Back to Black - Amy Winehouse und ihr viel zu kurzes Leben
zwischen den Zeilen von den Medien kolportiert und rasch wieder vergessen wurde), dass es wohl vielmehr Amy gewesen ist, die Blake regelrecht gestalkt hatte.
Denn sie wusste einfach, dass er sie geliebt hatte und sie immer noch liebte; und mit diesem attraktiven Kerl an der Hand wollte sie Blakes Eifersucht entfachen und ihm gleichzeitig signalisieren, dass sie sich verändert hätte. Und jeden Mann haben konnte. Amy lebte ihm einfach die Inhalte ihrer Songs vor, die sie nur wenige Monate
zuvor mit Mark Ronson in New York eingespielt hatte: O ja, sie hatte sich fest vorgenommen, alles zu tun , wirklich alles, um Blake zurückzugewinnen. Sie musste nur geduldig sein. Irgendwann würde sie ihn so weit haben, dass er ihr eine zweite Chance geben musste.
Als »Back to Black« erschien und Amy innerhalb weniger Wochen zum absoluten Superstar mutierte, verließ sie Alex Clare kurzerhand, denn ihr Plan war aufgegangen: Blake kam zu ihr zurück, und sie ließen sich sofort in aller Öffentlichkeit sehen und feiern.
Alex Clare rächte sich für Amys Schachzug auf äußerst ungeschickte Weise, indem er der Klatschzeitung »News Of The World« ein heute schon fast legendäres Interview gab und Amys sexuelle Obsession vor einem Millionenpublikum ausbreitete. Unbestrittener Höhepunkt seiner detailversessenen Schilderungen war eine wilde Nummer in der Badewanne, während der er von Amy im Rausch der Sinne beinahe ertränkt worden sein soll, wie genau sie dies kräfte- und gewichtsmäßig hätte anstellen sollen, ist allerdings nur schwer vorstellbar.
Dieses Exklusiv-Interview, das sich rasend schnell um den gesamten Erdball verbreitete, sollte Clares Karriere als Singer-Songwriter nicht förderlich sein. Natürlich liebte das englische Publikum stets den Verrat und seltener den Verräter, doch in diesem Fall war der gehörnte Liebhaber mit seiner Plapperei mehr als nur einen Schritt zu weit gegangen. Für die kommenden Jahre sollte Clare zumindest von der hippen Londoner Musikszene zu einer persona non grata erklärt werden und von der Bildfläche verschwinden.
Amy nutzte das ganze Tohuwabohu, das um »Back to Black« gemacht wurde, geschickt als Tarnung, um Blake hinter verschlossenen Türen endgültig zurückzugewinnen. Zu diesem Zeitpunkt – im Winter 2006 – spielte jeder Popsender »Rehab« rauf und runter. Vom ersten Augenblick an war dieser Song ein Klassiker, der sicherlich auch noch in 50, wenn nicht sogar in 100 Jahren on air zu hören sein wird. Und Amy wurde herumgereicht, stand Rede und Antwort, erklärte der Welt geduldig zum x-ten Mal, was sie bewegt und wie sie die Zusammenarbeit mit Mark Ronson empfunden hätte – immer beschützt und bewacht vom riesenhaften Raye Cosbert, der nur kurz die Zähne fletschen musste, um intime Fragen der ReporterInnen im Keim zu ersticken. Island Records hatte dazugelernt. Beim Label wusste man ja um Amys Talent, in Fettnäpfchen zu treten.
Die Kritiker überschlugen sich vor Begeisterung, und bis zu ihrem Tod 2011 würden allein zehn Millionen Alben verkauft werden. Nick Godwyn dagegen empfand beim Hören von »Rehab« lediglich ein »bittersüßes Gefühl«.
»Wo auch immer ich auftauchte, dudelte der Song aus den Lautsprechern. Denn bereits am ersten Tag, als wir Amy kennengelernt hatten, hatten mein Partner Nick und ich gehofft, dass wir mit Amy einen Song rausbringen würden, den auch ein Milchmann in Newcastle pfeifen würde«, schrieb ihr ehemaliger Manager in seinem Nachruf auf Amy. »Wenn man sich ›Frank‹ und ›Back to Black‹ anhört, stellt man fest, wie gewaltig ihr Entwicklungssprung war. Niemand hätte eine Platte wie ›Back to Black‹ von ihr erwartet. Aber sie hat immer das völlig
Unerwartete präsentiert. Und sie hatte ein wirklich sehr einnehmendes Wesen. Wenn es ihr erst einmal gelungen war, deine Aufmerksamkeit zu erregen, war es unmöglich sich einfach nur so von ihr zu befreien – und sich davonzumachen.«
Kapitel VII
▶ I Told You I Was Trouble
Ruhm und Sucht
S ex and drugs and rock and roll is all my brain and body need«, lautete Ende der 1970er Jahre Ian Durys unmissverständliche, aber auch augenzwinkernde Botschaft, die dem englischen Singer-Songwriter und Schauspieler mit dem unverwechselbaren Cockney-Slang den Nummer-eins-Hit »Sex & Drugs & Rock & Roll« bescherte. Dass Drogen- und Medikamentenmissbrauch, Alkoholexzesse und Sex in allen Spielarten schon immer zum Musikgeschäft dazugehörten, wusste die aufgeklärte
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