BACCARA EXKLUSIV Band 40
sein Drängen hin neben eines der Tiere trat, fand sie es aus unmittelbarer Nähe noch riesiger und bedrohlicher.
„Ohne Leiter wird das nichts“, stieß sie hervor.
„Du brauchst keine Leiter“, erwiderte er ruhig. „Greif einfach in die Mähne. Dann stellst du einen Fuß in meine Hand, und ich gebe dir Schwung beim Aufsitzen.“
Sie blickte von dem geduldig wartenden Mann zu dem haushohen Tier. „Warum machen wir statt des Ausritts nicht eine Ausfahrt mit dem Schneemobil?“, fragte sie in der Hoffnung, er würde seine Pläne vielleicht ändern.
„Weil du so die Stille der Nacht besser genießen kannst.“
Ehe sie etwas erwidern konnte, fasste er sie um die Taille, hob sie hoch und setzte sie auf den breiten, sattellosen Rücken des Pferdes.
Dass sie aufgeschrien hatte, wurde Barbara erst bewusst, als sie sich verzweifelt festklammern musste, weil sich ein Berg von Muskeln auf Hufen tänzelnd über den harten, verschneiten Boden unter ihr bewegte.
Beruhigend redete Abel auf das verschreckte Tier ein.
Mit weit aufgerissenen Augen hielt sich Barbara an der Mähne fest. „Keine gute Idee, was? Das Schreien, meine ich.“
Abel schüttelte den Kopf, und – falls sie nicht alles täuschte – spielte ein winziges Lächeln um seinen Mund. Augenblicklich vergaß sie ihre Angst. Sie hatte Abel Greene zum Lächeln gebracht. Ein kleines Wunder. Und sie fühlte sich gleich wieder wunderbar.
„Sind wir startklar, was meinst du?“, erkundigte er sich, eine Hand auf dem Rücken seines Pferdes.
„Ja, ich glaube schon.“
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schwang er sich mühelos auf. Nachdem er sich kurz vergewissert hatte, dass sie sicher saß, ließ er sein Pferd langsam losgehen. Ihres folgte ihm ganz ohne ihr Zutun.
„Wie hält man eigentlich an?“, fragte sie. „Nicht dass ich mich beschwere, aber müsste es nicht auch Steigbügel oder so etwas geben?“
Er brachte seine Stute zum Stehen. Und ihre hielt automatisch auch an.
„Das ist nur eine Vermutung von mir“, meinte er mit einer Lockerheit, wie sie sie noch nicht bei ihm gehört hatte, „aber könnte es sein, dass du noch nie geritten bist?“
„Zählen Karussellpferde mit?“
Wieder umspielte dieses winzige Lächeln seinen Mund. „Nein, tun sie nicht.“
„Dann ist dies mein erstes Mal. Heute war ja in so mancher Hinsicht mein erstes Mal“, ergänzte sie spontan, um dem Pferd dann eingehend den Hals zu tätscheln. Abel sollte nicht merken, dass sie errötete, weil sie an all die neuen Erfahrungen dachte, die sie in seinem Bett gemacht hatte.
„Du kannst dich entspannen und den Ritt einfach genießen, Barbara. Alles Weitere macht sie für dich. Und falls du nicht wieder schreist, sitzt du dort oben so sicher wie in einem Schaukelstuhl.“
„Sie weiß das, oder?“
Triumphierend stellte sie fest, dass Abel erneut schmunzeln musste. Dann schnalzte er leise mit der Zunge, und beide Pferde gingen weiter.
Von da an entspannte Barbara sich wirklich. Sie genoss nicht nur die Schönheit des tief verschneiten Waldes, sondern ebenso die Gesellschaft des Mannes an ihrer Seite. Seinem Beispiel folgend verharrte sie bewegungslos, wenn er anhielt und den Finger auf die Lippen legte. Dann dauerte es nicht lange, bis ein Reh mit seinem Kitz erschien. Doch erst nachdem die Tiere aufmerksam gewittert hatten, kreuzten sie auf staksigen Beinen ihren Weg.
Eulen flogen vorbei, und Barbara konnte hören, wie der Wind leise durch die ausgebreiteten Flügel der Vögel strich. Es war alles so wunderschön und fremdartig und neu, wie eine von der Zivilisation unberührte Welt. Barbara hatte es nicht erwartet, aber sie genoss jeden Moment dieses Ausritts – genau wie sie nicht erwartet hatte, den Mann an ihrer Seite zu lieben.
Sie war so beglückt, diese Nacht mit ihm zu erleben, dass sie erst nach einigen Augenblicken merkte, dass sie den Wald verlassen hatten und sich eine riesige, glatte weiße Fläche vor ihr erstreckte.
„Wir haben den See erreicht.“
Natürlich hatte sie gewusst, dass Abels Blockhaus in der Nähe des Sees lag, aber sie hätte nie gedacht, dass der See so groß oder so malerisch sein würde. Die schneeüberkrustete Eisfläche schien endlos, gesäumt von Wäldern und Felsen – unberührte Natur.
„Legend Lake“, murmelte sie andächtig und konnte sich gut vorstellen, dass hier viele Mythen und Legenden ihren Ursprung hatten.
„Erzähl mir eine Legende“, bat sie Abel.
Nachdenklich schaute er sie an, ehe er den Blick
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