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Babylons letzter Wächter (German Edition)

Babylons letzter Wächter (German Edition)

Titel: Babylons letzter Wächter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Reich
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sie sich in etwa vorstellen, was ein echter Profi mit Spezialwerkzeug anrichten könnte.“
    Angst trat in ihre Augen. Die einfachen Gesetze der Werbung. Ihr Interesse war geweckt. Nun galt es, ihr Verlangen aus seinem Tiefschlaf zu befreien.
    „Wir bieten ihnen einen umfassenden Schutz, der sie gegen sämtliche Risiken eines Einbruchs absichert. Erfassung und Dotierung sämtlicher  Wertgegenstände im Haushalt. Sie können bis zu zwei Millionen Dollar angeben. Außer dem echten Picasso im Keller.“
    „ Wie?“
    „ Kleiner Versicherungsscherz. Soll heißen, wir versichern nur reale Gegenstände, keine Wunschträume. Aber erwähnen muss ich es. Im Interesse unserer ehrlichen Kunden. Leider ist nicht jeder so aufrichtig wie sie.“
    „ Was nützt mir eine Versicherung, wenn ich dennoch in meinen eigenen vier Wänden nicht sicher bin?“
    „ Dazu wollte ich gerade kommen. Selbstverständlich bieten wir einen kostenlosen Sicherheits-Tüv an. Sämtliche Türen und Fenster werden nach dem neusten Stand der Technik ausgetauscht. Wenn sie den Fünfjahresvertrag abschließen, profitieren sie unter anderem von einem ermäßigten Beitragssystem.“
    „ Zeigen sie her.“
    Es war so einfach, wie es das Lehrbuch versprach. Geduldig wie bei einem kleinen Kind erklärte er ihr all die Paragrafen und Richtlinien. Nicht dass sie dumm gewesen wäre. Aber dem Normalbürger erschlossen sich die bürokratischen Details in der Regel schwer oder gar nicht.
    „Eine Angst bleibt noch.“
    „ Welche denn? Ich dachte, wir hätten alle Beschwernisse aus dem Weg geräumt.“
    „ Die Angst, mein Ehemann könnte früher als erwartet nach Hause kommen.“
    „ Wie-“
    Noch bevor er antworten konnte, hatte sich ihre Zunge in seinen Hals vergraben. Es war wie in einer dieser chinesischen Fingerfallen. Wenn man einmal feststeckte, kam man nicht mehr raus, jedenfalls nicht, ohne sich empfindliche Körperteile abzureißen. Sein kleiner Freund sprach auf ihre Umklammerung sofort an. Schwer, ihm seine Wünsche anzuschlagen. Sein Aktenkoffer fiel ihm zu Boden. All seine sorgfältig sortierten Papiere vermengten sich zur Unkenntlichkeit. Er nahm sie auf dem Boden des Wohnzimmers, mit dem Abdruck des Zeitungsständers im Rücken. Sie waren wie die hungrigen Wölfe, die in den Vororten um die Mülltonnen schlichen und den Menschen ihre weggeworfenen Träume raubten. Aasgeier der Wohlstandsgesellschaft.
     
    *
     
    Das schlechte Gewissen schmeckte nach dem Fotzensaft einer fremden Frau. Sein Zahnfleisch blutete, weil er sich mit einem Zahnstocher die hartnäckigen Schamhaare aus den Zwischenräumen gestochert hatte. Obszönes Nachahmen einer verbotenen Geste. Überhaupt die Zwischenräume: Das Gefühl, zwischen den Räumen zu stehen. Er hatte bei ihr geduscht. Länger konnte er nicht verweilen, wenn er nicht ihrem eifersüchtigen Ehemann in die Fänge geraten wollte oder seine Tour sausen ließ. Das Pflichtgefühl, von dem er sich sonst leiten ließ, baumelte gewissenlos zwischen seinen Beinen. Darüber baumelte die Krawatte. Wie ein Ausrufezeichen, das mit erhobenem Zeigefinger nach unten zeigte. Obwohl es warm zu werden begann, holte er im Auto die Weste, die seinen Anzug zu einem Dreiteiler machte. Damit wurde die geschwätzige Krawatte in das schmale V des Glencheckkaros verbannt. Er erinnerte sich an die Broschüre, die ihm Parker ausgehändigt hatte: Gehe nie persönliche Beziehung zu den Kunden ein. Denn sie sind nicht mehr als dumme Kühe, die gemolken werden. Bloß dass er dieses Mal der Tor gewesen war, der gemolken wurde. Ein Schwellkörper war eben nur aus Blut gemacht.
     
    *
     
    Nicht dass er seine Frau in der Hochzeitsnacht betrogen hätte. Er war ein guter Ehemann. Aber die Straße der Versuchungen war hart. Und während in seinem eigenen Schlafzimmer Barbara ihren Pflichten immer weniger nachkam, begann sein Blick zu schweifen. Die Nächte, in denen er nicht schlafen konnte. Wenn sie neben ihm lag und ihre Brust sich rhythmisch hob und senkte. Schlich er sich ins Badezimmer und onanierte bis zur Erschöpfung. Sowohl mental als auch körperlich.
    Als er Barbara kennen lernte, war sie eine ganz andere Frau gewesen. Die Verheißung all seiner schwitzigen Träume. Kein Tag, an dem sie nicht gevögelt hätten. Manchmal überraschte sie ihn sogar im Büro. Ein Quickie in der Mittagspause hielt den Doktor fern, nicht der Apfel. Seine neidischen Kollegen klopften ihm anerkennend auf die Schulter. Er war der unangefochtene Platzhirsch.

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