Back to Blood
Nachrichtensprecher auf dem Schirm auftaucht. Ein Reporter steht in einer schmuddeligen Turnhalle und hält einem großen, muskelbepackten Mann, der um die fünfunddreißig Jahre alt ist, sein Mikro unter die Nase. Magdalena bemerkte verschwommen die jungen, um die zwanzig Jahre alten Burschen, die hinter den beiden herumstanden … Was hätte uninteressanter sein können?
… Sie war nur daran interessiert, Amélia von Norman zu erzählen, »wie er da mitten auf dem Deck sitzt, eingezwängt zwischen vierzig oder fünfzig anderen Leuten, die meisten Männer, die aussahen, als könnten sie selbst eine Therapie wegen Pornosucht gebrauchen — ich meine, sofort, auf der Stelle — ich konnte es nicht fassen. Es war gruselig. Die projizieren auf die riesigen riesigen Segel von einem Boot Pornofilme, und ¡Dios mío! Norman ist der Schlimmste von allen! Und unter seiner Badehose, als hätte er da eine Zeltstange, es ist so offensichtlich! So viel zum Thema pornosüchtig! Er ist vollkommen verzückt — auf den riesigen Segeln, die Erektionen sahen gigantisch aus, und wenn die Mädchen ihre Beine spreizten, als könnte da ein Mann aufrecht reinmarschieren. Ich konnte es einfach nicht fassen!« Magdalena verspürte einen derartigen Drang, Amélia jede Einzelheit zu erzählen, dass ihr gar nicht auffiel, als auf dem Bildschirm genau so ein Boot auftaucht, ein Schoner mit sehr hohen Masten und mächtigen Segeln, und ganz oben auf dem höchsten Mast ringen zwei kleine Gestalten, von denen die größere ihre Beine um die Hüfte der kleineren geschlungen hat, die jeden Augenblick in den Tod stürzen kann, und die größere fängt an, sich an dem Tau nach unten zu schwingen, Faust an Faust, mit der kleineren Ge stalt zwischen den Beinen, bis runter aufs Deck, den Kameras entgegen, und jetzt kann man das Gesicht des Retters sehen — »Magdalena!«, sagte Amélia. »Ist das nicht dein Freund?«
Magdalena schaute zum ersten Mal bewusst auf den Bildschirm. » ¡Dios mío! Nestor!«
Ihr stockte der Atem … Damals hatte sie diese Bilder im Fernsehen nicht gesehen. An jenem Tag hatte sie genug damit zu tun gehabt, all ihren Mut zusammenzunehmen, um ihrer Mutter den Kopf zu waschen und Hialeah ein für alle Mal abzuhaken … und jetzt war sie auch nicht in der Stimmung, um sich auch nur eine Sekunde mit Nestors Triumph abzugeben … doch die Neugier gewann schließlich die Oberhand: »Mach das mal lauter, Amélia!«
Womit Amélia instinktiv gerechnet hatte, denn sie hielt die Fernbedienung schon in der Hand und drehte lauter. Sie schauten in Nestors Gesicht, das ihnen zugewandt war, und hörten das Geschrei, das Gebuhe und die Verwünschungen, die von der Brücke auf ihn herabprasselten, ein regelrechter Orkan in Spanisch, Englisch und weiß Gott wie vielen anderen Sprachen. ::::::Gut! Seine eigenen Leute hassen ihn! Was nützt ihm da die viele Publicity — richtig? … richtig! … Dieser ganze Hialeah- Scheiß — entweder man wird ihn los, oder man verstrickt sich so darin, bis er einem die Luft abschnürt … und Nestor war ein Teil davon, oder? ein großer Teil … Wie können sie es wagen, diese americanos, seinen Ruf dermaßen aufzupolieren und eine Art Helden aus ihm zu machen? Wie können sie es wagen, damit indirekt anzudeuten, dass meine Entscheidung, einer … Berühmtheit? … den Laufpass zu geben, falsch gewesen ist.::::::
»¡Caramba!«, sagte Amélia. »Er ist wirklich schnuckelig, dein kleines Hialeah-Schätzchen!«
Magdalena wurde still, gereizt und schroff. »Er ist nicht mein ›Schätzchen‹, Hialeah hin oder her.«
Amélia hatte sie auf der Rolle, und sie konnte nicht widerstehen, das auszukosten. »Okay, er ist nicht dein Hialeah-Schätzchen. Aber du musst zugeben, er sieht wirklich scharf aus!« Auf dem Bildschirm ist das Zeitungsfoto von Nestor mit entblößtem Oberkörper zu sehen. »Er könnte glatt Modell stehen für eine Statue von so einem griechischen Gott.« Amélias spöttisches Gesicht strahlte geradezu vor guter Laune. »Bist du sicher, Magdalena, dass du es dir nicht noch mal überlegen willst? Oder du arrangierst was, dass ich mich mal mit ihm treffen kann.«
Magdalena klappte den Mund auf, aber sie brachte kein Wort heraus. Ihr fiel keine passende Retourkutsche ein. Sie wusste, dass ihr Gesicht vollkommen erstarrt war, und sie konnte nichts daran ändern. ::::::Herzlichen Dank, Amélia! Vielen herzlichen Dank … für deine kurze Zusammenfassung meiner Gefühle … wirklich nett von dir
Weitere Kostenlose Bücher