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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolfe
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»Ich kann nicht glauben, dass du wirklich nicht weißt, was das Pissender-Affe-Syndrom ist.« Sein Tonfall ließ durchblicken, dass sie seine Geduld überstrapazierte, als er sagte: »Ich nehme an, du weißt, dass Affen ganz schreckliche Haustiere sind. Okay?«
    Magdalena hatte noch nie irgendetwas davon gehört, dass Affen auch Haustiere sein konnten. Aber sie nickte. Sie wollte nicht riskieren, ihn noch mehr aufzubringen.
    »Aber nehmen wir mal an, ein Mann holt sich trotzdem einen ins Haus, einen kleinen Affen, einen niedlichen Affen, sagen wir, einen Klammeraffen. Okay?«
    Magdalena nickte beflissen.
    »Also, dieser Affe, wenn er ein Männchen ist — sobald der irgendwo draufklettert, wo es hoch genug ist — und die können ja an allem hochklettern — dann fängt er an, dir auf den Kopf zu urinieren. Okay?«
    »Er uriniert dir auf den Kopf? «, sagte Magdalena.
    »Genau. Er uriniert dem Mann auf den Kopf. Dem Mann . Frauen interessieren ihn nicht. Er uriniert dem Mann auf den Kopf, fängt an zu grinsen und macht JII JII JII JII JII . Er lacht dich aus, er macht sich lustig über dich, er lässt dich wissen, was für ein Weichei du bist. Tag und Nacht pisst er dir auf den Kopf … wenn du im Bett liegst und fest schläfst, wenn du aufstehst und ins Bad gehst, wenn du dich für die Arbeit anziehst, egal — die ganze Zeit … Und du brauchst auch gar nicht erst zu versuchen dich mit dem kleinen Scheißer anzufreunden, ihn zu streicheln oder dich bei ihm einzuschleimen oder ihn gnädig zu stimmen, indem du ihm fabelhafte Affenleckereien auftischst wie Äpfel, Rosinen, Sellerie, Haselnüsse oder Paranüsse, das ganze Zeug, das Affen so lieben. Egal womit du versuchst, ihm gefällig zu sein, das macht es nur noch schlimmer. Dann hält er dich nämlich für ein hoffnungsloses Weichei. Okay? Es gibt nur eine Methode, die funktioniert: Du packst den kleinen Scheißer, wenn er gerade an seinem Napf hockt und sich vollfrisst, und schmeißt ihn in die Kloschüssel, und während er im Wasser rumstrampelt und keine Ahnung hat, wo er jetzt gelandet ist, und keinen Halt an der glitschigen Schüssel findet, dann pisst du auf ihn . Du pisst ihn ein, mit je dem Tropfen, den du aus dir rausquetschen kannst. Der Scheiß affe wird denken, dass er in einem Pissemonsun gelandet ist, dass der ganze Himmel, die ganze Welt auf ihn runterpisst. Keine Luft mehr zum Atmen, nur noch Pissedampf. Erst wird er anfangen zu kreischen › JII JII JII JII ‹ — er ist stinksauer — und dann ändert sich der Ton langsam, es hört sich an wie ein Kreischen um Gnade … dann wird’s ganz leise, › JII … JII … JII … JII ‹, und immer leiser, bis du schließlich nur noch ein erbärmliches Wimmern hörst, ›jii … jii … jii … jii‹, und am nächsten Tag rollt er sich wie ein kleines Kätzchen in deinem Schoß zusammen und bettelt praktisch darum, dass du ihn streichelst und dich bei ihm einschleimst. Du hast ihm gezeigt, wer der Boss ist. Du hast ihm gezeigt, dass du das Alphatier bist, und nicht er. Voilà, da hast du ihn, deinen Ike Walsh von 60 Minutes … ein kleiner pissender Affe.«
    Daraufhin drehte er sich um und verschwand in seinem Büro.
    :::::: Ike Walsh ist ein kleiner pissender Affe! Und Ike Walsh wird ihn gleich interviewen! :::::: Magdalena hatte aus Norms Mund noch nie etwas so Verächtliches gehört, obwohl er Fern sehleute im Allgemeinen schon oft als beeinflussbare und leicht entflammbare Kinder bezeichnet hatte, die »keine Ahnung von konzeptionellem Denken jedweder Art« hätten.
    Im Moment lag die Betonung auf leicht entflammbar . Die Nachrichtensendungen im Fernsehen waren allesamt scharf darauf, die Ergebnisse einer Studie der National Institutes of Health auszuschlachten, der zufolge erstaunliche 65 Prozent aller »Klicks« im Internet auf pornografische Webseiten entfielen. Die NIH — also die Regierung! — warnten vor einer pandemischen Pornografiesucht. Pornografie war von einer schmuddeligen Angelegenheit zur Gefahr für die nationale Gesundheit avanciert. »Völlig minderbemittelt«, pflegte Norman zu sagen, wenn er über die winzigen, leicht entflammbaren Gehirne der Fernsehleute sprach. Allerdings hatte er nichts dagegen, in ihren Shows aufzutreten. »Die schlachten die sogenannte Pornografiesucht aus«, sagte er — er fügte immer »sogenannt« hinzu — »und ich schlachte sie aus.« Und darin war er grandios! Magdalena war klar, dass sie mehr als nur ein bisschen voreingenommen war, aber Norman

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