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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ich den Streit angefangen. »Man wird uns fertigmachen, wenn wir den Arsch nicht hochkriegen und die Modernisierung in Angriff nehmen«, sagte ich, ließ mich aufs Sofa plumpsen und trat gegen den zerkratzten Kaffeetisch. Ich merkte selbst, wie hysterisch und irrational meine Stimme klang, und das machte
mich nur noch wütender. Ich war frustriert, weil ich offline war und Suneep und Dan nicht kontaktieren konnte. Wie üblich war es zu spät geworden, jemanden anzurufen und etwas dagegen zu unternehmen. Und am Morgen würde ich es bestimmt wieder vergessen.
    »Ich tu ja, was ich kann, Jules«, schnauzte Lil aus der Küche zurück. »Wenn du weißt, wie man’s besser machen kann, dann nur raus mit der Sprache.«
    »Ach, Scheiße. Ich tu doch auch, was ich kann. Ich hab das Ding durchgeplant, und von mir aus könnte es sofort losgehen. Es war deine Aufgabe, die Ad-hocs darauf vorzubereiten, aber du sagst mir immer wieder, dass sie noch nicht so weit sind. Wann werden sie denn so weit sein?«
    »Meine Güte, du gehst mir wirklich auf die Nerven.«
    »Ich würde dich ja gar nicht damit nerven, wenn du einfach ein bisschen mehr Dampf machen würdest. Was treibst du denn den ganzen Tag? Leistest du immer noch deine Schichten im Spukhaus ab? Rückst du die Liegestühle auf Deck zurecht, damit die Passagiere das große Abenteuer der Titanic besser genießen können?«
    »Ich schufte bis zum Umfallen. Hab in dieser Woche mindestens zweimal mit jedem Einzelnen der Gruppe darüber gesprochen, verdammt noch mal.«

    »Klar«, brüllte ich zur Küche hinüber. »Ganz bestimmt.«
    »Wenn du mir nicht glaubst, dann kontrollier doch einfach die Liste meiner Anrufe.«
    Sie wartete.
    »Was ist? Schau nach!«
    »Später«, sagte ich, weil ich schon ahnte, wohin dieses Gespräch führen würde, wenn wir so weitermachten.
    »Das darf doch nicht wahr sein!« Wutschnaubend stolzierte sie ins Zimmer. »Erst behauptest du, dass ich lüge, und dann weigerst du dich, den Gegenbeweis zur Kenntnis zu nehmen.« Sie stemmte die Hände in die schlanken Hüften und starrte mich finster an. Sie war blass geworden, und ich konnte alle Sommersprossen auf ihrem Gesicht, ihrer Kehle, ihren Schlüsselbeinen und im Dekolleté zählen. Sie trug das alte Hemd mit V-Ausschnitt, das ich ihr bei einem Tagesausflug nach Nassau geschenkt hatte.
    »Und?«, fragte sie und schien in der Stimmung, mir den Hals umzudrehen.
    »Ich kann’s nicht«, erwiderte ich und wich ihrem Blick aus.
    »Doch, du kannst – hier, ich schieb dir die Daten in dein öffentliches Verzeichnis rüber.«
    Als sie vergeblich versuchte, mich in ihrem Netzwerk zu lokalisieren, zeichnete sich Verwirrung auf ihrem Gesicht ab. »Was geht hier vor?«
    Ich sagte es ihr. Gab zu, dass ich vom Netz abgeschnitten war – ein Ausgestoßener, der nicht mehr funktionierte.
    »Warum bist du denn nicht zum Arzt gegangen, wenn du das Problem schon seit Wochen hast?! Ich ruf ihn sofort an.«
    »Lass es«, sagte ich. »Ich geh morgen hin. Es bringt nichts, ihn jetzt aus dem Bett zu klingeln.«
    Aber ich ging nicht hin, weder am folgenden Tag noch am Tag darauf. Ich hatte zu viel zu tun, und wenn mir zwischendurch einfiel, dass ich jemanden anrufen sollte, war ich entweder zu weit vom nächsten öffentlichen Terminal entfernt oder es war zu spät oder zu früh. Meine Systeme waren zwar einige Male für kurze Zeit online, doch ich war zu sehr mit den Plänen für das Spukhaus beschäftigt. Lil gewöhnte sich an die Stapel von Ausdrucken, die überall im Haus herumlagen, und sie gewöhnte sich auch daran, ihre Anmerkungen zu meinen Entwürfen auszudrucken und sie auf meinem Lieblingsstuhl zu deponieren – kurz gesagt, so zu leben wie ein Höhlenmensch des Informationszeitalters, umgeben von toten Bäumen und tickenden Uhren. Dass ich offline war, half mir, mich zu konzentrieren – obwohl Konzentration vielleicht nicht das passende Wort dafür ist; man könnte eher sagen, dass ich wie besessen war. Ich hockte rund um die Uhr vor dem Terminal, das ich mit nach
Hause gebracht hatte, heckte Pläne aus und sprach auf Mailboxen. Leute, die mich erreichen wollten, mussten sich in unser Haus bemühen und persönlich mit mir reden.
    Mittlerweile war ich zu besessen, um mich herumzustreiten, und als Dan wieder ins Haus zog, nahm ich mir meinerseits ein Hotelzimmer, damit das Klappern meiner Tastatur ihm nicht den Schlaf raubte. Er und Lil arbeiteten rund um die Uhr, um die Ad-hocs für unsere Sache zu gewinnen, und

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