Bad Monkeys
mal das, was er gekriegt hat, und wenn ich nicht stark genug war, um ihn heimzubringen, konnte ich ihm wenigstens etwas Zeit verschaffen, damit er selbst den Weg zurückfinden würde.
Das ist also meine Geschichte.« Sie zuckt die Achseln und lässt sich gegen die Stuhllehne zurückfallen. »Was meinen Sie?«
»Mir ist nicht ganz klar, was Sie von mir hören möchten, Jane.«
»So schlimm, ja?«
»Ich könnte auf ein paar weitere Schwachstellen in Ihrer Erzählung hinweisen, wenn Sie möchten«, sagt der Arzt. »Ich könnte Ihnen sagen, dass nach Kenntnis der Polizei keine Leichen im Venetian aufgefunden wurden: keine abgeschlachteten Gäste im Penthouse, keine Pantomimen mit aufgeschlitzten Kehlen am Grand Canal. Ich könnte Ihnen sagen, dass die Wachleute vom Luxor absolut sicher sind, an dem Abend nicht zwei, sondern nur eine einzige Jane gesehen zu haben, die im Kasino Amok lief, und dabei habe sie gegen keinerlei Naturgesetze verstoßen, sondern lediglich wie wild um sich gehauen und getreten. Das alles könnte ich Ihnen sagen, aber dann würden Sie mir sagen, dass Catering alles vertuscht hat, und wenn dann trotz dieser Erklärung noch ein paar kleine Fragen unbeantwortet bleiben – na, dann ist es eben ein Nod -Problem.«
»Schön, dass Sie es endlich schnallen«, sagt sie. »Und was ist mit Dixon? Zu was haben sie ihn umgedichtet? War er ebenfalls ein Security-Mann? Ein Hotelangestellter, der mir in die Quere gekommen ist?«
»Er war Sozialarbeiter«, erklärt der Arzt.
»Dixon ein Sozialarbeiter?« Sie lacht. »Das ist genial! Lassen Sie mich raten: Er arbeitete mit Obdachlosen, stimmt’s? Geistesgestörten Obdachlosen.«
»Mit drogenabhängigen Nichtsesshaften.«
»Klar, natürlich. Und an dem Abend – sagen Sie’s mir nicht –, an dem Abend kommt er rein zufällig durch das Luxor geschlendert und erfährt, dass eine seiner Kundinnen ausgerastet ist. Also beschließt er, sich an der Jagd nach ihr zu beteiligen, und kriegt zum Lohn ein Messer zwischen die Rippen.«
»Die Polizei weiß nicht, wie es dazu kam, dass Dixon sich mit Ihnen in diesem Raum aufhielt. Aber das Szenario klingt plausibel.«
»Klar, abgesehen von einer Kleinigkeit: Ich bin nicht geistesgestört. Meine Geschichte ist verrückt, das weiß ich selbst, aber ich bin bei klarem Verstand.«
»Jetzt sind Sie es«, sagt der Arzt. »Aber an jenem Abend?«
»Tja, okay … Diese X-Drogen waren wirklich der Hammer. Jammerschade, dass ich nie wieder welche kriegen werde.«
»Jane –«
»Ich hab wieder mit Phil geredet, wissen Sie«, sagt sie. Ich meine, nicht wirklich … Aber nachdem ich Dixon getötet hatte, und wie ich da auf der obersten Treppenstufe saß und abwartete, wer zuerst eintrudeln würde, die Bullen oder die Clowns, hab ich mir vorgestellt, Phil würde neben mir sitzen. Ich hab ihm gesagt, dass es mir leid täte. Das habe ich noch nie getan, wissen Sie, in all unseren bisherigen Gesprächen nicht, aber es kam mir irgendwie so vor, als wär das unser letztes Mal, also habe ich mich dafür entschuldigt, dass ich so eine beschissene Schwester gewesen bin und ihn an dem Tag allein gelassen habe … Ich sagte ihm, egal, was für schlimme Dinge er für die Bande getan hätte, es wär nicht seine Schuld, es ginge alles auf meine Kappe. Ich sagte, ich hoffte, er würde einen Weg finden, sich von den Leuten zu lösen – er könnte das, ich wüsste, dass er das könnte, wenn er nur wirklich wollte.«
»Und was hat Phil dazu gesagt?«
»Er hat gar nichts gesagt. Hat bloß zugehört.« Sie sieht dem Arzt wieder in die Augen. »Ich hoffe, dass er zugehört hat.«
Bevor der Arzt etwas erwidern kann, piept sein Pager.
»Zeit zu gehen?« Sie klingt enttäuscht.
»Ich muss nur kurz weg«, sagt der Arzt. »Aber ich würde mich gern noch ein bisschen mit Ihnen unterhalten. Wenn’s Ihnen also nichts ausmacht, etwas zu warten …?«
»Nein, es macht mir nichts aus.« Sie zeigt ihm wieder ihre Handschellen. »Ich hab sonst nichts weiter vor.«
Er steht auf und streckt die Hand nach dem Kassettenrecorder aus, zögert dann. »Hat sie sonst noch etwas gesagt?«
»Wer?«
»Die schlechte Jane. Bevor Sie sie fallen ließen – hat sie da sonst noch etwas über Phil gesagt oder über die Bande?«
»Nein. Ich meine, sie war nicht sonderlich … eloquent, mit meiner Hand in der Brust. Mehr als ein paar Worte zu schreien hat sie nicht geschafft … Warum fragen Sie?«
»Nur so, pure Neugier«, sagt der Arzt. Er drückt auf die
Weitere Kostenlose Bücher