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Bad Fucking

Bad Fucking

Titel: Bad Fucking Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Palm
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Jahreshauptversammlung des Vereins
Rettet die Aale
hatten sich im Extrastüberl des Gasthauses
Zum Mohren
der Vereinsobmann Julius Wellisch (enthusiastisch), der Hilfsgendarm Arthur Stallinger (widerwillig), der Gemischtwarenhändler Manfred Nutz (man muss im Geschäft ja mitreden können), der Totengräber Franz Schreckenschlager (wegen dem Gratisbier), die pensionierte Handarbeitslehrerin Theresia Sonnleitner (Umweltschutz!) und der Fleischhauer Ignaz Pamminger (sicher ist sicher) eingefunden. Wegen der Hitze hatte dieKellnerin Roswitha bereits in der Früh die Vorhänge zugezogen, weshalb es im Stüberl noch mehr stank als sonst. Der Zigarettenrauch, der sich im Laufe der Jahrzehnte in die Wände hineingefressen hatte, und der Alkohol, der in die Holzdielen gesickert war, trugen das Ihre zur speziellen Duftnote in diesem Raum bei. Aber das schien die Anwesenden, von der Handarbeitslehrerin einmal abgesehen, nicht weiter zu stören.
    Wellisch, der in der Abstellkammer neben dem WC ein altes Rednerpult gefunden hatte, legte sich seine Notizen zurecht und holte weit aus: »Es gibt keine Ausländer und auch keine Inländer. Wir kommen nämlich alle in Wirklichkeit aus dem Wasser. Das ist der Ursprung des Lebens, also auch von uns Menschen.«
    »Genau, die Ausländer gehören alle ins Wasser!«, schrie der schwerhörige Totengräber, um sich sofort wieder seinem Bier und seiner stinkenden Virginia zu widmen.
    Wellisch tat so, als hätte er den Zwischenruf gar nicht gehört. »Und gerade der Aal spielt in dieser Hinsicht eine ganz wichtige Rolle. Ich glaube, dass der Aal von den Indianern zu Recht als heiliges Tier verehrt wird. In diesem Punkt sollten wir uns ein Beispiel an den Indianern nehmen.«
    Der Totengräber rief begeistert: »Genau, der Winnetou ist ein Heiliger!«
    »Die Indianer haben den Aal in Ehren gehalten, weil er ihnen das Überleben ermöglicht hat. Der Aal könnte auch uns hier in Bad Fucking das Überleben sichern. Alles, was wir tun müssen, ist darauf vertrauen, dass er am 15. Juli bei Vollmond wieder in den Höllensee zurückkehrt.«
    Die Handarbeitslehrerin war kurz eingenickt und ließ im Halbschlaf einen so lauten Furz, dass sie davon aufwachte. Peinlich berührt richtete sie sich ihre Frisurund tat so, als wäre nichts passiert. Der Fleischhacker Pamminger rümpfte die Nase und sagte halblaut: »So eine Sau.«
    Wellisch bekam von diesem kleinen Zwischenfall nichts mit. »Sie werden kommen, in rauen Mengen werden sie kommen über die Wiesen und über die Felder und durch die Wälder, und sie werden sich im Höllensee niederlassen, und dann können wir sie fangen und die Touristen können kommen, sie können jedes Jahr kommen und Aale fangen, soviel sie wollen, und wir werden alle reich und schön werden.«
    Plötzlich machte Wellisch eine Kunstpause und hob drohend seinen rechten Zeigefinger. »Aber es gibt einige in unserem Ort, die nicht wollen, dass die Aale zurückkommen. Es gibt einige, die am Höllensee ein Hotel bauen wollen, wo dann für die Aale kein Platz mehr wäre. Was soll dann aus den Aalen werden, frage ich euch?«
    Der Gemischtwarenhändler Manfred Nutz fühlte sich angesprochen und antwortete achselzuckend: »Das weiß ich doch nicht.«
    »Kennt ihr nicht das große Buch der Aale, an dem seit Jahrtausenden spitzfindige Denker, Mystiker und Skeptiker, Fabulierer und brillante Wissenschaftler arbeiten? Kennt ihr nicht den berühmten John Sidley, der 1980 in einer einzigen Saison einundzwanzig Aale mit mehr als einem halben Kilogramm, einundsiebzig Aale mit mehr als einem, vierundfünfzig Aale mit mehr als eineinhalb, fünfzehn Aale mit mehr als zwei, zwei Aale mit mehr als zweieinhalb und zwei Aale mit mehr als drei Kilogramm gefangen hat?«
    »John wie? Ich kenne nur den John Wayne, aber der hat keine Aale gefangen, sondern Indianer«, murmelte Schreckenschlager.
    »Kennt ihr nicht die Geschichte aus Pisa, wo im Jahr 1667 im Arno innerhalb von fünf Stunden eineinhalb Tonnen, das sind 500 Millionen Stück, Steigaale gefangen wurden? Wisst ihr, was das für Bad Fucking bedeuten würde?«
    Die Handarbeitslehrerin Theresia Sonnleitner versuchte krampfhaft, Wellischs Ausführungen zu folgen. »Das heißt nichts anderes, als dass jeder der 1456 Einwohner Bad Fuckings Eigentümer von 343.406 Aalen wäre.«
    So, wie Wellisch jetzt sprach, hätte man meinen können, einen amerikanischen Wanderprediger vor sich zu haben. »Ein Kilo Aal kostet heute auf dem Markt zehn Euro, bei 343.406

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