BACCARA EXKLUSIV Band 40
du nur so unglaublich verständnisvoll geworden, so selbstlos?“
Barbara schaute Abel tief in die Augen. Sie verstand seine Schuldgefühle. Gefühle, die ihr nicht fremd waren. „Ich bin nicht selbstlos“, verbesserte sie ihn. Und dann bekannte sie: „Mark und die Gefahr, in der er schwebte, waren nicht mein einziges Motiv für meine Reise hierher. Ich bin nicht so stark, wie du annimmst.“
Sie stand auf und ging zum Kamin. Mit vor der Brust verschränkten Armen starrte sie in die knisternden Flammen. „Ich war es müde. Müde, ganz allein für Mark zu sorgen. Ich wollte ein eigenes Leben. Ich wollte all die Dinge tun, die Frauen in meinem Alter eben tun. Konnte es aber nicht, weil ich im wahrsten Sinn des Wortes der Hüter meines Bruders war.“
Ihre Stimme zitterte. „Ich nahm es Mark übel, dass mein Leben nicht so war, wie ich es mir erträumt hatte. Ich brauchte jeden Dollar, damit wir ein Dach über dem Kopf hatten, und hatte deshalb meinen Traum, meine Ausbildung zu beenden, aufgegeben.“
Angewidert von sich selbst schüttelte Barbara den Kopf. „An dem Tag, an dem ich auf deine Annonce stieß, warf ich das Handtuch. Ich dachte nicht nur an Mark, als ich darauf antwortete. Ich dachte ebenso an mich. Ich sah eine Chance, dass mir jemand hilft, die Last der Verantwortung tragen. Eine Chance, dass sich auch mal jemand um mich kümmert.“
Mit tränenfeuchten Augen wandte sie sich wieder zu Abel. „Von wegen selbstlos. Ich kam her, weil ich mein ganzes verfahrenes Leben jemand anderem aufbürden wollte. Und dafür schäme ich mich.“
Abel ging zu ihr. „Das brauchst du nicht.“ Zärtlich strich er ihr übers Haar. „Dein Verhalten macht dich sehr menschlich, denn es zeigt menschliche Schwächen und Bedürfnisse. Und mich macht es verdammt glücklich, dass ich dir helfen kann, deine Bürde zu tragen.“ Er lächelte ihr aufmunternd zu. „Du liebst deinen Bruder, Barbara. Niemand soll das je anzweifeln, besonders du selbst nicht. Du hast ihm das Leben gerettet, indem du ihn hierher gebracht hast. Und du weißt hoffentlich, dass du auch mir das Leben gerettet hast.“
10. KAPITEL
Am nächsten Morgen fuhr Abel mit dem Schneemobil nach Crimson Falls, um Mark nach Hause zu holen. Es sei Zeit, so sagte er ihm, dass sie eine Familie wurden.
Anfangs war Mark etwas nervös. Doch im Lauf des Tages entspannte er sich, als er merkte, dass sich an seinem Status nichts geändert hatte. Barbara entspannte sich ebenfalls. Er war immer noch ihr kleiner Bruder, den sie trotz ihrer Schuldgefühle sehr liebte und für dessen Leben sie jederzeit erneut kämpfen würde.
Zwei Tage nach Marks Rückkehr war Heilig Abend. Am Weihnachtstag würden sie zum Dinner zu Scarlett und Casey fahren, und Ende der Woche, sobald die beiden aus der Stadt zurück waren, würden sie sich alle mit Maggie und J. D. treffen,
Aber der Heilig Abend heute gehörte ihnen allein.
Die drei hatten eine Abmachung getroffen. Da Mark und Barbara pleite waren, hatten sie Abel nicht erlaubt, Geld für sie auszugeben. Die Geschenke, die sie sich dann machten, waren jedoch viel kostbarer als alles, was man für Geld hätte kaufen können. Und die Erinnerung daran, wie sie auf dem Fußboden um den Weihnachtsbaum herumsaßen und ihre Geschenke öffneten, würde für Barbara immer eine ganz besondere sein.
Der Weihnachtsbaum funkelte im Glanz unzähliger winziger Lichter. Sie hatte Kerzen auf dem Kaminsims angezündet und auf Marks Radiorecorder sogar einen Sender gefunden, der, sehr zu Marks angeblichem Entsetzen, ununterbrochen Weihnachtslieder spielte.
„Du zuerst, Abel“, sagte Mark und überreichte ihm einen Briefumschlag.
Mark war auf die Idee gekommen, Gutscheine zu verschenken. Abel hatte demnach Unterstützung bei der Betreuung der Pferde und Hilfe beim Holzfällen gut. Barbara bekam das Versprechen, seine Rap-Music so leise zu drehen, wie sie es für akzeptabel hielt, und in der Schule sein Bestes zu geben, sobald sie nach den Weihnachtsferien wieder anfing.
Barbara hatte für Mark dessen Lieblingskekse gebacken und mehrere Dosen, die sie hinten im Küchenschrank gefunden hatte, damit gefüllt.
„Das ist ja wie im Schlaraffenland“, murmelte Mark, bemüht, sein glückliches Grinsen nicht zu zeigen, während er in ein Zuckerplätzchen biss.
Für Abel hatte Barbara das Angebot parat, in seinem Büro aufzuräumen und seine Buchhaltung auf den neuesten Stand zu bringen. Ihre anderen Geschenke für ihn waren intimerer Natur, und sie
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