Bad Fucking
man einen Bison mit heraushängenden Eingeweiden, der mit seinem Schwanz einen kleinen Mann niederstreckte, eine Art Strichmännchen, das mit rechtwinkelig abstehendem Geschlechtsteil nach hinten fiel. Auf anderen Fotos sah man Bären, Antilopen und ein riesiges Nashorn mit nach vorne gebeugtem Schädel und zwei imposanten Hörnern. Dann waren zwei mächtige Mammuts zu sehen, die miteinander kämpften. Und schließlich sah man ein Pferd, dessen Beine im leeren Raum vergeblich nach Halt suchten. Es machte den Eindruck, als würde es vom Himmel fallen.
»So, what is this about?«, fragte Sunny, während sich Milena eine weitere Zigarette anzündete.
»These are the pictures from the cave, which I took yesterday«, antwortete Milena und blies langsam den Rauch in die Luft.
»And where is this cave?«
»The name of the village is Bad Fucking.« Milena blickte in drei fragende Gesichter.
Dr. Ulrich saß am Schreibtisch und wählte dieselbe Nummer, die er am Tag zuvor gewählt hatte, als Jagoda und Bartl gerade den Hund verarzteten. Die Szene im Fotogeschäft hatte das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht, und es war höchste Zeit, einige Dinge zum Abschluss zu bringen. Während er auf die Verbindung wartete, betrachtete er das Foto, das der Grund für Veronika Sandleitners lächerlichen Erpressungsversuch war. ›Die sollen mich alle am Arsch lecken.‹
Am anderen Ende der Leitung meldete sich Kilian Schallmoser, der nach wie vor in seinem Zimmer im Hotel
Zur Stadt Prag
saß und vergeblich auf die Übergabe des Chips mit den Fotos von den Höhlenmalereien wartete. Eigentlich hätte diese Aktion der Prolog zu seinem großen Auftritt in Bad Fucking sein sollen, aber so, wie es aussah, musste dieser Auftritt noch ein wenig warten. In seiner grenzenlosen Dummheit hatte er geglaubt, sich die dreitausend Euro für die Beschaffung der Fotos ersparen zu können, indem er zwei Typen losschickte, die der betreffenden Person den Chip einfach abnehmen sollten. Dabei kannte er die Spielregeln ganz genau: Aufträge, die ordnungsgemäß ausgeführt wurden, mussten auch bezahlt werden. Das hatte während der fünf Jahre,die er in Prag im Halbschatten verbrachte, immer so funktioniert. Aber nachdem Kilian vor ein paar Wochen aus Prag abgehauen war und der Deal in Österreich über die Bühne ging, hatte er sich eingebildet, dass sich das alles
irgendwie
schon ausgehen werde.
»Jetzt reg dich nicht auf, verdammt noch einmal«, sagte Kilian gereizt. »Mein Mittelsmann in Prag hat mir versprochen, dass alles glatt über die Bühne gehen wird. Ich habe gerade wieder mit ihm telefoniert, aber er erreicht momentan die zuständigen Leute nicht.«
Das war natürlich gelogen, denn Kilians Mittelsmann in Prag hatte ihn sofort angerufen, als er von Milena erfahren hatte, dass es bei der Übergabe zu Problemen gekommen war, und die sofortige Bezahlung des vereinbarten Honorars verlangt. Wer die Person war, die die Fotos von den Höhlenmalereien gemacht hatte, wusste Kilian natürlich nicht. Die Agenturen arbeiteten grundsätzlich nach dem Prinzip, dass Auftraggeber und Täter aus Sicherheitsgründen einander nicht kannten. Wurde jemand bei einem Diebstahl oder Einbruch erwischt, konnte die Polizei die Spur nie bis zum Auftraggeber zurückverfolgen.
In Prag hatte Kilian fünf Jahre lang für die Agentur
Impex Praha
gearbeitet, die offiziell
Waren aller Art
einund ausführte. Während eines kleinen Drogendeals in Prag war Kilian an einen Mitarbeiter dieser Firma geraten, und da er ohnehin nicht wusste, wie er sich über Wasser halten sollte, hatte er den ihm angebotenen Job angenommen. Chef dieser Agentur war Jiří Chalupka, ein ehemaliger Agent des tschechischen Geheimdiensts, den alle nur
Rambo
nannten und der über beste Beziehungen zur Polizei verfügte.
Zu Kilians Tätigkeitsbereich gehörten ausschließlich Autodiebstähle, wobei Gewalt gegen Personen unbedingtzu vermeiden war. Dafür waren andere Agenturen zuständig. Auch die Taschendiebstähle während der Sommermonate wurden von bestimmten Agenturen organisiert, deren Operationsgebiete genau abgesteckt waren. Versuchte jemand, auf eigene Faust Geschäfte zu machen, kam die betreffende Person zunächst einmal mit einem blauen Auge davon, beim zweiten Mal musste sie bereits mit einer gebrochenen Schulter rechnen, und beim dritten Mal konnte es sein, dass ihr das
Lied von der Moldau
vorgesungen wurde:
Am Grunde der Moldau, da wandern die Steine
…
Als Autodieb hatte man pro
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