Babylon: Thriller
Esszimmer.«
Ihre Füße bewegten sich über den Teppichboden. Eris kam ins Wohnzimmer. »Hi«, hörte ich sie sagen. »Sie haben sich nicht gerade den günstigsten Moment ausgesucht.«
Nina sog zischend die Luft ein.
Ich wollte etwas rufen, aber die Droge hatte meine Stimmbänder immer noch voll im Griff.
»Oh!«, hörte ich Nina sagen. »Es tut mir schrecklich leid. Ich dachte nicht, dass jemand hier ist. Ich bin Johns Nachbarin.«
Ich sammelte meine gesamte Kraft und legte sie in meine Stimme. »Nina, hör nicht auf sie. Sie lügt.«
»Er ist betrunken«, sagte Eris schnell.
»Das bin ich nicht. Nina komm rein. Ins Schlafzimmer. Ich muss dich sprechen.«
»Hey.« Die Stimme des Mannes. »Was zum Teufel?« Die Wohnungstür schlug zu. Nina und ein Mann erschienen in der Schlafzimmertür. Innerhalb von Sekunden wechselte Ninas Gesichtsausdruck von Schock zu beschwipstem Lachen. Ihr Freund reagierte mit einem verärgerten Grinsen.
Sie schlug die Hände vors Gesicht, um ihr Kichern ein wenig zu dämpfen. »Oh, John. Ich wollte mir nur etwas Wein ausborgen. Wir haben keinen mehr. Ich entschuldige mich in aller Form.«
»Wo ist Eris? Die Frau?«
Der Mann wurde ernst. »Sie ist abgehauen. Sie ist weg.«
Nina hatte Mühe, einen weiteren Lachanfall zu unterdrücken. »Ich hätte niemals vermutet« – sie deutete auf mich und das Bett –, »dass du auf … so etwas stehst.«
»Ich werde noch nicht einmal versuchen, das zu erklären. Nehmt euch eine Kiste Wein, aber schneidet erst diese Dinger auf. In Samuels Schreibtischschublade liegt ein geeignetes Messer.«
Sie fand das Messer und kam zurück. Schneiden musste ihr Begleiter, weil die Plastikfesseln so dick und widerstandsfähig waren. Als ich endlich befreit war, versuchte ich, die Beine über die Bettkante zu heben, schaffte es aber nur, mich herumzuwälzen wie ein Fisch auf dem Trockenen. Eine Woge der Benommenheit und Übelkeit überrollte mich. Nina, die endlich begriff, dass irgendetwas überhaupt nicht stimmte, fragte, ob sie die Polizei rufen solle.
»Nein, das hätte keinen Sinn. Kannst du mir einfach nur einen Kaffee aufbrühen? Und zwar einen starken.«
Ihr Freund meinte beiläufig, er hoffe, dass es mir bald wieder gut gehe, und kehrte dann schnellstens zu der Party zurück. Ich versuchte mehrmals, mich aufzurichten, und schaffte es, als Nina mit dem Kaffee hereinkam. Sie schlug vor, bei mir zu bleiben, bis ich wieder auf dem Damm war, doch ich bestand darauf, dass sie zu ihren Gästen zurückkehrte.
Ich trank den Kaffee und massierte meine Beine so lange, bis ich sie wieder benutzen und ins Wohnzimmer humpeln konnte. Ich schaute nach, ob die Wohnungstür geschlossen war, und sah meine Schlüssel auf dem Tisch in der Diele, wo ich sie deponiert hatte. Dann begab ich mich leicht schwankend ins Bad und stellte mich für eine halbe Stunde unter die Dusche.
Ich hörte den Motorenlärm und das Poltern der Müllwagen, die ihre Runde machten, um die Mülltonnen zu leeren. In der Ferne ertönte das Sirenengeheul eines Streifenwagens. Vier Uhr morgens. Ich schloss die Augen. In was für einem seltsamen Loch war ich gelandet? So wie es im Augenblick aussah, befand ich mich nach wie vor im freien Fall und war noch nicht auf seinem Grund angekommen.
Elf
Montag, 4. August, 8:05 Uhr
Ein bizarrer Albtraum riss mich aus dem Schlaf. Ich lag bäuchlings auf einem Bürgersteig. Der Zement war von der heißen Nachmittagssonne heiß wie flüssiger Stahl. Eris kam stetig näher. Jedes Mal, wenn ich eine Hand auf den Boden legte, um weiterzukriechen und mich vor ihr in Sicherheit zu bringen, brannte meine Handfläche, als hätte ich auf eine glühende Herdplatte gefasst.
Ich erschauerte, wurde vollends wach und rollte mich vom Sofa. Diesmal gehorchten meine Beine jedem Befehl. Eine weitere, brutal heiße Dusche vertrieb den letzten Rest Benommenheit, der sich in meinem Kopf festgesetzt hatte. Ich stutzte meinen Bart, damit ich wieder einigermaßen präsentabel aussah, und behandelte meine Unterlippe mit einer Wundsalbe gegen die stetig pochenden Schmerzen. Ich zog die Laken vom Bett, ging in die Diele und stopfte sie in den Müllschlucker. Ich dachte daran, an Ninas Tür zu klopfen und mich für die Rettung zu bedanken, doch ich konnte in der Wohnung kein Geräusch hören und vermutete, dass sie nach der aufregenden Nacht sicher noch schlief.
Als ich Joseph Reznick, den Strafverteidiger, den Andy mir empfohlen hatte, anrief, erfuhr ich von seiner Assistentin,
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