Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
erhöhen können. Es war ein konzeptueller Durchbruch, der auch alle Einsparungen ausgelöst hatte, die mir seitdem gelungen waren. Das heftige Herumschwenken unseres Buggys brachte mich und den Elfenjungen in unfreiwilligen Körperkontakt. Als ich beim Griff nach dem Sicherheitsbügel seine Hand streifte, spürte ich, dass sie kalt und schweißnass war.
    Er war nervös! Und wie nervös er war. Aber wieso sollte er nervös sein? Schließlich war ich derjenige, den man umgebracht hatte – vielleicht war er nervös, weil er die Sache zu Ende bringen sollte. Ich warf ihm meinerseits Seitenblicke zu und versuchte verdächtige Ausbeulungen an seiner engen Kleidung zu entdecken, aber das grob gemusterte schwarze Plastikfutter des Doom Buggys war einfach zu düster, um etwas zu erkennen. Dan saß mit einem der ständigen Mitarbeiter des Spukhauses im Buggy hinter uns. Ich wählte seine Hörschnecke an. »Mach dich bereit, auf mein Zeichen hin rauszuspringen«, gab ich ihm subvokal durch. Wenn jemand aus einem Buggy sprang, unterbrach er dabei unweigerlich einen Infrarotstrahl und brachte damit das gesamte
Fahrsystem zum Stillstand. Ich wusste, dass ich mich auch ohne ausgiebige Erklärungen auf Dan verlassen konnte, also konzentrierte ich mich völlig auf Debras Spießgesellen.
    Wir durchquerten den Spiegelkorridor und gelangten danach in den Gang mit den Türen, hinter denen monströse Hände hervorlugten und die Scharniere zum Quietschen brachten. Ihr Hämmern vermischte sich mit Gestöhn vom Band. Ich dachte nach: Welchen Ort würde ich wählen, falls ich jemanden im Spukhaus umbringen wollte? Die Treppe zum Dachboden – die nächste Sequenz – schien mir dafür gut geeignet. Eine kalte Gewissheit überkam mich: Der Elf würde mich im dunklen Treppenhaus umlegen, mich in der verdeckten Kurve, wo der Buggy in den Friedhof abbog, über Bord werfen, und das wär’s dann. Würde er dazu in der Lage sein, wenn ich ihn direkt ansah? Er kam mir schrecklich nervös vor. Ich rutschte herum und blickte ihm in die Augen.
    Während er mich schief angrinste und zum Gruß nickte, starrte ich ihn weiter an, ballte die Hände zu Fäusten und war auf alles gefasst. Inzwischen fuhren wir die Treppe hinunter, leicht nach hinten geneigt, und lauschten dem Geschrei, das vom Friedhof herüberdrang, und dem Krächzen des rotäugigen Raben. Aus dem Augenwinkel sah ich die Animatronik eines Friedhofwächters zittern und schrak so zusammen, dass ich subvokal
ein Wimmern von mir gab. Gleich darauf wurde ich nach vorn geschleudert: Das Fahrsystem war ruckartig zum Stillstand gekommen.
    »Jules?«, hörte ich Dans Stimme in meiner Hörschnecke. »Alles in Ordnung?«
    Als er meine unfreiwillige Überraschungsbekundung gehört hatte, war er sofort aus dem Buggy gesprungen und hatte die Anlage damit angehalten. Der Elf sah mich mit einer Mischung aus Verblüffung und Mitgefühl an.
    »Alles klar, alles klar. Falscher Alarm.« Ich wählte Lil an und teilte ihr auf subvokalem Wege mit, sie möge die Anlage schnellstmöglich wieder starten, es sei nichts passiert.
    Den Rest der Strecke hatte ich die Hände die ganze Zeit am Sicherheitsbügel, richtete den Blick starr nach vorn und ignorierte den Elf hartnäckig. Ich warf einen Blick auf den Timer, den ich hatte mitlaufen lassen. Der Testlauf war eine Katastrophe – ich hatte nicht drei Sekunden eingespart, sondern dreißig hinzugefügt. Mir war zum Heulen zumute.
     
    Ich stieg aus dem Buggy, zwängte mich eilig an der Schlange am Ausgang vorbei, lehnte mich schwerfällig gegen den Zaun und starrte wie blind auf den Friedhof der Kuscheltiere. In meinem Kopf ging alles durcheinander; ich hatte völlig die Beherrschung verloren, hatte Angst vor meinem
eigenen Schatten bekommen. Der Schreck saß mir tief in den Gliedern.
    Dabei gab es gar keinen Grund dafür. Sicher, ich war umgebracht worden, aber was hatte es mich schon gekostet? Ein paar Tage »Bewusstlosigkeit«, während man mein Backup in meinen neuen Körper lud, eine angenehme Lücke in den Erinnerungen zwischen meiner Ankunft am Backup-Terminal und meinem Tod. Ich war doch keiner dieser Blödmänner, die den Tod ernst nahmen. Es war ja nicht so, als hätte man mir nachhaltigen Schaden zugefügt.
    In der Zwischenzeit hatte ich nachhaltigen Schaden angerichtet: Ich hatte Lils Grab noch etwas tiefer geschaufelt, die Ad-hoc-kratie und, schlimmer noch, das Spukhaus gefährdet und mich wie ein Idiot aufgeführt. Mir kam mein Mittagessen hoch, ein

Weitere Kostenlose Bücher