Bad Monkeys
Der Bildschirm wurde dunkel. Die Videowand ebenfalls.
»Sie dürfen gehen«, sagte Dixon.
»Was? Aber was ist mit … Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
»Owen Farley lebt. Was er nicht Ihnen zu verdanken hat.«
»Aber ist er okay? Was ist aus ihm geworden? Ist er –«
»Überspannen Sie den Bogen nicht«, sagte Dixon scharf.
»Okay … Aber wenn Sie sagen, ich darf gehen, heißt das … Bin ich in dieser Sache entlastet? Bin ich immer noch bei Bad Monkeys?«
»Vorerst«, sagte Dixon. »Es sei denn …«
»Es sei denn, was?«
»Es sei denn, es gibt noch etwas, was Sie gestehen möchten.«
»Nein.« Ich steckte einen Finger unter das Armband und riss es ab, dann fing ich an, das Gefühl in die Hand zurückzumassieren . »Nein, das reicht. Vorerst bin ich mit den Geständnissen fertig.«
»Dann raus. Und, Jane?«
»Ja?«
»Ich behalt Sie im Auge … «
Weißes Zimmer (v)
» Interessant « , sagt der Arzt.
» Was? «
»Zusätzlich zu meinen Pflichten hier führe ich manchmal Gespräche in einer Anstalt namens Red Springs, draußen in der Wüste. Es ist –«
»Ein Gefängnis für Sexualtäter«, sagt sie, und ihre Wangen röten sich. »Ich weiß. Auf dem Weg nach Vegas hab ich das Schild gesehen.«
»Gewalttätige Sexualtäter«, sagt er, aber die Richtigstellung ändert nicht das Geringste an ihrer Empörung. »Ich habe mich mittlerweile mit über hundert von denen unterhalten, und sie zerfallen in zwei Hauptkategorien: Soziopathen und eine zweite Gruppe, die ich schlicht als Übeltäter bezeichnen möchte.«
Noch immer rot im Gesicht, sagt sie: » Soziopathen sind die, die kein Schuldbewusstsein haben.«
»Sehr gut. Die meisten Menschen glauben, Soziopathen seien diejenigen, die den Unterschied zwischen Recht und Unrecht nicht kennen, aber das stimmt natürlich nicht. Sie kennen den Unterschied durchaus – gut genug, um zu wissen, dass sie ihre Taten verheimlichen müssen –, aber es kümmert sie einfach nicht.«
»Schlechte Affen.«
»Oh, die Übeltäter sind ebenfalls schlechte Affen – und in mancherlei Hinsicht sogar noch schwerer zu handhaben. Soziopathen kann man mit Marsmenschen vergleichen: Ihre moralische Indifferenz ist uns absolut fremd, aber zumindest ist ihr Verhalten mit ihr konform. Übeltäter dagegen haben durchaus ein Gewissen. Sie kennen Schuldgefühle und sind zur Reue fähig. Aber sie lassen sich dadurch nicht aufhalten.
Womit wir zum eigentlichen Thema kommen«, sagt der Arzt. »Eine weitere Möglichkeit, Soziopathen von Übeltätern zu unterscheiden, ist die Art Lügen, die sie erzählen. Soziopathen belügen andere Menschen. Übeltäter tun das auch, aber zunächst einmal belügen sie sich selbst. Um ihre Taten zu rechtfertigen, konstruieren sie oft sehr komplexe Phantasie-Szenarien …«
Ihr Zorn verfliegt endlich. Sie schnaubt verächtlich. »Das ist also Ihre neue Theorie? Ich hab mir die Organisation zusammenphantasiert, um etwas zu haben, was mir helfen könnte, mit meinen unterdrückten Schuldgefühlen wegen der Schoßjungchen besser fertig zu werden?«
»Sie halten das für eine alberne Idee?«
»Dass Dixon eine Art Befähiger war? Ja, das halte ich allerdings für albern. Wenn Sie ihn kennen würden, wüssten Sie auch, warum.«
»Er hat Sie immerhin entlastet.«
»Nein, hat er nicht.« Sie gerät allmählich wieder in Zorn. »Haben Sie das mit dem Anruf nicht kapiert? Dixon hat mich nicht entlastet. Dixon wollte mich fertigmachen. Zuallermindest hätte er gewollt, dass ich aus Bad Monkeys rausfliege, und hätte er mich in eine Anstalt wie Red Springs einweisen lassen können, wäre ihm das ein innerer Reichsparteitag gewesen.«
»Aber es ist beides nicht geschehen.«
»Weil Kosten-Nutzen ihn überstimmt hat.«
»Und damit sind Sie entlastet worden. Von sehr kompetenten, gutinformierten Personen.«
»Aber warum sollte ich es auf die Weise machen? Wenn ich mir das tatsächlich alles nur einredet habe, um meine Schuldgefühle zu beschwichtigen, warum sollte ich mich erst derart durch die Mangel drehen? Warum hätte ich mir nicht einfach vorstellen können, dass Dixon sagt: ›Hey, dann haben Sie eben eine Grenze überschritten – davon geht doch die Welt nicht unter!‹«
»Weil Sie das selbst nicht glauben«, sagt der Arzt. »Sie glauben durchaus, dass ›davon die Welt untergeht‹. Und bevor Sie die Absolution akzeptieren konnten, wollten Sie – mussten Sie – wegen der Dinge, die Sie getan hatten, gehörig die Leviten gelesen
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