Bärenmädchen (German Edition)
misst Blutdruck, Atmung, Puls und den Hautwiderstand, also deine momentane Neigung, Schweißperlen zu vergießen. Wirst du nur ein kleines bisschen nervös, weil du nicht die Wahrheit sagst, dann sehe ich das.“
Florence hob spielerisch drohend den Zeigefinger. Trotzdem war Anne klar, dass – sollte sie bei einer Lüge ertappt werden – die Folgen keineswegs komisch wären. Dann würde der schwarze Knopf zum Einsatz kommen.
Florence erklärte noch, dass diese Interviews jetzt regelmäßig stattfänden, dass sie aufgezeichnet würden und dass sie der Organisation helfen würden, Anne genauer kennenzulernen. Alles, um angeblich bestmöglich auf ihre Bedürfnisse und ihre Lebenssituation eingehen zu können.
Anne nickte beklommen. Sie ging davon aus, dass alles, was sie preisgab, in Wirklichkeit dazu diente, sie immer tiefer in die Organisation hineinzuziehen. Aber was blieb ihr anderes übrig, als bei dieser perfiden Beichtstunde mitzuspielen. So begann sie, zu erzählen.
Anfangs sprach sie stockend und zögernd. Aber das änderte sich schnell. Sicherlich lag es auch an Florence. Sie war trotz allem eine kluge und mitfühlende Zuhörerin. Zu ihrer großen Überraschung war es aber auch ein fast berauschendes Gefühl, sich einmal alles ohne jede Einschränkungen von der Seele zu reden. Sie erzählte von der schwierigen Beziehung zu ihrer Mutter und von ihrem Vater, den sie meist nur zweimal im Jahr sah, weil er so ganz in seiner zweiten Ehe aufging. Sie berichtete von den beiden Stiefbrüdern. Neun und elf Jahre alt waren sie. Obwohl sie unerträgliche Nervensägen waren, versuchte sie, in ihrer Gegenwart eisern freundlich zu bleiben, um besonders vor ihrem Vater nicht als böse, eifersüchtige Stiefschwester darzustehen. Manchmal wünschte sie sich so sehr, dass ihr Vater sie ähnlich liebevoll behandeln würde wie seine beiden Söhne. – All dies hatte sie noch nie jemandem anvertraut.
Irgendwann sagte Florence dann, wobei sie einen wissenden Blick auf Annes Schritt warf: „Du darfst dich übrigens ruhig bequem hinsetzen.“
Das ließ Anne sich nicht zweimal sagen. Zwar hatte sie unter zunehmenden Qualen bemüht, die Zwei-Handbreit-Regel einzuhalten, aber jetzt spreizte sie erleichtert und völlig undamenhaft ihre Beine. Florence lachte und erklärte: „Jetzt sitzt du da wie ein echter Kerl. Darf ich dem Herrn der Schöpfung ein Glas Wasser anbieten?“
Ohne auf Antwort zu warten, erhob sie sich und flanierte in ihrem Model-Gang, den Anne schon bei ihrem ersten Treffen bewundert hatte, zum Beistelltisch, auf dem Flaschen mit Mineralwasser und Gläser standen. So präsentierte Florence Anne nun doch ihren Po. Die kleinen, runden Backen wölbten sich bei jedem Schritt gut sichtbar unter dem dünnen Stoff. Anne verspürte plötzlich den sehr irritierenden Wunsch, diese runden Kugeln zu berühren, zu streicheln, ja sie sogar ein wenig zu schlagen!
Als Florence mit dem vollen Glas zurückkehrte, lächelte sie schelmisch, und Anne hatte das Gefühl, dass Flo sehr wohl wusste, worauf ihre Interviewpartnerin gespäht hatte, auch wenn diese jetzt ganz unschuldig aus dem Fenster blickte. Anne fühlte sich in dieser Atmosphäre so locker wie seit vielen Stunden nicht mehr. Durstig vom langen Sprechen trank sie das Glas in langen Schlucken leer, dann wagte sie die Frage zu stellen, die sie seit dem Moment, als sie den Vertrag unterschrieb, so sehr quälte. Plötzlich wurde ihr wieder ganz bang. Ob man vorhabe, sie als eine Art Sklavin für immer hier zu behalten, oder ob man gar plane, sie als Prostituierte in irgendwelche Bordelle zu verkaufen?
Entsetzt schaute Florence sie an. „Oh Gott, Süße nein. Hat Dr. Abner dir das denn nicht erklärt?“
„Doch, aber ich wusste ja nicht, ob er die Wahrheit sagt“, antwortete sie kleinlaut. Daraufhin streichelte ihr Florence mit der Hand über die Wange, und diese Geste allein war so zärtlich, dass sie ausreichte, Annes Angst zu beschwichtigen. Schon etwas gelassener verfolgte sie Florence Erklärung.
„Also“, begann das Mädchen, „diese ersten Tage bist du nur hier, um sozusagen ein bisschen Beta-Luft zu schnuppern. Sollte dir das zusagen, musst du ganz förmlich einen zweiten Vertrag unterschreiben. Damit trittst du der Organisation dauerhaft bei, aber selbst dann wirst du in regelmäßigen Abständen immer wieder gefragt, ob du Mitglied bleiben möchtest. Wir sind keine kriminelle Vereinigung, wenn du das denkst. Die Organisation Magnus ist völlig legal. Das
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