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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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die das Wort »fabelhaft« nicht mehr benutzte.
    Sergej kniete jetzt neben Flebetnikow und sprach auf Russisch mit ihm. Die Angst, er könnte dem fetten Mann einen tödlichen Stoß versetzt haben, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Flebetnikows Augen sahen aus wie zwei Klumpen Milchglas … keine Iris … keine Pupillen …
    »Boris Fjodorowitsch! Ich schwöre, ich wollte Sie nicht verletzen! Ich wollte Sie mir nur vom Leib halten, damit wir wie Freunde über alles sprechen können! Ich will immer noch Ihr Freund sein! Sagen Sie was, Boris Fjodorowitsch! Wir sind stolze Russen, und wir haben uns beide von diesen schleimigen Amerikanern als Idioten vorführen lassen!«
    Dieses Wort — Idioten — zerriss den Schleier, der Flebetnikows Hirn umnebelte. Das Wort allein löste einen Reiz-Reaktions-Effekt aus. Endlich, ein Lebenzeichen! Obwohl er sich nach Kräften mühte, bestand das, was Flebetnikow immer wieder sagte, nur aus einem unverständlichen, heiser flüsternden Geräusch.
    Seltsamerweise schien er überhaupt nicht wütend zu sein … nur traurig …
    Magdalena und Sergej knieten neben Flebetnikow. Sergejs Kopf befand sich dicht über dem des fetten Mannes. Dann schob sich ein drittes Paar Knie in ihr Blickfeld, Knie in einer sauberen, adrett gebügelten Khakihose … makellose Bügelfalten … Magdalena und Sergej schauten hoch. Ein dünner, blasser Anglo mit ordentlich geschnittenen, sorgfältig gekämmten blonden Haaren stand neben ihnen. In der einen Hand hielt er einen Spiralblock, in der anderen einen Kugelschreiber … keinen gewöhnlichen Kugelschreiber … nein, einen mit einem Digitalmikrofon im oberen, dickeren Ende. Er trug einen marineblauen Blazer und ein weißes Hemd. Er sah aus wie eins dieser Anglo-College-Bürschchen, deren Bilder man immer in Zeitschriften sieht.
    Er schaute Sergej an und sagte, »Mr. Koroljow? Hallo!« Er machte einen freundlichen, schüchternen Eindruck. Als Sergej seinen Blick erwiderte, wurde er rot. »Ich bin John Smith vom Miami Herald «, sagte er leichthin. »Ich berichte über Mr. Flebetnikows Party — oder Realityshow oder was immer das ist — und plötzlich habe ich diesen Aufruhr hier gesehen.« Er schaute zu Flebetnikow, dann wieder zu Sergej und sagte, »Was ist Mr. Flebetnikow zugestoßen?«
    :::::: Miami Herald . John Smith … Warum klingelt da was?::::::
    Sergej musterte den Jungen ausdruckslos, aber nicht lange. Dann schaute er ihn mit einem unmissverständlichen Blick an, verpiss dich! Es dauerte ein, zwei Sekunden … dann begriff Sergej, was das Auftauchen des Jungen bedeutete … Na, klasse! … diese ganze alberne Geschichte könnte morgen in der Zeitung stehen.
    »Zugestoßen?«, sagte Sergej. »Nichts ist ihm zugestoßen. Mein Freund Flebetnikow ist hingefallen. Ein Missgeschick. Wir lassen einen Arzt kommen, nur um ganz sicherzugehen. Aber Mr. Flebetnikow war nur ein paar Sekunden bewusstlos.«
    »Aber dieser Gentleman da drüben« — John Smith schaute unbestimmt hinter sich — »hat mir gesagt, dass Mr. Flebetnikow versucht hat, Sie zu schlagen.«
    »Er ist gestolpert und hingefallen«, sagte Sergej. »Das ist alles, mein Freund.«
    »Komisch …«, sagte John Smith. »Das würde ich gern klären. Der Gentleman da hinten« — wieder eine unbestimmte Kopfbewegung nach hinten — »er sagt, er hätte alles gesehen, und Mr. Flebetnikow wollte Sie schlagen. Aber Sie wären dem Schlag ausgewichen — ›wie ein Profiboxer‹, hat er gesagt. Sie hätten sich weggeduckt und mit einem Stoß gegen seinen Körper gekontert, und der hätte Mr. Flebetnikow umgehauen. Tolle Leistung, hat er gesagt!« John Smith setzte ein breites, ehrfürchtiges Lächeln auf. Wahrscheinlich spekulierte er darauf, mit dieser Schmeichelei bei Sergej zu punkten. »Haben Sie früher mal geboxt?«
    »Hören Sie mir überhaupt zu? Es ist nichts passiert. Mein Freund ist gestolpert und gefallen. Ein Missgeschick.«
    Inzwischen hatte sich der fette Mann etwas berappelt. Sein unverständliches Flüstern war in ein etwas lauteres, stöhnendes Nuscheln Nuscheln Nuscheln übergegangen.
    »Was hat er gesagt?«, fragte John Smith.
    »Er sagt, ›Das stimmt, es war ein Missgeschick.‹«
    Eine Stimme direkt über ihnen sagte: »Ich wünschte, es wäre so gewesen. Aber ich fürchte, dass es wohl kei-ei-ei-ei-ein Missgeschick war!«
    Sergej und Magdalena hoben den Kopf. Sidney Munch … in seiner übergroßen guayabera … die so lang war, dass sie wie ein Kleid aussah … schaute streng

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