Babylon: Thriller
noch einmal Ausschau nach meinem Verfolger, ehe ich in ein Taxi stieg, das in der Nähe im Stau stand. Der Unfall, der mich gerettet hatte, brachte die Erinnerung an meinen eigenen Zusammenbruch zurück. Erschöpfung lähmte meine Glieder, aber ein bohrendes Gefühl der Panik ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Ich spürte, wie ich allmählich die Kontrolle über mich verlor, und fürchtete, dass ich mich in dem Durcheinander, in das Hal mich gestürzt hatte, nicht mehr zurechtfand. Ich brauchte Hilfe. Irgendwo in der Nähe der Penn Station betrieb Rapunzel, ein alter Bekannter, einen Imbisswagen. Dort, so hoffte ich, würde ich zumindest für kurze Zeit Unterstützung finden.
Rapunzel verdankte seinen Spitznamen dem blonden Haarbüschel, das von seinem ansonsten kahl rasierten Schädel fast bis auf seinen Hintern herabhing. Er hatte noch nie von dem Märchen gehört, und als er erfuhr, dass Rapunzel ein Frauenname war, verkürzte er ihn zu Rap. Er betrieb sein Geschäft seit mehr als zehn Jahren. Er hatte ein paar Leute, die ich kannte, ins Grab gebracht und einem anderen Typen so viel unsauberen Stoff verkauft, dass er auf der Intensivstation landete.
Jetzt stand er neben seinem Wagen und ließ sich von der Musik berieseln, die aus den Lautsprechern drang. »Hey, Rap, du hast offenbar immer noch den gleichen schlechten Musikgeschmack.«
Er grinste und ließ das Sandwich sinken, das er gerade mampfte. »Schön, dich endlich mal wiederzusehen.« Er musterte mein zerrissenes Oberhemd und den blutigen Kratzer in meiner Schulter. »Was ist denn mit dir passiert? War das eine besonders wilde Braut?«
»Sehr lustig, Rap. Hör mal, ich muss etwas kaufen.«
»Ich habe ein paar erstklassige Truthahnsandwichs. Meine Mom hat den Vogel gekocht und die Sandwichs selbst zubereitet und eingepackt.«
»Du bist wirklich ein Witzbold, Rap. Du hast eindeutig den Beruf verfehlt.«
»Bei diesem Job hier verdiene ich viel zu viel, auch wenn ich arbeiten muss wie ein Hund. Dazu kommt noch diese Hitze.«
»Ich bin im Augenblick ein wenig knapp bei Kasse. Kannst du für ein paar Tage meine Bank sein?«
»Ein paar Tage?«
»Etwa für eine Woche oder so.«
»Sehe ich so aus, als hätte ich etwas zu verschenken? Da drüben ist ein Geldautomat.« Er deutete vage nach Norden.
Drogen und Waffen lagen gewöhnlich dicht nebeneinander, daher ging ich davon aus, dass er auch besorgen konnte, was ich brauchte. Niemand schaute uns über die Schulter, aber ich senkte trotzdem die Stimme. »Pass mal auf, ich stecke in der Klemme. Ich brauche eine Pistole.«
Er starrte mich mit großen Augen an.
»Und ein paar Aufputschpillen – die brauche ich auch.«
»Ich habe in dir niemals einen Gangster vermutet, Madison. Geht des Kunstgeschäft so schlecht?«
»Das willst du gar nicht wissen«, sagte ich. »Also, was ist damit?«
»Ich habe gerade ein paar gute Sachen auf Lager. Verstehst du? Wie viel brauchst du?«
»Dass es für eine Woche reicht.«
»Einen Moment.« Er schnappte sich sein Mobiltelefon, das zur Hälfte verzehrte Sandwich, die Kreditkartenmaschine, die Geldkassette und gab mir dann ein Zeichen, ihm ins Führerhaus seines Wagens zu folgen. Er bückte sich und schob meine Füße beiseite, um eine Plastikmatte vom Boden aufzuheben. Darunter befand sich eine nicht sehr sorgfältig ausgeschnittene Platte. In einer Vertiefung unter der Klappe lagen ein paar Pistolen.
Er streifte Latexhandschuhe über und wählte eine aus. »Das ist eine Glock. Ich nehme an, du hast keine Ahnung, wie man schießt.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Das ist die beste Waffe für Leute wie dich. Du hast siebzehn Schuss.« Er zeigte mir, wie die Pistole geladen wurde. »Wenn du tatsächlich vorhast, jemanden wegzupusten, dann musst du dicht an ihn heran.«
»Warum?«
»Du brauchst mindestens eintausend Übungsschüsse, um auf größere Entfernung zu treffen. Das Ding kostet anderthalb Riesen. Die Munition ist gratis.«
»Du kriegst das Geld. Aber nicht jetzt.«
»Du machst einen Witz.«
»Was ist mit den Bennies? Nun komm schon. Ich habe immer nur bei dir gekauft.«
»Ich habe ein paar Dexedrin-Pillen. Die sind genauso gut, wirklich. Das macht dreihundert.«
»Nur für ein paar Tabletten? Jeder Fernfahrer schluckt die Dinger.«
»Im Augenblick sehe ich hier keinen Fernfahrer. Du kriegst Apothekenqualität. Ich bin nicht die Wohlfahrt, Madison.«
Ich nahm meine Armbanduhr ab und hielt sie ihm hin. »Eine Omega Speedmaster. Die ist zwei Tausender wert.
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