BACCARA EXKLUSIV Band 40
ihm auszugehen. Aber er war sicher, dass sie ablehnen würde. Bei seinem letzten Treffen, als er versuchte, die sexuelle Anziehungskraft zwischen ihnen auszunutzen, hatte er sich zu ungeschickt angestellt. Dabei hatte er noch vor wenigen Minuten gehofft, er habe seinen Patzer wieder gutgemacht und wäre Tannis wieder nähergekommen.
Jetzt sah es so aus, als stünde er wieder am Anfang seiner Bemühungen.
Tannis sammelte müde die Schulhefte ein, die sie zum Korrigieren mit nach Hause genommen hatte, und verstaute sie in ihrer Aktentasche. Sie warf einen Blick auf die Uhr und seufzte. Es war fast Zeit, zu ihrem zweiten Job zu gehen. Wenn sie sich beeilte, konnte sie sich noch ein Sandwich machen und essen, während sie sich ihre Kellnerinnenuniform anzog.
Nein, das war ihr auch schon zu anstrengend. Außerdem war sie ohnehin nicht hungrig. Während sie die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinaufstieg, überlegte sie, dass der Appetitverlust das einzig Gute war, was die Doppelbelastung ihr brachte. Sie war einfach zu beschäftigt, um zu essen. In den letzten acht Wochen, seit sie ihren zweiten Job angetreten hatte, hatte sie fast zehn Pfund verloren, und ihre Figur war um eine ganze Kleidergröße „zusammengeschmolzen“, wie sie es insgeheim nannte. Das Ergebnis gefiel ihr. Was machte es schon aus, dass einige ihrer Kollegen behaupteten, sie würde zu dünn?
Ihre Uniform roch nach Fisch, obwohl sie sie nach jedem der vier Abende, die sie in der Woche arbeitete, sorgfältig mit der Hand wusch. Wenn sie samstags aus dem Restaurant nach Haus kam, steckte sie sie außerdem noch in die Waschmaschine. Sie sah in den Spiegel, nachdem sie angezogen war. Das Burgunderrot biss sich fürchterlich mit ihrem kupferroten Haar. Aber daran konnte sie leider nichts ändern. Der Manager des „Meeresfrüchte-Paradieses“ hatte diese Uniformen persönlich ausgesucht, und nun mussten alle Angestellten sie tragen.
Na ja, sie wollte ja auch niemanden beeindrucken. Was machte es also aus?
Vierzig Minuten später eilte sie mit einem schweren Tablett voller Garnelen durch die Schwingtür der Küche und stellte es auf die Theke. Sie schloss einen Moment die Augen, rieb sich die Schläfen und versuchte sich, trotz der Kopfschmerzen, auf ihre nächste Aufgabe zu konzentrieren. Das unangenehm raue Gefühl in ihrer Kehle warnte sie, dass eine Erkältung im Anzug war, aber sie hatte keine Zeit, sich jetzt auch noch darum zu kümmern. Ein hastiger Blick durchs Lokal beruhigte sie. Es war kein neuer Gast hereingekommen, für den sie einen Platz finden musste, und es winkte sie auch niemand zu sich, weil er seine Rechnung haben wollte. Also nahm sie sich ein Tuch und machte sich daran, einen Tisch in den hinteren Ecken zu säubern. Sie deckte ihn mit einer frischen Tischdecke und legte Bestecke auf.
Wenig später, als sie gerade eine Rechnung ausstellte, ging die Tür auf.
In Erwartung der nächsten Gäste sah sie mit einem automatischen Lächeln auf – und erstarrte, als plötzlich Tom vor ihr stand.
„Hi, Tom. Willkommen in Johnnies Meeresfrüchte-Paradies. Ich stehe in einer Sekunde zu deiner Verfügung“, brachte sie schließlich heraus, bevor sie sich wieder den beiden älteren Damen zuwandte, die auf ihr Wechselgeld warteten. Ihre Finger zitterten, und sie bewegte sie so ungeschickt, als ob sie grobe Handschuhe trüge, und sie spürte, dass sie knallrot wurde. Ausgerechnet jetzt …
Sie hatte Tom seit dem Abend, als sie zusammen spazierengegangen waren, nicht mehr gesehen – wenn man von den wenigen Malen absah, da sie zufällig im gleichen Moment aus oder in ihr Auto stiegen. Aber sie hatte oft von ihm geträumt, und zwar sehr erotische Träume, aus denen sie fürchterlich einsam und unzufrieden aufgewacht war – und wenn sie es sich offen eingestand, auch entsetzlich unbefriedigt. Zum hundertsten Mal schimpfte sie innerlich auf ihn, weil er ihr so nachhaltig die innere Ruhe nahm, die sie sich mühsam erkämpft hatte. Bevor er sie dieses zweite Mal geküsst hatte, hatte sie sich erfolgreich vormachen können, dass sie ihn nicht wollte. Dass sie überhaupt keinen Mann in ihrem Leben wollte und brauchte.
Die beiden Damen gingen, und sie schenkte Tom ein dünnes Lächeln. Ihre zitternden Hände versteckte sie wohlweislich unter der Schürze. „Eine Person? Ich habe einen Tisch, hier entlang, bitte.“ Sie wies ihm die Richtung und wollte dann zügig vorangehen.
„Tannis.“ Er hielt sie am Ellbogen fest. „Das ist
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