begriff, seine Stellung zu verlieren. Du weißt ja, wie verhasst ihm gesellschaftliche Ereignisse waren, aber er veranstaltete diese Party, um sich Colin gewogen zu stimmen – sein Vertrag lief aus.«
»Hal erzählte mir, Colin habe ihn gefeuert.« Die wenigen Male, die ich mit Colin Reed zusammengetroffen war, hatte er keinen besonders nachhaltigen Eindruck auf mich hinterlassen. »Wie gut kennst du Reed? Hat er Ahnung von Antiquitäten?«
»Nicht viel. Ich sah ihn immer an der NYU , wenn ich dort mit Hal verabredet war. Oder auf Partys und bei ähnlichen Gelegenheiten. Und das war’s auch schon. Ich habe den Mann eigentlich nie richtig gemocht. Er lehrt die großen deutschen Philosophen – Kant, Schelling. Er gilt als ausgezeichneter Hegel-Kenner. Soweit ich weiß, sind diese Leute sein einziger Kontakt mit der Vergangenheit.«
»Reed war gestern dort. Er versuchte, mich mit hineinzuziehen, dieser Mistkerl. Ich frage mich, warum er das getan hat.«
Laurel zuckte die Achseln. Ich bemerkte, wie anmutig ihre Bewegungen waren, sogar in ihrem leicht angetrunkenen Zustand. »Nimm es nicht persönlich«, sagte sie. »Reed ist ein Typ, der das nur so zu seiner Belustigung tun würde.«
»Wo könnte Hals Computer sein – im Haus in der Stadt?«
»Dort ist sein Laptop. Sein Arbeits- PC steht in seinem Büro an der NYU .«
Ich musste sie beide überprüfen. In ihnen musste etwas gespeichert sein, das mir einen Hinweis auf Eris’ Identität liefern konnte.
Laurel gab einen tiefen Seufzer von sich. »Es ist ein seltsames Gefühl, von Hals Familienschätzen umgeben zu sein. Jetzt gehört alles der Bank.«
»Apropos Besitz, er trug immer noch deinen Trauring. Wusstest du das?«
»Du meinst den goldenen Ring mit dem einzelnen Diamanten? Das ist nicht sein Trauring. Er hat ihn aus einem antiken Ring anfertigen lassen, als seine Mutter starb. Er war mit Mina enger verheiratet als jemals mit mir.«
Eine seltsame Art, es auszudrücken, aber absolut zutreffend. Hals Mutter war immer sehr besitzergreifend gewesen. Ich konnte erkennen, wie schwer es für eine junge Ehefrau gewesen sein musste, sich zwischen die beiden zu drängen. »Was ist mit diesem Domizil? Es muss ein Vermögen wert sein.«
»Minas Bruder hat es ihr vererbt. Peter hat sich ganz bewusst nicht von ihr getrennt, bis alles vollends in ihren Besitz übergegangen ist, um sicherzugehen, dass er die Hälfte bekommt. Sie musste eine Riesenhypothek aufnehmen, um ihn auszuzahlen. Wahrscheinlich muss alles verkauft werden, nur um die Schulden abzudecken.«
Ich widersprach ihr nicht. Vielleicht konnte sie nur schlecht rechnen. Selbst wenn Mina gezwungen gewesen war, eine Hypothek in Höhe des halben Werts des Anwesens aufzunehmen, blieb immer noch eine beträchtliche Summe übrig. Aber Peter mochte es geschafft haben, auch auf dieses Penthouse Ansprüche geltend machen zu können.
Ich stand auf, um die Beine zu strecken. Ich war mir nicht sicher, ob ich Hals Brief Laurel jetzt schon zeigen sollte, aber ich brauchte dringend einen Rat. Ich holte die Skizze von dem Puzzle, die ich ausgedruckt hatte, aus der Tasche. »Hal hat eine Art Spiel entwickelt, um mir zu zeigen, wo er die Inschrift versteckt hat. Ergibt das für dich irgendeinen Sinn?« Ich hielt die Zeichnung hoch.
»Warum will er, dass du sie kriegst?« Und nicht ich? Ich konnte regelrecht hören, wie sie das
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