BACCARA EXKLUSIV Band 61
Bruder kurz danach freigelassen worden war, obwohl man ihn eines Raubüberfalls angeklagt hatte. Je mehr er darüber nachdachte, desto überzeugter war er, dass Haven Brian nur deshalb geheiratet hatte, weil sie ihren Bruder retten wollte.
Aber was war für Brian dabei herausgesprungen? Brian war intelligent und gerissen gewesen. Alles, was er tat, hatte einen ganz bestimmten Zweck gehabt.
War Haven vielleicht doch eine Spionin? Hatte Brian sie durchschaut, und war ihre Heirat ein Deal gewesen? Die Freiheit ihres Bruders gegen ein Versteck bei ihr für die Liste der Geheimagenten? Oder hatte Brian die Liste ohne ihr Wissen bei ihr versteckt? Noch waren alle Fragen offen, doch eins war jetzt schon klar: Selbst wenn es keine Liste gab, war Haven in großer Gefahr, sollte die Gegenseite glauben, sie habe sie.
Und damit war Paige ebenfalls in Gefahr.
Verdammt, das Leben eines unschuldigen Kindes wäre gefährdet. Erinnerungen stiegen in ihm hoch, die so schmerzlich waren, als würde ihm ein Messer in die Brust gestoßen. In den Schatten der Vergangenheit lauerte übermächtig der Schatten des Todes, der ihn bis an sein Lebensende verfolgen würde.
Zur Hölle, er musste sich auf das Hier und Jetzt konzentrieren, auf die Aufgabe, die vor ihm lag – und wenn noch so viele Ungereimtheiten und noch so viele Fragen damit verbunden waren.
Es war an ihm, das Rätsel zu lösen und die Antworten zu finden.
Es war seine Aufgabe, die Wahrheit über Haven Larson aufzudecken.
5. KAPITEL
Haven und Carl aßen schweigend weiter, nur zu ihrer Tochter sagte Haven hin und wieder ein paar Worte. Als sie schließlich fertig waren, stand Haven auf, hob Paige aus dem Hochstuhl und ging mit ihr zur Tür.
„Sie braucht eine neue Windel“, wandte sie sich knapp an Carl.
Carl sah ihr nach, stand dann ebenfalls auf und räumte die Teller zusammen. Die zusammengeknüllten Papierservietten tat er in den Abfalleimer unter dem Ausguss. Danach ging er ins Wohnzimmer zurück. Er setzte sich auf das Sofa und blickte sich erneut um. Dieser Raum vermittelte einem wirklich ein Gefühl von Zuhause.
Das Wohnzimmer seiner Ranch war mindestens viermal so groß, aber ausgesprochen kalt und ungemütlich. Die Einrichtung hatte er mit dem Haus übernommen und seitdem nichts an ihr geändert. Am liebsten hielt er sich in seinem unordentlichen Büro auf, denn das hatte wenigstens eine gewisse Atmosphäre.
Er hob eine verblichene und abgeschabte Stoffpuppe vom Boden auf und betrachtete sie lächelnd. „Na, Mädchen, du hast wohl auch allerlei durchgemacht. Aber man hat dich bestimmt auch oft fest gedrückt.“
Carl merkte nicht, dass Haven zurückgekehrt war und in der Tür stand.
Als Haven ihn so liebevoll mit der Puppe sprechen hörte, stieg ein merkwürdiges Gefühl in ihr hoch. Es stimmte, Carl Shannon war die personifizierte Männlichkeit, ein sehr gut aussehender, muskulöser Cowboy, dem man gewiss Respekt entgegenbrachte, wohin er auch ging. Er strahlte eine gewisse unbekümmerte Arroganz aus, ein unerschütterliches Selbstbewusstsein, was aber gleichzeitig auch eine gewisse Distanz von seinem Gegenüber forderte.
Nun aber sah sie eine andere Seite dieses Mannes, eine sanfte, zärtliche. Sie zeigte sich in der Art, wie er die Puppe vorsichtig in seinen großen Händen hielt und wie er mit ihr sprach, als sei sie ein menschliches Wesen. Im Moment ging beinahe so etwas wie Verletzlichkeit von ihm aus. Und dieser Carl Shannon passte nicht in die Rolle von Brians bestem Freund. Sie wenigstens hatte ihren verstorbenen Mann nur als kalten, berechnenden Menschen gekannt und nie auch nur die Spur von Empfindsamkeit bei ihm entdeckt.
Carl war sensibler, was schon daran erkennbar war, dass er mit ihr über seinen verstorbenen Freund sprechen wollte. Und wenn sie vorsichtig war und nicht so genau durchblicken ließ, wie wenig sie über Brian wusste, dann würde er wohl auch – trotz seiner vordergründig harschen Art – so sensibel sein und nach einem kurzen Gespräch wieder gehen.
Aber selbst wenn sie sich in diesem Punkt geirrt haben sollte, sie wusste mit Sicherheit, dass sie diesen Mann nicht so schnell würde vergessen können. Er hatte ihre sinnlichen Empfindungen geweckt wie noch kein Mann vor ihm. Aber sie musste ihre Erregung, dieses brennende Verlangen nach ihm unterdrücken.
Sie holte tief Luft, atmete langsam aus und ging zum Sofa.
„Das ist Susie, Paiges Lieblingspuppe. Sie ist schon etwas abgenutzt. Ich habe sie ihr aus Stoffresten
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