Baccara Collection 186
machte sie ihr Bett und lief hinunter in die helle, freundliche Küche. Dora war nicht da, deshalb konnte Meg ungestört die blitzsauberen weißen Schränke bewundern, die spiegelblanken rosenfarbigen Fliesen und den ausladenden Tisch. Er war aus warmem Eichenholz gefertigt und stand mit sechs passenden Stühlen vor einem großen Fenster, von dem aus man die Pferdekoppel sehen konnte.
„Guten Morgen!” grüßte Dora, als sie in die Küche kam. „Was darf’s denn zum Frühstück sein?”
„Ich warte noch auf die anderen.”
Dora schmunzelte. „Linc hat schon vor zwei Stunden gefrühstückt und ist seitdem drüben im Stall. Vor dem Mittagessen wird er nicht wiederkommen. Wann Nikki aufsteht, weiß der Himmel.”
„Vergräbt sie sich den ganzen Tag in ihrem Zimmer?”
„Seit dem Unfall, ja. Früher war sie ständig hier unten und hat ihre Nase überall reingesteckt. Am liebsten war sie mit ihrer Mutter zusammen. Die beiden haben gerne gemeinsam gebacken.” Die Haushälterin schenkte Meg eine Tasse Kaffee ein und bedeutete ihr, sich zu setzen.
Gehorsam ließ Meg sich am Tisch nieder. „Linc sagt, dass Nikki sich viel mit ihrem Pferd beschäftigt hat.”
„Richtig. Ihr Vater hat sie aufs Pferd gesetzt, noch ehe sie laufen konnte. Ich kann mich noch gut an das gescheckte Pony erinnern, das ihr gehörte. Und vor einigen Jahren bekam sie zu Weihnachten ihre Sweetie, das ist eine wunderschöne Fuchsstute mit ellenlangem Stammbaum. Tja, für die kleine Nikki war das Beste nur gut genug, dafür haben ihr Vater und der große Bruder gesorgt.”
„Mir scheint, die beiden haben sie nach Strich und Faden verwöhnt.”
Dora nickte. „Ich arbeite seit dreißig Jahren für diese Familie und musste mit meiner Meinung nie hinter dem Berg halten. Nehmen Sie mir deshalb nicht übel, wenn ich Ihnen Folgendes sage: Unsere kleine Nikki ist ein verzogenes Gör. Klar, die letzten Monate waren hart für sie. Aber wenn ihre Mutter erleben könnte, wie sich ihr Töchterchen jetzt aufführt, sie würde sich zu Tode schämen.”
Meg hatte genug gehört und fiel der Köchin schnell ins Wort, ehe sie noch länger über Nikki herzog. „Vielleicht kann ich ihr helfen. Natürlich bin ich keine Psychologin, aber ich kann versuchen, ihre Freundin zu werden. Mit dem Frühstück warte ich auf sie. Wenn sie nicht freiwillig aufsteht, muss ich sie eben wecken. Wir haben viel zu tun.”
„Ich halte Ihnen die Daumen, auch wenn’s nicht viel nützen wird.”
Meg tat, als hätte sie Doras Einwand überhört, und stieg die Treppe hoch. Vorsichtig klopfte sie an die Tür von Nikkis Zimmer. Keine Antwort. Sie klopfte noch einmal und noch einmal.
„Nikki, ich bin’s, Meg! Steh bitte auf, damit wir mit dem Unterricht beginnen können.”
Von drinnen kamen dumpfe Geräusche, dann hörte sie ein lautes „Verschwinden Sie!”
„Los Nikki, aufstehen!”
„Gehen Sie weg!”
Meg drückte die Klinke, doch die Tür war verriegelt. „Mach sofort die Tür auf, Nikki”, rief sie ungeduldig.
Jetzt herrschte Stille im Zimmer. „Na gut, wenn du’s nicht anders haben willst”, seufzte Meg und machte kehrt. Als sie durch die Küche lief, blickte die Haushälterin triumphierend von ihrer Arbeit auf.
„Hab ich’s nicht gleich gesagt?”
Megs Laune wurde dadurch nicht besser. „Wo kann ich Linc finden?”
„Versuchen Sie’s mal in der Reithalle. Da ist er meistens.”
Also schritt Meg rasch über den Hof zu der riesigen überdachten Halle. Drinnen war es überraschend kühl. Der Geruch von Heu und Pferden erinnerte Meg an ihre Kindheit. Im Vorübergehen stellte sie fest, dass auf der Stoner Ranch fleißig gearbeitet wurde. In einer umzäunten, mit Sägespänen bedeckten Arena tummelten sich mehrere Pferde. Meg kletterte auf die unterste Sprosse des Zauns und ließ den Blick durch die große Halle schweifen. Fasziniert beobachtete sie einen wunderschönen Rotschimmel, der mit seinem Reiter ein kompliziertes Dressurprogramm durchexerzierte.
„Kann ich Ihnen behilflich sein?” Hinter Meg war ein junger Mann, etwa in Megs Alter, aufgetaucht. Er zog höflich den Hut und sah sie aus blauen Augen neugierig an.
Schnell stieg Meg vom Zaun. „Entschuldigen Sie bitte, das Pferd hat mich abgelenkt. Eine wahre Augenweide.”
Der junge Mann machte eine Kopfbewegung zu dem Tier. „Das ist Flame. Wir hoffen, dass sie auch die Preisrichter betört.”
„Ich muss kurz mit Linc sprechen”, meinte Meg.
Der Mann lächelte freundlich, wobei sich
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