Bad Fucking
fünftausend Euro morgen nicht zurückbekomme?«
»Ich halte mich an unsere Abmachung«, sagte Kilian und legte auf.
Dr. Ulrich saß in der Falle, weil er wusste, dass Kilian noch einen Trumpf im Ärmel hatte. Kilian hatte ihm seinerzeit nämlich jenen Doppelgänger vermittelt, der an der Uni Wien in seinem Namen die Lateinprüfung ablegte, ohne die er das Medizinstudium nicht hätte abschließen können. Jakob war in Latein eine Niete und hätte diese Prüfung nie und nimmer geschafft. Also war er heilfroh, dass ihm Kilian in dieser brenzligen Situation aus der Patsche half. Die Fahrt nach Palermo war so etwas wie Jakobs Gegenleistung für diesen Freundschaftsdienst gewesen, allerdings hatte er das Gefühl, dass der Preis dafür zu hoch war.
Dr. Ulrich wollte gerade zum Tresor gehen, als plötzlich Jagoda Dragičević in der Tür stand.
»Jagoda, was machen Sie hier? Heute ist doch Dienstag.«
»Ja, ich weiß«, antwortete Jagoda und warf einen Blick auf den Schreibtisch, wo das ominöse Foto lag. »Ich bin vorbeigekommen, weil ich mit Ihnen reden muss.«
Dr. Ulrich stellte sich neben den Schreibtisch und schob das Foto unter die Zeitschrift
Dentamed
. »Worüber müssen Sie mit mir sprechen?«
»Es geht um diese Sache zwischen uns«, antwortete Jagoda. »Ich werde Ihrer Frau erzählen, was wir beide gemacht haben.«
Dr. Ulrich war sich für einen kurzen Moment nicht sicher, ob nicht irgendwo im Raum eine Kamera versteckt war. Für eine dieser lustigen Sendungen im Fernsehen. »Was haben Sie gesagt? Sie wollen meiner Frau erzählen –.«
»Ich kann das nicht mehr machen«, sagte Jagoda und legte die Ordinationsschlüssel auf den Schreibtisch. Die Reserveschlüssel hatte sie sich vorsichtshalber behalten.
Jagoda hatte zwar den Faden verloren, wusste aber, dass sie zumindest einen Satz loswerden musste. Und dieser Satz lautete: »Ich möchte von Ihnen viertausend Euro, dann verschwinde ich für immer aus Bad Fucking, und Ihre Frau wird nie erfahren, was zwischen uns vorgefallen ist.«
Dr. Ulrich starrte Jagoda an und versuchte zu lachen. Irgendjemand erlaubte sich gerade einen Mordsspaß mit ihm. In seinem Kopf wurden die Namen Veronika Sandleitner, Kilian Schallmoser und Jagoda Dragičević durch einen Fleischwolf gedreht, und heraus kam so etwas wie VerodaSchallčevićKilonikaDragleitner.
Es war absurd. Vor vierundzwanzig Stunden war sein Leben noch in bester Ordnung gewesen – zumindest bildete er sich das in diesem Augenblick ein – und plötzlich stand alles Kopf.
»Ich verstehe das nicht, Jagoda, ich habe Sie doch immer bezahlt. Wollen Sie mehr Geld?«
»Nein«, antwortete Jagoda, »ich möchte zurück nach Belgrad. Und zwar so schnell wie möglich.«
»Belgrad?«, fragte der Zahnarzt überrascht. »Was wollen Sie in Belgrad? Ich dachte, Sie sind aus Kroatien.«
»Ich stamme aus Belgrad und möchte dorthin zurück, wo ich herkomme.«
»Ich verstehe«, sagte Dr. Ulrich und betrachtete das Cover der Zeitschrift
Dentamed
. Schöne Frauen zeigten schneeweiße Zähne, und braungebrannte Zahnärzte hielten lächelnd Hightech-Bohrer in die Kamera. »Sie wollen also zurück nach Belgrad und brauchen dazu Geld.«
»Ja«, antwortete Jagoda verunsichert. »Ich möchte von Ihnen viertausend Euro, dann wird Ihre Frau nicht erfahren, was zwischen uns beiden geschehen ist.«
»Das ist alles ein bisschen viel. Ich muss erst darüber nachdenken. Lassen Sie uns am Montag darüber sprechen.«
»Es wird keinen Montag mehr geben. Ich möchte das Geld bis morgen Nachmittag um Punkt 16 Uhr. Ich hole es mir hier ab.« Jagoda drehte sich um und verließ die Ordination.
Dr. Ulrich setzte sich nieder und nahm die beiden Schlüssel zur Hand, die Jagoda auf den Schreibtisch gelegt hatte. Auf dem runden Schlüsselanhänger stand
Beograd
, und das Reliefbild zeigte eine Burg und einen Fluss. Er holte das Foto unter der Zeitschrift hervor und betrachtete es wehmütig. »Das ist also auch vorbei«, murmelte er und zerriss das Foto.
»Wahnsinn! Also, wenn sich diese Malereien tatsächlich in dieser Höhle befinden, dann ist das eine absolute Sensation.« Adalbert deutete auf den Monitor seines Laptops. »Hier, das ist ein Bericht über die Höhlen im Ardèche-Tal in Südfrankreich. Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde in Europa bisher nur eine einzige Höhle mit solchen Tiermalereien entdeckt. Da steht es:
Speläologen nennen die grandiose, nahezu 35.000 Jahre alte Steinzeitgalerie bei Vallon-Pont-d’Arc einen
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