Back to Blood
war im Fernsehen einfach wunderbar … so besonnen, so wortgewandt, so allwissend … und doch so gut gelaunt … und wie er dabei aussah — aber glaubt er jetzt wirklich, er könnte mit dem schärfsten Hund im TV -Geschäft umspringen wie mit einem winzigen pissenden Affen?
In diesem Augenblick trat Norman, strahlend vor Begeisterung, wieder aus seinem Büro. Gott, wie gut er aussah! Ihr americano -Prinz! Blaue Augen … welliges bräunliches Haar — in ihrer Vorstellung war es eher blond … groß, eins fünfundachtzig, eins neunzig, ein bisschen pummelig vielleicht, aber nicht richtig … dick. Er war zweiundvierzig, hatte aber ein markantes Gesicht und die Energie eines Dreißigjährigen … nein, Fünfundzwanzigjährigen. Ihre Freunde schäumten, zerrissen sich das Maul, hielten ihr vor, dass er genau doppelt so alt war wie sie … aber sie hatten keine Vorstellung von Normans Elan, Kraft und Lebensfreude. Wenn sie morgens aufstanden, beide nackt — so wie mit ihm hatte sie noch nie zuvor mit jemandem geschlafen — sah sie genau, dass er unter seinem ziemlich soliden … Polster … eigentlich eine gute Figur hatte. blip Nestor war nur eins siebzig mit diesen … hier da überall … hervorquellenden Muskeln … hervorquellend! … grotesk! … Normans Haare, sie waren so voll und wellig und blond … blond!, das ließ sie sich nicht nehmen … dagegen war Nestors Gerede über »Sixpacks« und »Bodystyling« so be langlos. Sie lebte mit dem Idealbild des americano! Dass es jemanden gab, der vollständiger nicht Hialeah war, der vollkommener über Hialeah stand, auf einer höheren, geistigeren Ebene, konnte sie sich nicht vorstellen. Ihr stand die ganze americano -Welt offen. Ja, sicher, die Leute in Hialeah machten ihre Witze über die americanos . Aber in ihrem Innern wussten sie, dass außerhalb von Miami die americanos das Sagen hatten … bei allem .
Norman stand jetzt neben ihrem Stuhl. Er legte ein Foto vor ihr auf den Schreibtisch. »Schau dir das an, dann weißt du, wovon ich rede. ›Mein ist die Rache, spricht der Herr, und ich werde vergelten.‹ Das ist übrigens das Epigraf, das Anna Karenina vorangestellt ist. Egal, die Sünde unseres großen Bären ist die Onanie, und dafür wird er büßen.«
Solche von Norman beiläufig und unbefangen hingeworfenen Bemerkungen schüchterten Magdalena furchtbar ein. Sie hatte keine Ahnung, was ein Epigraf war. Sie hatte eine vage Vorstellung davon, wer Anna Karenina war … eine Figur aus einem Buch? Und was »Onanie« anging, war sie völlig ahnungslos. Ein sechster Sinn sagte ihr, nicht nach Epigraf und Anna Karenina zu fragen. Alles, was mit Literatur zu tun hatte, schüchterte sie am meisten ein. Es traf ihren wundesten Punkt, ihren Mangel an Bildung, Bücher, die man gelesen haben sollte, Künstler, deren Bilder man kennen sollte, die großen Komponisten — sie wusste nichts — über irgendeinen Komponisten. Von einem kannte sie den Namen, Mozart, aber sie wusste absolut nichts darüber, was er komponiert haben könnte … Also erschien ihr Onanie … irgendwie ungefährlicher.
»Onanie?«
»Masturbation«, sagte Dr. Lewis.
Er stellte sich hinter die auf ihrem Schreibtischstuhl sitzende Magdalena, um das Foto aus ihrem Blickwinkel sehen zu können. Er legte die Hände auf ihre Schultern und senkte den Kopf, bis sein Kinn ihre Schulter und seine Wange ihre Wange berührte. Sie atmete den Duft seines Eau de Cologne ein, das »Resolute for Men« hieß. Normans Eigentumswohnung in Aventura hatte ein riesiges Bad mit einer unendlich großen Marmorplatte vor einer gigantischen Spiegelwand. Wenn sie morgens an ihr Waschbecken trat, sah sie den kompakten, männlichen Flakon Resolute for Men, der neben seinem Waschbecken stand. Der Flakon war einer Handgranate nachempfunden … ein sehr maskulines Utensil, um duftendes Parfüm auf die duftende, frisch rasierte Haut eines Männergesichts zu sprühen blip das Bad des armen Nestor in der casita in Hialeah … das armselige fensterlose Bad im Gang, das er mit seinen Eltern teilen musste. Eine bessere Abstellkammer, in der kaum Platz für Kloschüssel, Wanne und Miniwaschbecken war. Um die Kalt- und Warmwasserhähne hatte sich der Rost durch die Emailleschicht gefressen. Von den Wänden blätterte die abgeschmackt grünliche Farbe ab. Sie und Nestor waren in den drei Jahren, seit sie zusammen waren, nur zweimal allein in der casita gewesen, beide Male für höchstens eine halbe Stunde. Mehr als einmal waren
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