Bad Monkeys
Einzelheiten langweilen. Ich hatte Probleme, wie man so sagt. Und als ich mich endlich nach Berkeley absetzen konnte, habe ich so richtig die Sau rausgelassen .«
»Sie waren in Berkeley?«
»Warum, wirke ich auf Sie eher wie ein Yale-Mann?«
»Was haben Sie« – ich traute meinen Ohren nicht, als ich die Frage stellte – »im Hauptfach studiert?«
»Kunstgeschichte. Theaterwissenschaft. Und noch ein paar Sachen. Aber wenn ich ehrlich sein soll, bestand meine Hauptbeschäftigung in jenen Jahren darin, Methoden zu finden, meine Leber zu ruinieren. Und Streiche zu spielen. Ich war ein richtiger Scherzbold, in Berkeley … Dann, mitten in meinem letzten Studienjahr – meinem dritten letzten Studienjahr –, starben meine Eltern bei einem Verkehrsunfall. Sie hinterließen mir einen Riesenberg Geld und eine 350-Hektar-Ranch. Das Land war größtenteils Busch, aber das Haus war hübsch. Also kehrte ich heim. Ich hatte vage Pläne, den Grundbesitz für Performances zu nutzen, vielleicht auch für irgendwelche Installationen – mein eigenes Stonehenge auf der Südweide zu bauen, druidische Rituale zu inszenieren – , aber bevor daraus irgendetwas werden konnte, wurde ich von der Idee zu einem neuen Streich abgelenkt.
Mein bester Freund auf dem College erzählte gern und ausführlich, er sei von Aliens entführt worden. Man sollte zwar annehmen, dass jeder Mensch mit etwas Grips darüber lachen würde, aber er war sehr überzeugend, und in mehreren Fällen schaffte er es nicht nur, seinen Zuhörern glaubhaft zu machen, dass er entführt worden war, er brachte sie auch dazu, sich zu fragen, ob ihnen selbst das nicht ebenfalls passiert war.
Eines Nachts auf der Ranch fragte ich mich, ob man das Spiel noch einen Schritt weiter treiben könnte: eine Kulisse bauen, die wie das Innere eines außerirdischen Raumschiffs aussah. Dann losziehen und Leute suchen – liegengebliebene Autofahrer oder auch einfach Leute in Kneipen, die zu viel intus hatten –, sie irgendwie einschläfern, sie auf die Ranch rausschaffen und ins ›Raumschiff‹ stecken. Und dann irgendwelche Experimente mit ihnen anstellen.
Natürlich war das eine gemeine Idee. Eine böse, wenn man sie nur weit genug trieb. Ich versuchte, mir Methoden auszudenken, wie sie nicht gemein wirken könnte … Wie wär’s, dachte ich, wenn ich das nur mit schlechten Menschen machen würde? Mit Mördern, Dieben, eben mit Leuten, die es verdienen, einen richtigen Schrecken eingejagt zu bekommen …? Aber über kurz oder lang tauchten in meinen Phantasien unweigerlich auch anderen Sorten von Leuten auf … Ein hübsches Mädchen etwa, das auf einer wenig befahrenen Straße einen Platten bekam und plötzlich ein merkwürdiges Licht am Himmel sah. Und wenn sie im Raumschiff wieder aufwachte, würde sie nicht allein sein. Ein Mann würde bei ihr sein, jung, im College-Alter, genau wie sie entführt, so verängstigt wie sie, und gemeinsam würden sie das Raumschiff erkunden und einfach sehen, was weiter passierte …«
»Diese Probleme, die Sie hatten«, sagte ich. »Waren die rein zufällig sexueller Natur?«
»Zum Teil.« Love grinste. »Nach dem, was man so hört, haben Sie selbst auch ein paar von der Sorte … Jedenfalls gelangte ich irgendwann zu dem Schluss, dass ich diesen Streich natürlich nie in die Tat umsetzen könnte, andererseits sprach nichts dagegen, zumindest das Raumschiff zu bauen. Ich nannte es mein › Formicarium ‹, weil die Idee dabei ja war, irgendwelche Lebewesen, Versuchsameisen gewissermaßen, dort hineinzusetzen und dann zuzuschauen, was sie tun würden – und außerdem, seien wir mal ehrlich, weil das Ganze allemal eine einzige Kinderei war.
Also baute ich das Raumschiff und danach, da ich immer noch nicht bereit war, mir einzugestehen, dass ich es doch benutzen würde, noch ein paar weitere Formicarien : einen Atombunker. Einen Todestrakt. Und mein ehrgeizigstes Projekt: eine Etage eines viktorianischen Hotels ohne Ausgänge.
Das alles brauchte seine Zeit, und den größten Teil davon verbrachte ich vollkommen allein. Wenn man so lange von der menschlichen Gesellschaft getrennt ist, dazu noch abgefüllt mit verschiedenen Rauschmitteln, beginnen normale moralische Hemmungen aufzuweichen. Nicht in dem Sinne, dass man das Böse an sich leugnen würde, sondern so, dass man anfängt, es als annehmbar, ja sogar als anziehend zu betrachten. Man beginnt, sich darin zu suhlen: Man ignoriert die Folgen und konzentriert sich ganz auf den
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