back to past - zurueck zu dir
Atemübungen und Meditationen.
Er sprach davon, dass sich die eigene Körperhaltung positiv auf das eigene Selbstbewusstsein, ebenso wie auf andere auswirkte. Nie wurde er müde, nach vorne hängende Schultern zu korrigieren und dafür zu sorgen, dass vernachlässigte Muskeln Aufmerksamkeit erhielten. Christian bemerkte, wie die zu oft nach vorne gebeugten Köpfe sich hoben, wie sich Schultern und Nacken aufrichteten und das Lachen der Kinder freier und offener klang.
Gabriel achtete auf Atemkontrolle und darauf, wie diese in schwierigen Situationen genutzt werden konnte, wie Ruhe und Geduld, eine Verlangsamung des Herzschlages, ein zweiter Blick auf die Lage, einen Hitzkopf beruhigte und vor Problemen bewahrte. Schließlich lachte er, wenn die Kids genervt ihre Gesichter verzogen. „Eines Tages erinnert ihr euch“, versprach er, „und wenn ihr meine Worte dann immer noch für esoterischen Quatsch haltet, hat sich vielleicht eine vollkommen neue und unerwartete Tür geöffnet. Lasst euch überraschen.“
„Yoda oder Karate Kid?“, fragte ein Junge, während er versuchte, seine Beine in den Lotussitz zu zwingen.
Gabriel lachte wieder und tauschte einen Blick mit Christian. Wie immer wurde ihm warm, wenn er ihn ansah. Christian wirkte stets beschäftigt und schien doch immer wieder stillzustehen und ihn zu beobachten. Manchmal, wenn er nicht bemerkte, dass Gabriel ihn beachtete, enthielt sein Blick eine Schwermut, die Gabriel erschreckte. Aus der Tiefe seines Wesens drang in diesen Momenten eine Hoffnungslosigkeit an die Oberfläche, von der Gabriel spürte, dass sie mit ihm zusammenhing. Er bemühte sich, die wahrgenommene Traurigkeit abzuschütteln, bevor sie ihn ebenfalls ergreifen konnte. Es war leichter, wenn Christian dem Moment entkam, und sich ein wenig zu eilig in seine Tätigkeit stürzte.
Als die meisten gegangen waren und nur noch wenige sich um ein Brettspiel versammelten, durchquerte Gabriel den Raum, tupfte sich mit seinem um den Hals liegenden Handtuch die Stirn ab.
Christian kniff die Augen zusammen. „Du hast doch nur auf dem Boden gesessen“, meinte er, „und dass unsere Heizung so gut funktioniert, kann ich auch nicht behaupten.“
„Auf dem Boden? Gesessen?“ Gabriel richtete sich auf. „Das kann nur jemand behaupten, der noch nie richtig geatmet hat.“
Christian nickte amüsiert. „Das wird es wohl sein.“
Lachend lehnte Gabriel sich über den Tresen. „Eigentlich hatte ich ein Attentat auf dich vor.“
Christians Augenbrauen schossen in die Höhe. „Und das wäre?“
Verschmitzt ließ Gabriel den Blick auf seine Hände fallen, die er nun auf dem Tisch verschränkte.
„Du wirst es nicht glauben, aber ich habe endlich den letzten Karton entsorgt.“
„Soll das heißen – ?“
Gabriel nickte. „Ich bin komplett eingerichtet. Und plane nun die Einweihung, die ich dir versprochen habe.“
„Ich vermute, du beabsichtigst mit den Gastgeschenken deinen Weinkeller aufzustocken.“
Den neckenden Blick erwiderte Gabriel mit einem Anflug aufgesetzter Trauer. „Wenn es doch so wäre. Aber ich hab nur ein paar Leute eingeladen. Bringt uns der mitgebrachte Stoff über den Abend, können wir froh sein.“
Christian lachte. „Dann bilde ich mir etwas darauf ein, dass ich dabei bin.“
„Solltest du.“ Es klang verdächtig ernst und Gabriel überspielte den Moment, indem er weitersprach. „Simon und seine Frau, mein Nachbar und das Paar, von dem ich dir erzählt habe, kommen. Es wird wohl daran liegen, dass ich mit der Arbeit, für die ich bezahlt werde, und der Arbeit, für die du mich nicht bezahlst, keine Zeit finde, um mehr Leute kennenzulernen.“
„Autsch.“ Christian gelang ein bedrückter Seufzer. „Vielleicht ist es an der Zeit, dass du dich in die höher gelegenen Stockwerke vorwagst.“
„Also – kommst du?“ Gabriels Blick war bittend, und Christian nickte.
„Natürlich.“ Er griff nach der Kanne. „Kaffee?“
Gabriel verdrehte die Augen. „Lauwarmer Blümchenkaffee? Wie könnte ich da Nein sagen.“
*
An diesem Abend konnte Christian sich nicht auf seine Protokolle konzentrieren. Sein Herz schlug schneller als gewohnt. Das passierte ihm ansonsten nur, wenn Gabriel in der Nähe war. Dann sorgte dessen Anwesenheit dafür, dass es plötzliche Sprünge vollführte oder auch lautstark zu hämmern begann.
Jedes Mal, wenn seine Gedanken zum Nachmittag zurückkehrten, fragte er sich, ob Gabriels Einladung ein Schritt in eine neue Richtung war. Ob
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