Back to Blood
lang kaltstellen. Und was haben Sie gemacht? Sie haben ihm einen Orden umgehängt und ihm eine horizontale Versetzung spendiert. Sie haben ihn nicht auf ein Pferd im Park gesetzt, weil da hätte er ja nur gottverdammten Ratten und Eichhörnchen auf die Nerven gehen können. Oh nein, denn das wäre ja eine horizontale Versetzung mit einem Haken gewesen, so haben Sie das doch genannt, oder?« Der Bürgermeister redete sich wieder in Rage und ließ den Kampfhund namens Sarkasmus von der Leine. Er wusste genau, dass der Chief angezählt war. »In einer Lage wie dieser geht es nicht um Einzelschicksale. Sie wissen, was ich meine? Sie wollen einen Ihrer Männer schützen, das ist lobenswert. Aber in diesem Augenblick stehen Sie und ich in der Pflicht, Hunderte, Tausende, Zehntausende von Menschen zu schützen, die den Feinheiten dieser Geschichte nicht folgen können. Verstehen Sie?«
Unwillkürlich nickte der Chief … und erkannte im selben Augenblick, dass er genau das Gleiche, nämlich unterwürfig nicken, erst vor wenigen Sekunden schon einmal getan hatte … Sicher bewundern sie die jiu-jitsu-mäßige Argumentationskunst ihres Chefs … Einfach so reduziert er den Schwarzen Superman auf die Omnipotenz einer geräucherten Auster — sie, das sind die Lakaien. Sie schauen nur. Nicht finster. Nein, sie sind fasziniert, wie kleine Jungen. Sie haben die besten Plätze im Theater … und werden Zeugen, wie der Unglaublich Schrumpfende Chief … schrumpft. Unser Dionisio Cruz schafft alle. Gerade mal eins sechsundsiebzig groß, aber er wird mit jedem Eins-dreiundneunzig- Supernegro fertig, der sich ihm in den Weg stellt. Deshalb ist er … der caudillo . Er wirft el negro nichts vor, er bedroht el negro nicht … oder zumindest nicht so, dass man ihn in irgendeiner Form belangen könnte … er wirft einfach sein Netz aus, und ruck, zuck … Erwischt! … el negro zappelt im Netz … schlägt Löcher in die Luft … gefangen in einem Netz aus Worten.
»Alles, was die Leute wissen, ist«, sagte der Bürgermeister, »da ist dieser junge Cop, dieses Bürschchen — der erst wie lange bei der Polizei ist? — vier Jahre? — und überall, wo der auftaucht, da sind ihm die vier apokalyptischen Reiter auf den Fersen … Rassismus, Chauvinismus, ethnische Verunglimpfung und … ähhh …« Bis zu diesem Punkt war alles prächtig gelaufen. Jetzt steckte er fest. Ihm wollte die vierte berittene Geißel nicht einfallen. »… ähhh … und der ganze Rest eben«, beendete er lahm seinen Satz. »Sie wissen, was ich meine?«
Was für ein Bockmist! Er konnte nicht dasitzen und zu so einem Quatsch einfach nur nicken . »Nein, Dio«, sagte er. »Weiß ich nicht.« Aber es hörte sich genauso lahm an wie Dios mickriges ähhh … und der ganze Rest eben . Genauso zaghaft wie sein Nicken zuvor. Er hatte ohne Mumm gesprochen … Es war sehr edel von ihm, dass er einen seiner Männer verteidigte, zudem einen so unbedeutenden … aber war es wirklich edel, wenn er damit alles aufs Spiel setzte, was er für seine echten Brüder tun konnte?
::::::Als ob Dio meine E-Mails tatsächlich lesen würde.::::::
»Hören Sie, Cy, es geht nicht darum, ob Camacho ein guter oder ein schlechter Cop ist. In dem Punkt will ich Ihnen ja gerne recht geben. Aber die ganze Geschichte ist aus dem Ruder gelaufen. Er symbolisiert etwas, das jeden in dieser Stadt bis ins Mark erschüttert. Ihre Loyalität, die ich bewundere, ändert nichts an der Lage. Ich bin sicher, dass der Junge nicht mal ansatzweise so weit gedacht hat. Aber Tatsachen sind Tatsachen. In den letzten paar Monaten hat er es zweimal geschafft, ganze Gemeinden in Aufruhr zu versetzen … Die geifern vor Zorn … Er hat sie behandelt wie den letzten Dreck. Angesichts all dessen, glauben Sie nicht, dass das Präsidium möglicherweise auch weiterhin seiner Arbeit nachgehen kann, ohne die Dienste dieses fünfundzwanzigjährigen Bürschchens in Anspruch zu nehmen?«
::::::Hab mich schon die ganze Zeit gefragt, wann er endlich auf den Punkt kommt. Jetzt heißt es den Kopf einziehen.::::::
»Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte er. Aber er sagte es seufzend, wie ein Mann, der sich — widerwillig natürlich — in sein Schicksal fügt. »Und es gefällt mir gar nicht.« Die letzten Worte waren kaum mehr als ein Flüstern.
Miene und Tonfall des Bürgermeisters wurden jetzt väterlich. »Cy, ich möchte Ihnen ein paar Dinge über diese Stadt erzählen. Wahscheinlich kennen Sie das alles schon, aber
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