BACCARA EXKLUSIV Band 40
zurückgefahren waren, das, wie sie jetzt wusste, nur ein paar Meilen das Seeufer hinauf lag. Fast zwei Stunden, seit Abel und Mark mit dem Schneemobil losgefahren waren, um Scarlett und Casey zum Hotel zu begleiten, das tief in den nördlichen Wäldern versteckt lag.
Abel hatte ihr gesagt, er wolle die beiden nach Hause bringen, damit er sich keine Sorgen um sie zu machen brauche.
„Wahrscheinlich wollte er bloß eine Weile von mir weg. Was meinst du, Nashata?“
Nashata. Sie hatte gehört, wie Abel Mark erklärte, dass das „kleiner Häuptling“ bedeute und er die Wolfshündin so genannt habe, weil sie sich, nachdem er sie neben ihrer von Wilderern getöteten Mutter gefunden hatte, mutig gegen ihn gewehrt hatte, obwohl sie ausgehungert und verängstigt gewesen war.
„Er hat sich prima um dich gekümmert, hm, mein Mädchen?“ Sacht strich sie Nashata über das dichte graue Fell. „Meinst du, wir könnten ihn überreden, dass er sich auch um mich kümmert?“
Der Gedanke kam aus dem Nichts. Dabei hatte sie immer auf eigenen Füßen gestanden. Trotzdem wäre es schön zu wissen, dass ein einziges Mal, falls sie stolperte oder etwas brauchte, jemand wie Abel da wäre, um ihr beizustehen. Abrupt riss sie sich von solchen Gedanken los. Selbstmitleid war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte.
Es war fast dunkel, als Barbara nach unten in die Küche ging, um heiße Schokolade zu machen. Gerade als sie sie vom Herd nahm, kam Mark mit vor Kälte roten Wangen ins Haus gestürzt.
„Mann, oh, Mann, war das eine Fahrt! Dieses Schneemobil ist einfach super! Das Ding hätte fast abgehoben!“
„Auch dir einen schönen Abend.“ Schmunzelnd nahm Barbara Becher aus dem Schrank.
Schnell begrüßte Mark seine Schwester und berichtete dann weiter. Er merkte gar nicht, dass er vor Begeisterung nur so sprühte, während er seine Jacke auszog und die Mütze und Handschuhe, die Abel ihm geliehen hatte.
„Und du hättest dieses alte Hotel sehen sollen, in dem Casey und ihre Mom wohnen. Es ist irgendwie cool. Bestimmt hundert Jahre alt. Die Dielen sind alle wellig, und überall hängen tolle alte Bilder. Es gibt sogar einen Geist. Ehrlich. Jetzt muss ich aber schnell mal nach Nashata schauen.“
Und schon war Mark verschwunden.
Er sah nicht die Tränen, die Barbara in die Augen traten. Wusste nicht, dass sie in den letzten vierundzwanzig Stunden mehr von dem Jungen, den sie liebte, gesehen hatte, als in den letzten zwei Jahren. Er ahnte nicht einmal, dass sie vor Freude darüber weinte, dass er seine kindliche Unschuld wiedergefunden hatte.
Und Abel, der ein paar Minuten später in die Küche kam, ahnte ebenso wenig, dass sie das Gefühl hatte, tief in seiner Schuld zu stehen, weil er ihr ihren Bruder zurückgegeben hatte.
6. KAPITEL
Abel wollte gar nicht wissen, warum Barbara weinte, obwohl er annahm, es hatte mit Mark zu tun. Er wollte nichts weiter über sie erfahren. Vielmehr wollte er, dass dieses ungewohnte Ziehen tief in seinem Inneren, sobald er sie nur ansah, aufhörte. Und er wollte, dass die verrückte Idee, vielleicht doch eine Zukunft mit Barbara Kincaid zu haben, aus seinen Gedanken verschwand. Er wollte, dass die beiden wegfuhren, ehe er noch weiter in die Sache hineingeriet.
Sie wären auch längst weg, wenn seine Freunde am Nachmittag nicht spontan eine Party arrangiert hätten. Jetzt war es zu spät, um die Auffahrt zu räumen. Was bedeutete, dass sie noch eine Nacht bleiben mussten – aber nicht, dass ihm das auch gefallen musste.
Die unangenehme Wahrheit war jedoch, dass es ihm durchaus gefallen könnte. Viel zu sehr sogar. Genau wie die Chance auf Glück, über die nachzudenken ihn seine Freunde gebeten hatten, ihm viel zu verlockend erschien.
Barbara setzte sich ihm gegenüber an den Kamin und reichte ihm einen Becher heiße Schokolade. „Maggie hat mir erzählt, dass du das Blockhaus selbst gebaut hast.“
Er antwortete mit Schweigen.
„Sie sagte, dass du dir damit deinen Lebensunterhalt verdienst. Mit Häuserbauen.“
„Ich baue nur Blockhäuser“, stellte Abel klar. Weil das so barsch geklungen hatte, zwang er sich zu etwas mehr Freundlichkeit. „Und ja, es ist eine Einnahmequelle.“ War aber nicht seine einzige. Ein größeres Einkommen hatte er durch die Zinsen auf das Kopfgeld, das er in seinen Jahren als Söldner im Kampf gegen Drogen verdient hatte.
Er fragte sich, was Barbara Kincaid wohl denken würde, wenn sie über die dunklen Seiten seiner Vergangenheit Bescheid
Weitere Kostenlose Bücher