Backup - Roman
allmählich hatte ich das Gefühl, dass wir in dieser Sache an einem Strang zogen.
Eines Nachmittags kam ich mit einem Stapel von Ausdrucken nach Hause. Als ich ins Wohnzimmer trat, platzte ich sofort damit heraus, dass ich meinen ursprünglichen Plan noch verbessern würde. Ich hatte vor, die Fahrt um einen dritten Abschnitt zu erweitern, der zu Fuß durchquert werden sollte. Damit würden wir die Anzahl der via Telepräsenz gesteuerten Roboter weiter erhöhen können, ohne Abstriche bei der Höchstzahl von Besuchern vornehmen zu müssen.
Ich schwadronierte gerade vor mich hin, als meine Systeme plötzlich wieder online waren. Was im Zimmer klammheimlich ausgetauscht wurde, war auf einmal deutlich auf meinem Headmount zu lesen.
Und dann werde ich dir jeden Fetzen Kleidung runterreißen und über dich herfallen.
Und was dann?
Dann werde ich dich bumsen, bis du auf dem Zahnfleisch kriechst.
Meine Güte, Lil, du kannst einen wirklich zureiten …
Ich schloss die Augen und blendete alles bis auf die leuchtenden Buchstaben aus. Binnen Sekunden verschwanden sie wieder. Ich öffnete die Augen und sah Lil an, die rot angelaufen war und einen verstörten Eindruck machte. Dan wirkte erschrocken.
»Was geht hier vor, Dan?«, fragte ich ruhig. Das Herz hämmerte mir in der Brust, aber ich blieb gelassen und distanziert.
»Jules«, begann er, verstummte aber gleich wieder und blickte zu Lil hinüber.
Lil hatte inzwischen begriffen, dass ich wieder online war und ihre geheime Plauderei mitbekommen hatte.
»Amüsierst du dich gut, Lil?«, fragte ich.
Lil schüttelte den Kopf und sah mich finster an. »Geh einfach, Julius. Ich lass dir deinen Kram ins Hotel bringen.«
»Du willst also, dass ich gehe, ja? Damit du ihn bumsen kannst, bis er auf dem Zahnfleisch kriecht?«
»Das ist mein Haus, Julius. Und ich fordere dich auf, es zu verlassen. Wir sehen uns morgen bei der Arbeit – wir haben eine Ad-hoc-Vollversammlung
einberufen, um über die Modernisierung abzustimmen.«
Es war ihr Haus.
»Lil, Julius …«, begann Dan.
»Das geht nur ihn und mich an«, sagte Lil. »Halt dich da raus.«
Ich ließ meine Unterlagen fallen. Am liebsten hätte ich sie den beiden an den Kopf geworfen, aber ich ließ sie einfach fallen, flapp , machte auf den Hacken kehrt und ging hinaus, ohne die Tür hinter mir zu schließen.
Zehn Minuten, nachdem ich im Hotel eingetroffen war, tauchte Dan dort auf und rüttelte an meiner Tür. Ich war völlig weggetreten, als ich die Tür öffnete. Er hatte eine Flasche Tequila dabei – meinen Tequila, den er aus dem Haus mitgebracht hatte, das ich mit Lil bewohnt hatte.
Er setzte sich aufs Bett und starrte auf die mit Logos gemusterte Tapete. Ich nahm ihm die Flasche ab, holte aus dem Badezimmer zwei Gläser und goss ein.
»Es ist meine Schuld«, erklärte er.
»Dachte ich mir.«
»Wir haben vor einigen Tagen abends ein paar Gläser miteinander getrunken. Sie war wirklich deprimiert. Hatte dich seit Tagen nicht gesehen, und wenn sie dich mal zu sehen bekam, bist du immer gleich auf sie losgegangen. Du hast sie
nur angeschnauzt, mit ihr gestritten, sie beleidigt. «
»Also hast du’s ihr besorgt.«
Er schüttelte den Kopf, dann nickte er und trank einen Schluck. »Ich geb’s zu. Es ist lange her, seit ich das letzte Mal …«
»Du hast mit meiner Freundin geschlafen, in meinem Haus, während ich arbeiten war.«
»Jules, es tut mir leid. Ich hab’s getan, und nicht bloß einmal. Ich war euch beiden kein besonders guter Freund. Sie ist ziemlich niedergeschlagen. Sie wollte, dass ich zu dir fahre und dir sage, dass es alles ein Missverständnis war, dass du einfach paranoid gewesen bist.«
Wir saßen eine Zeitlang schweigend da. Ich füllte sein Glas nach, dann meins.
»Ich konnte es nicht«, sagte er. »Ich mache mir Sorgen um dich. Irgendetwas stimmt nicht mit dir, schon seit Monaten fällt’s mir auf. Ich weiß nicht, was es ist, aber du solltest einen Arzt aufsuchen. «
»Ich brauche keinen Arzt«, fuhr ich ihn an. Der Schnaps hatte das taube Gefühl beseitigt und eine schwärende Wut und einen galligen Geschmack im Mund zurückgelassen, meine ständigen Begleiter. »Ich brauche einen Freund, der nicht gleich meine Freundin bumst, wenn ich ihm den Rücken zuwende.«
Ich warf mein Glas an die Wand. Es prallte ab,
hinterließ Tequila-Flecken an der Wand und rollte unters Bett. Dan zuckte zusammen, blieb aber sitzen. Wäre er aufgestanden, hätte ich ihm eine verpasst. Dan ist gut
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