BACCARA EXKLUSIV Band 45
Randall sich erneut an den Küchentresen und wartete ab. Sarah stand auf, trat auf ein Eisstückchen, geriet aus dem Gleichgewicht, fing sich aber wieder und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Sie werden es nicht glauben“, sagte sie kläglich, „aber ich habe es auch schon geschafft, einen Raum zu durchqueren, ohne zu stolpern oder etwas zu verschütten.“
„Ehrlich?“ Randall fand, dass er sie unterschätzt hatte. Sie würde vielleicht nie einen Schönheitswettbewerb gewinnen, aber es war etwas an ihr, das einem Mann nicht so leicht aus dem Sinn ging. Und genau das war der Grund, weswegen er überhaupt hier war. „Ich will Ihnen was sagen“, schlug er vor. „Während Sie sich um Ihr Auge kümmern, mache ich uns eine Kanne Kaffee, okay? Wenn Sie mir dann noch verraten, wo ich die Zutaten für ein Sandwich finde, zaubere ich uns etwas, das uns über Wasser halten wird. Und dann können wir über unsere Möglichkeiten sprechen.“
Unsere Möglichkeiten? Er hatte eigentlich „Ihre“ sagen wollen. Sarah zeigte keine sonderliche Freude über seinen Vorschlag, aber man konnte ihr kaum übel nehmen, dass sie argwöhnisch war. Schließlich war er ein Journalist, der gekommen war, um sie vor Journalisten zu warnen. Wahrscheinlich würde sie „Alice“ und den „Zauberer von Oz“ beiseitelegen und direkt zu „Rotkäppchen und der böse Wolf“ übergehen.
„Tomaten sind auf der Fensterbank, Brot im Brotkorb. Schauen Sie in den Kühlschrank, wenn Sie noch etwas brauchen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, ich muss …“
Randall dachte, er sollte sie besser warnen, bevor sie in den Spiegel sah. „Sarah, seien Sie nicht zu entsetzt darüber, wie es aussieht, denn …“
„So schlimm ist es also, was?“ Sie lachte, schüttelte den Kopf und zuckte zusammen.
Randall musste zum zweiten Mal innerhalb weniger Minuten gegen den Wunsch ankämpfen, sie tröstend in den Arm zu nehmen. „Es wird erst noch sehr viel schlimmer aussehen, bevor es wieder besser wird. Sie verstehen?“
„Dann sollte zumindest einer von uns beiden sich etwas aufs Auge tun“, sagte sie mit demselben drolligen Humor, an den er sich noch von ihrer Begegnung vor zwanzig Jahren erinnerte. „Ich trinke meinen Kaffee stark, und ich möchte Zwiebeln und viel Salz und Pfeffer auf meinem Sandwich haben.“
Sarah eilte ins Bad, schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Hatte sie den Verstand verloren? Warum hatte sie ihn überhaupt ins Haus gelassen? Sie wusste doch, wer er war, oder wenigstens, was er war. Und ob er nun zu der Meute gehörte, die sie gnadenlos gejagt hatte, oder nicht, inzwischen musste er jede schmutzige Einzelheit ihrer Ehe kennen und, so wie jeder andere, zu dem gleichen Schluss gekommen sein. Dass sie als Frau eine so jämmerliche Versagerin war, dass sie nicht mal in der Lage gewesen war, das Interesse ihres Mannes zu halten.
Als sie in die Küche zurückkam, hatte er Sandwiches gemacht, sie sauber in der Mitte durchgeschnitten und auf einen Teller gelegt. Der Tisch war mit Tante Emmas Moosrosen-Geschirr und ihrem altmodischen Silberbesteck gedeckt. Fast alles im Haus sah noch genauso aus wie vor vierzig Jahren – dieselben Haushaltsgeräte in derselben blassen Schattierung von Grün. Derselbe gelbe Resopaltisch, dieselben unbequemen Stühle und dieselbe laut tickende Wanduhr, die zu groß für den Raum war und durchweg nachging.
Alles sah wie damals aus. Und bis vor wenigen Minuten hatte es sich auch genau wie immer angefühlt. Es war nicht annähernd so luxuriös wie in dem Apartment, in dem sie aufgewachsen war, oder auch nur wie in dem viel bescheideneren Haus, das sie mit Stan geteilt hatte. Aber aus irgendeinem Grund hatte sie sich hier immer sicher gefühlt, selbst als Kind schon.
Jetzt hatte sich auch das geändert.
Sie aßen schweigend und waren schon bei ihrer zweiten Tasse Kaffee, bevor sie auf den Grund für Randalls Anwesenheit zu sprechen kamen. Sarah holte tief Luft und sagte: „Es ist wahrscheinlich gar keine so große Sache – das Buch, meine ich. Schließlich ist es ein Jahr her, seit Stan … seit er … und noch länger, seit mein Vater zurückgetreten ist.“ Sie sah ihn hoffnungsvoll an. „Keiner wird sich noch an ihn erinnern.“
„Vertrauen Sie besser nicht darauf.“
Sie war zu klug, um auf irgendetwas zu vertrauen – oder auf irgendjemanden. „Was schlagen Sie also vor? Dass ich mich an einem abgelegenen Ort verstecke und warte, bis der Sturm sich gelegt hat? Soll
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