BAD BLOOD - Gesamtausgabe: Die Saga vom Ende der Zeiten (über 3000 Buchseiten!) (German Edition)
mit?«
Levar verstummte, und er sprach auch lange nicht, nachdem er und Heaven wieder in New Orleans einfuhren. Zefrems Asche blieb am Rand der Sümpfe zurück.
In New Orleans wartete niemand auf Heaven.
Nur ein leeres Hotelzimmer.
Und ein kurzer Brief in geschwungener Handschrift.
Heaven, meine Liebe,
ich weiß nicht, ob du diese Zeilen je lesen wirst, aber für den Fall, dass du es tust, möchte ich Dir sagen, dass es wunderschön war. Ich hätte der herrlichen Nacht gerne einen ebensolchen Mardi Gras folgen lassen – und auch weitere Nächte wie unsere erste...
Aber vielleicht ist es gut so, wie es gekommen ist.
Ich weiß nicht, wo Du bist, was Du tust – und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht einmal,
was
Du bist. Nur eines: Das seltsamste und doch wundervollste Wesen, dem ich je begegnet bin.
Ich spüre, dass es Dir gut geht. Und bin glücklich.
Alles Liebe, Patsy
»
Es ist gut so, wie es gekommen ist. Glaub mir, Patsy«, flüsterte Heaven.
Und sie sah dabei Beth MacMoores Gesicht.
Totem des Bösen
New Orleans, Mitternacht
Hier unten stank es durchdringend nach Schweiß, Tod und Verwesung. Schwarze Kerzen warfen mehr Schatten als Licht. Über den Boden verstreut lagen Tieropfer auf blutrot leuchtenden Fetischen. Zwei Gruppen von Musikern wechselten sich im Spiel ihrer Trommeln, Glocken und mit Glasperlen besetzten Stöcke ab. Ein Kinderchor sang. Frauen tanzten aufgeputscht. Ihre rituell bemalten Oberkörper waren entblößt, ihre schweren Brüste und drallen Bäuche wogten.
Alles war in Bewegung. Alles trieb dem Höhepunkt dieser teuflischen Zeremonie entgegen...
Isaak Germain, der Großmeister, war zufrieden, doch solche Gefühle ließ er sich nicht anmerken. Sein Gesicht unter der weißen Kappe strahlte nichts anderes aus als patriarchalische Autorität.
Kühl blickte er auf den Körper hinab, der festgebunden auf dem Altarstein lag, die nackte Haut mit Kerzenwachs beträufelt.
Beschwörungsmuster.
Der Grand Commandeur des Kults kannte die schön gewachsene Gestalt, der neben der Kopf- und Schambehaarung auch die Brauen entfernt worden waren, seit ihrer Geburt. Einst hatte er Aimee getauft, wie es in ihren Kreisen üblich war – und heute würde er ihr das Leben nehmen, um die Geister des Wahnsinns zu besänftigen. Um dem die Stirn zu bieten, was Germain in seinen
Gesichtern
der letzten Tage und Nächte gesehen hatte...
Der Voodoo-Meister sog die Angst des Mädchens förmlich in sich ein. Weit aufgerissene Pupillen starrten ihn flehentlich an – wissend, dass keine Gnade zu erwarten war.
Als ein gurgelnder Schrei aus der zerschnittenen Kehle eines Hahns ertönte, versuchte der blutverschmierte Mädchenmund die Nähte aus Tiergedärm zu sprengen, die ihn geschlossen hielten.
Es misslang, und der Schmerz der vergeblichen Anstrengung ließ weitere Äderchen im unschuldigen Weiß der Augen platzen. Salzige Tränen rannen über glatte, bleiche Wangen, drangen in die gestochenen Wunden und entfachten neue Qual.
Die Gehilfen des Großmeisters standen auf der anderen Seite des Altars. Im Gegensatz zu Isaak Germain weideten sie sich ungeniert an den Leiden des menschlichen Wesens, dessen Blut den Schutzzauber des Kults erneuern sollte.
Gesang und Tanz der Voodoosi wurde immer aggressiver, immer fordernder.
Der Grand Commandeur kannte diesen Effekt von vielen anderen Zusammenkünften und betrachtete sich selbst nur als Katalysator, an dem sich die Emotionen ihrer geheimen Allianz entzündeten. Nicht
er
war das Monster, das bereit war, ein junges Menschenleben zu zerstören... Die Summe aller Begierden, die in den Augen der hier Versammelten loderte, war monströs!
Sie alle kannten Aimee seit ihrer Geburt – und sie alle wussten, dass sie selbst das
nächste
Opfer der
nächsten
Zeremonie sein konnten...
... doch damit lebten sie.
Weil ihnen nichts anderes übrig blieb.
Weil sie vor vielen Jahren unwissentlich erweckt hatten, was seither ihre Namen, ihre Gesichter, den
Abdruck ihrer
Seelen
kannte und sie dadurch überall finden konnte.
Nur die Gemeinschaft bot Schutz.
Die Talismane.
Die Rituale.
Die Opfer...
Isaak Germain kannte das Aussehen dessen, was sie fürchteten, so wenig wie seine Jünger. Dennoch zweifelte er keine Sekunde an seiner
Existenz
.
Generationen zuvor waren seine Vorfahren von gewinnsüchtigen Sklavenhändlern aus Schwarzafrika hierher verschleppt worden. Billige, rechtlose, vogelfreie Arbeitskräfte. Und das einzige, was
Weitere Kostenlose Bücher