Backup - Roman
der eine Kelle in der Hand hielt. Wir bedauern die Umstände! , stand auf dem Plakat. Nach der Renovierung warten noch tollere Attraktionen auf unsere Gäste!
Hinter dem Schild bemerkte ich einen von Debras Kumpanen, der selbstgefällig grinste. Er hatte sein Leben als Nordchinese mit gedrungenem Körperbau begonnen, doch später die Knochen verlängern und die Wangenknochen anheben lassen, so dass er jetzt fast etwas Elfenhaftes an sich hatte. Sein Grinsen sagte mir alles: Debra hatte auf Liberty Square einen Brückenkopf eingerichtet.
»Eine Stunde, nachdem du niedergeschossen wurdest, haben sie beim Verwaltungskomitee Pläne für die neue Halle eingereicht«, erklärte Dan. »Das Komitee war von den Plänen sehr angetan; im Netz sind sie auch gut angekommen. Sie haben versprochen, vom Spukhaus die Finger zu lassen.«
»Davon hast du gar nichts erwähnt«, sagte ich erbost.
»Wir dachten uns, dass du übereilte Schlüsse ziehen würdest. Das zeitliche Zusammentreffen war sehr verdächtig, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie die Attentäterin engagiert haben.
Alle haben ein Alibi. Außerdem haben alle angeboten, ihre Backups für eine Überprüfung zur Verfügung zu stellen.«
»Aha. So ist das also. Sie hatten ganz zufällig Pläne für die neue Halle in der Hinterhand. Und ganz zufällig haben sie die genau zu dem Zeitpunkt eingereicht, als ich erschossen wurde und all unsere Ad-hoc-kraten mit ihren Gedanken woanders waren, nämlich bei mir.«
Dan schüttelte den Kopf. »Wir sind keine Idioten, Jules. Niemand hält es für einen Zufall. Debra ist ein Mensch, der immer eine Menge Pläne in der Hinterhand hat, nur für den Fall, dass sich etwas ergibt. Aber das bedeutet nur, dass sie eine gut vorbereitete Opportunistin ist, und macht sie noch nicht zur Mörderin.«
Ich fühlte mich erschöpft und mir war übel. Aber als routiniertes Ensemblemitglied zog ich mich in einen Tunnel zurück, ehe ich mit gesenktem Kopf an der Wand zusammensackte. Das Gefühl, eine Niederlage erlitten zu haben, durchströmte mich, überwältigte mich.
Dan hockte sich neben mich. Ich sah ihn von der Seite an. Er grinste schief. »Nehmen wir mal an«, sagte er, »nur für den Moment, dass Debra wirklich dahintersteckt und die Sache arrangiert hat, damit sie den Laden hier übernehmen kann.«
Unwillkürlich musste ich lächeln. Wieder einmal
hielt er mir einen seiner belehrenden Vorträge, so wie er es in den guten alten Tagen immer getan hatte, wenn ich auf einen seiner rhetorischen Tricks reingefallen war. »Okay, nehmen wir’s mal an.«
»Erstens: Welche Gründe könnte sie haben, ausgerechnet dich zu beseitigen, nicht etwa Lil oder einen der echten Veteranen?
Zweitens: Warum konzentriert sie sich nicht auf Tom Sawyers Insel oder das Spukhaus, sondern auf die Halle der Präsidenten?
Drittens: Warum führt sie in diesem Zusammenhang eine derart auffällige, verdächtige Aktion durch?«
»Na gut«, sagte ich und nahm die Herausforderung an.
»Erstens: Ich bin wichtig genug, um für einige Unruhe zu sorgen, aber nicht so wichtig, dass ein Mord an mir eine eingehende Untersuchung auslösen würde.
Zweitens: Tom Sawyers Insel ist zu auffällig. Man kann dort keine Modernisierungen durchführen, ohne dass die Leute vom Ufer aus den Staub aufwirbeln sehen.
Drittens: Debra hat gerade ein Jahrzehnt in Beijing hinter sich, wo auf Feinheiten kein besonderer Wert gelegt wird.«
»Sicher«, sagte Dan, »sicher.« Gleich darauf feuerte er eine Salve von Gegenargumenten ab,
und während ich mir eine Antwort überlegte, half er mir auf die Beine und führte mich zu meinem Sportwagen. Dabei stritt er die ganze Zeit mit mir herum, so dass ich zu der Zeit, als mir auffiel, dass wir nicht mehr im Park waren, schon zu Hause im Bett lag.
Solange die Animatronik in der Halle der Präsidenten eingemottet blieb, hatte Lil so viel Freizeit, dass sie nicht wusste, was sie damit anfangen sollte, also hing sie in dem kleinen Bungalow herum. Gemeinsam saßen wir im Wohnzimmer, starrten matt auf die Fenster und schnappten in der Klaustrophobie erzeugenden Hitze von Florida mühsam nach Luft. Ich hatte meine Arbeitsnotizen über das Management von Warteschlangen am Spukhaus vor mir liegen und kritzelte ziellos darin herum. Manchmal loggte sich Lil in mein Headmount-Display ein, um einen Blick auf meine Arbeit zu werfen, und machte Vorschläge, die auf ihrer langjährigen Erfahrung beruhten.
Es erforderte einiges Fingerspitzengefühl, den
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