Babylon: Thriller
Nimm sie als Pfand für die beiden Posten, die Glock und die Tabletten.«
Er nahm die Uhr und legte sich das Edelstahlarmband ums Handgelenk. »Die Uhr sieht noch richtig gut aus. Ich nehme sie für die Pistole. Und zwar als Bezahlung, nicht als Pfand.«
»Das ist nicht dein Ernst.«
»Das ist doch völlig normal. Wir alle brauchen Geld. So läuft das nun mal.«
»Soll ich in Zukunft meine Geschäfte mit jemand anderem machen?«
Das löste bei ihm lautes Gelächter aus. »Wir sollten uns ein wenig beeilen.« Er holte einen verschließbaren Plastikbeutel aus dem Handschuhfach und steckte die Glock hinein. Dann streifte er die Latexhandschuhe ab.
»Hast du nichts, um die Kanone einzupacken? Ich kann sie doch wohl kaum offen in der Hand tragen.«
Er schüttelte den Kopf, kramte hinter dem Fahrersitz herum und holte einen kleinen Leinensack hervor. »Eigentlich sollte ich dir dafür noch etwas extra berechnen. Aber nimm es«, sagte er. »Und jetzt verschwinde.«
Als ich ausstieg, ließ ich die Tür einen Spalt breit offen. Raps zur Hälfte verzehrtes Sandwich lag auf dem Armaturenbrett. Ich wartete, bis ich ihn zu der offenen Seitenklappe seines Imbisswagens gehen sah, wo er mit einem anderen Kunden eine heftige Diskussion begann. Dabei konnte ich hinter seiner hageren Gestalt die bunten Schokoladenriegel, die in Zellophan eingewickelten Weißbrotsandwichs und die Coca-Cola-Dosen und Fruchtsaftkartons sehen, die er als Tarnung in Regalen arrangiert hatte.
Ich schlängelte mich ins Führerhaus zurück, holte den Mikrochip hervor, den Eris mir in den Rücken eingesetzt hatte, schob ihn zwischen die Salatblätter von Raps Sandwich und entfernte mich.
Hinter der Penn Station fand ich ein schmuddeliges Kellerrestaurant und trank dort zwei Tassen trüben Kaffees, der schmeckte, als hätte er den ganzen Tag vor sich hin gekocht. Ich hoffte, dass sich dadurch die Konzentration des Koffeins entsprechend erhöht hatte, und tatsächlich verflog meine Müdigkeit zum Teil, allerdings steigerte sich gleichzeitig meine Nervosität. Immerhin nahm mein Schiff wieder Fahrt auf und war bereit, in raueres Wasser vorzustoßen.
Ich wollte auf die Uhr schauen und vergaß für einen Moment, dass Rapunzel sie mir abgeknöpft hatte. Mein Mobiltelefon verriet mir, dass es fast dreiundzwanzig Uhr war. Ich war unschlüssig, was ich als Nächstes tun sollte. Voller Zorn, dass ich ihr zwei Mal durch die Lappen gegangen war, würde Eris jetzt sicherlich die Bluthunde von der Leine lassen. Mein Leben hatte sich auf bizarre Art und Weise völlig auf den Kopf gestellt. Ich war in meiner Heimatstadt ein Gejagter, konnte es nicht wagen, meine Wohnung zu betreten, und musste mich von Hals seltsamem Spiel durch die Gegend scheuchen lassen. Ich hasste diese Situation, konnte aber keine Möglichkeit erkennen, mich daraus zu befreien.
Ich rief Laurel an. Die Sprachbox schaltete sich ein und verriet mir, dass sie nicht in ihrem Zimmer war. Nachdem ich einige Minuten gewartet hatte, versuchte ich es erneut. Diesmal meldete sie sich.
»Wo warst du? Du hast mir versprochen, in deinem Zimmer zu bleiben. Du darfst mir nicht einen solchen Schrecken einjagen.«
Sie lachte auf jene locker amüsierte Art, wie es jemand tut, der im Laufe des Abends reichlich dem Alkohol zugesprochen hatte. »Ich konnte es nicht ertragen, untätig dazusitzen und vier Wände anzustarren. Die Zakars und ich waren in einer Bar. Ein paar Drinks haben wahre Wunder gegen meine Langeweile gewirkt.«
Männliche Stimmen erklangen im Hintergrund. »Sind das Ari und Thomas?«
»Einen Moment. Tomas verabschiedet sich gerade.« Ich konnte Laurels höhere Stimme neben den beiden anderen hören. Ungefähr eine Minute tickte vorbei.
Laurel meldete sich wieder. »Ich komme mir jetzt so dumm vor, dass ich sie verdächtigt habe. Sie sind Assyrer.«
»Ach?«
Die Worte sprudelten jetzt. »Ari hat für seine Fotos jede Menge Preise gewonnen. Er ist verheiratet oder er war es. Seine Exfrau und seine Töchter wohnen jetzt in Beirut. Und Tomas wollte früher Priester werden. Er besuchte sogar ein Seminar, ehe er nach Oxford ging.«
»Warum hat er gewechselt?«
»Er hat sich in eine Frau verliebt, doch die entschied sich am Ende für einen anderen. Das Ganze war romantisch und traurig zugleich.«
»Nun, es freut mich, dass du dir jetzt so sicher bist.« Ich meinte es überhaupt nicht sarkastisch, aber sie wollte es unbedingt so verstehen.
»Dir kann man es gar nicht recht machen, oder? Ich
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