Bad Monkeys
zu sehr ins Detail gegangen, und Phil war klug genug, nicht nachzubohren. Aber er hat gelächelt, als wäre er stolz auf mich – als wäre er stolz auf mich gewesen, wenn ich ihm alles erzählt hätte.
Von Annie habe ich ihm allerdings erzählt. Ich hab sie als meine » Supervisorin « bezeichnet und sie in einem Obdachlosenasyl statt auf einem Friedhof wohnen lassen, aber ansonsten habe ich mich ziemlich an die Wahrheit gehalten. »Sie wächst mir allmählich ans Herz. Anfangs fühlte ich mich unwohl in ihrer Nähe, aber jetzt, wo ich weiß, dass ihre Verrücktheit bloß Theater ist – na ja, nicht direkt Theater, mehr so was wie eine Bewältigungstherapie –, fange ich an, sie zu mögen … Ihr Gott-Fimmel geht mir allerdings auf den Geist.«
»Warum?«
»Abgesehen davon, dass er einfach Blödsinn ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass ich mit einem Gott, der mein Kind ertrinken lässt, noch ein einziges Wort reden würde.«
»Na ja«, sagte Phil, »es war nicht Gottes Aufgabe, auf das Kind aufzupassen. Das war ihre.«
»Ach, und Gott hat zu viel um die Ohren, um eben mal einzuspringen, wenn sie einmal nicht aufpasst?«
»War es bloß das eine Mal?«
»Halt die Klappe. Annie ist nicht so. Sie war keine schlechte Mutter.«
»Woher willst du das wissen?«
»Weil ich sie kenne, okay? Sie ist ein bisschen schräg, aber sie ist kein schlechter Mensch. Die Organisation, für die wir arbeiten, hat durchaus gewisse Qualitätsstandards. Die würden sie nicht behalten, wenn sie schlecht wäre.«
»Vielleicht ist sie jetzt kein schlechter Mensch. Aber früher …?«
»Aber klar, ja, sie war früher bestimmt ein wahrer Teufel. Hey, hier hast du eine Theorie: Vielleicht hat Gott ihr Kind zum Zweck ihrer Charakterbildung umgebracht: ›Mach schon, Billy, spring ins Meer, das wird deiner Mami helfen, ihre Prioritäten richtig zu setzen …‹ Na, wie klingt das?«
»Ich weiß nicht. Wär schon möglich.«
» Wär schon möglich ? Machst du Witze?«
»Oder vielleicht auch wegen des Jobs. Du sagst, ihr leistet wichtige Arbeit. Aber würde diese Frau überhaupt dabei sein, wenn ihr Sohn nicht –«
»Herrgott, Phil, legst du’s darauf an, mich aufzuregen?«
Er schwor, dass es nicht so sei, machte aber unbeirrt weiter, und schon bald musste ich ihn bitten, sich schleunigst zu verpissen. Gottverdammter Phil … Wissen Sie, in neun von zehn Fällen baut es mich richtig auf, mit ihm zu reden, aber bei jedem zehnten Mal frage ich mich, warum ich ihn nicht überhaupt zum Teufel schicke. Den Rest meines Kurzurlaubs hab ich allein zu Haus verbracht, hingefläzt auf dem Sofa mit einer Flasche und meinem Post-Ganesh-Drogenvorrat, und hab mir Spionagefilme reingezogen.
Als ich mich zum Dienst zurückgemeldet hab, war Arlo Dexter noch immer am Leben. Es war elf Uhr vormittags, ein Wochentag, und Annie und ich beobachteten vom Rose & Cross aus, wie er den Modelleisenbahnladen aufschloss.
»Dann gehört der Laden also ihm?«
»Er führt ihn«, sagte Annie. »Aber die Pacht läuft auf den Namen seiner Großmutter, und sie bezahlt auch den Warenbestand. Für seine Wohnungsmiete kommt sie auch noch auf.«
»Großzügige Oma. Hat die Organisation sie abgecheckt?«
»Ja. Sie ist nicht böse, bloß einsam.«
»Angestellte?«
»Er hat keine. Kunden auch nicht eben viele. Man kann nicht gerade sagen, dass er mit Menschen gut auskommt.«
»Dann ist das Geschäft also im Wesentlichen sein privater Spielplatz?«
»Ja, darauf läuft’s wohl hinaus.«
»Und was machen wir? Sitzen hier einfach so rum, während Arlo mit seiner Eisenbahn spielt?«
»Kommt drauf an«, sagte Annie. »Ich habe heute früh mit True gesprochen, und er sagt, dass Kosten-Nutzen sich wegen des weiteren Vorgehens uneins ist. Einige Mitglieder sind der Ansicht, dass wir weiter beobachten und abwarten sollten. Andere, darunter auch True, meinen, das würde sich allmählich zu sehr in die Länge ziehen. Sie würden Dexter gern irgendwie provozieren, um ihn zum Handeln zu zwingen – wenn uns irgendeine Möglichkeit einfällt, wie wir das bewerkstelligen könnten, heißt das.«
»Sie meinen, wenn mir irgendeine Möglichkeit einfällt, wie wir das bewerkstelligen könnten? Ist das meine Abschlussprüfung?«
»Hätten Sie denn eine Idee?«
»Wenn Sie so fragen, ja … Stand Ihr Sohn auf Modelleisenbahnen?«
Ihr Gesicht nahm wieder diesen unsicheren, brüchigen Ausdruck an, aber dann sagte sie: »Modell flugzeuge. Billy wollte später Pilot
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