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Backup - Roman

Backup - Roman

Titel: Backup - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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riefen den Sicherheitsdienst der Universität zu Hilfe, damit sie an ihre Katheder zurückkehren konnten, und wurden von den Wachmannschaften der Ad-hocs, die selbstgeschneiderte Uniformen trugen, zurückgedrängt. Der Sicherheitsdienst der Universität verstand die Botschaft – jeder ist ersetzbar – und hielt sich zurück.
    Die Professoren belagerten die Universität und gingen dazu über, ihre Vorlesungen und Seminare draußen auf dem Campus abzuhalten. Ihr Publikum bestand aus angepassten Strebern, die fürchteten, man werde die von den Ad-hocs geleiteten Lehrveranstaltungen bei der Abschlussprüfung nicht anerkennen. Idioten wie ich wechselten zwischen den Lehrveranstaltungen inner-und außerhalb des Gebäudes hin und her und lernten hier wie dort nicht viel.

    Niemand lernte viel. Die Professoren verwendeten ihre Unterrichtszeiten darauf, sich zugunsten ihres Woppel einzuschleimen, und zogen ihre Seminare wie Selbsthilfegruppen anstatt wie Lehrveranstaltungen auf. Die Ad-hocs vergeudeten ihre Zeit damit, über die Professoren zu lästern und deren Lehrmaterial in der Luft zu zerreißen.
    Am Ende des Semesters bekam jeder eine gute Note und der Senat der Universität löste das Soziologieprogramm zugunsten eines Fernstudiums auf, das von Concordia in Montreal angeboten wurde. Vierzig Jahre später war der Kampf für immer entschieden. Nachdem die Ersten ein Backup von sich angelegt und die erste Wiederbelebung hinter sich hatten, zog der Rest der Bitchun Society nach und es etablierte sich ein neues Wertesystem.
    Möglich, dass diejenigen, die sich gegen Backups und Wiederbelebungen entschieden, das neue System ablehnten. Aber, na ja, inzwischen sind sie alle ausgestorben.
     
    Die Ad-hocs von Liberty Square marschierten Schulter an Schulter durch die Tunnel und nahmen das Spukhaus gemeinschaftlich wieder in Besitz. Dan, Lil und ich marschierten in vorderster Reihe und achteten darauf, dass wir einander nicht berührten, als wir durch die Tür zu den Garderoberäumen schlüpften und uns hintereinander
aufstellten, um das Material rauszuschaffen, das Debras Leute dort aufgestapelt hatten. Wir bildeten eine Kette bis zur Eingangsterrasse der Halle der Präsidenten, wo wir den Krempel kurzerhand abluden.
    Als das Gröbste erst einmal beseitigt war, teilten wir uns in Gruppen auf und durchkämmten das ganze Spukhaus, die Wartungskorridore und Dioramen, den Pausenraum und die Geheimgänge, sammelten jedes kleinste Stück ein, das Debra montiert hatte, und brachten es vor die Tür.
    In der Dachkammer liefen mir Kim und drei ihrer kichernden kleinen Freunde über den Weg. Ihre Augen glänzten im gedämpften Licht. Bei dem Geschnatter dieser transhumanen Jugendlichen verkrampfte sich mein Magen; plötzlich musste ich an Zed, an Lil und an mein vom Netz abgekoppeltes Gehirn denken und spürte schlagartig den Drang, diese Kids verbal fertigzumachen.
    Doch ich verzichtete darauf, denn es hätte nur in den Wahnsinn gewaltsamer Auseinandersetzungen geführt. Hier ging es lediglich darum, das zurückzuholen, was uns gehörte, und nicht darum, die Eindringlinge zu bestrafen. »Kim, ich glaube, du solltest jetzt gehen«, sagte ich ruhig.
    Sie schnaubte und sah mich angewidert an. »Wer ist denn gestorben und hat dich zum Chef ernannt?«, fragte sie. Ihre Freunde hielten das für
sehr mutig und unterstrichen es mit finsteren Blicken und dem typischen Hüftschwung von Leuten mit doppelten Kniegelenken.
    »Kim, du kannst sofort gehen oder auch später. Je länger du bleibst, desto schlimmer wird es für dich und dein Woppel. Du hast Mist gebaut und gehörst nicht mehr zum Spukhaus. Geh nach Hause, geh zu Debra. Bleib nicht hier und komm auch nicht zurück. Niemals.«
    Niemals. Trenn dich von diesem Ding, das du liebst, von dem du besessen bist, für das du gearbeitet hast. »Sofort«, sagte ich leise und einschüchternd, mit kaum gebändigtem Zorn.
    Sie schlenderten auf den Friedhof und zischten mir Bosheiten zu. Oh, sie hatten reichlich neues Material, das sie an die Sites schicken konnten, die Stimmung gegen mich machten, und würden sich damit jede Menge Woppel-Punkte bei Leuten verdienen, die mich für den Abschaum der Menschheit hielten – eine in jenen Tagen weitverbreitete Ansicht.
    Ich verließ das Spukhaus, betrachtete die Kette von Leuten, die Debras Kram hinausbeförderten, und folgte ihr bis zur Halle der Präsidenten. Der Park war seit einer Stunde geöffnet; Scharen von Gästen beobachteten verwundert das

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