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Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Berlin
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es auch eine Ausnahme bezüglich der Kleiderordnung gäbe. Sie würden ihren Putzdienst in Zofentracht ableisten. So gingen sie, sobald sie im Haus waren, ins Wohnzimmer. Auf einer altmodischen Plüsch-Couch lag ihre Kleidung bereit. Für jede ein schwarzer Stringtanga, eine spitzenbesetzte weiße durchsichtige Schürze; dazu ein schwarzes Korsett, das ihre Brüste freiließ und sie für den Betrachter auf ziemlich reizvolle Art nach vorne drückte. Schwarze Strapsstrümpfe, die am Korsett befestigt wurden, und ein neckisches weißes Häubchen vervollständigten das Outfit. Für Anne war es der „Seht-her-ich-bin-eine-geile-Masochisten-braut-und-tue-alles-was-ihr-wollt-Look“. Trotzdem musste sie zugeben, dass schon allein der Anblick der Kleidungsstücke auf dem Sofa ihr einen süßen, erregenden Schauer bereitete.
    Mit dem Anziehen warteten sie dann artig auf Sieversen. Auf seinen Stock gestützt kam er hinter ihnen her gehumpelt und setzte sich in einem Sessel, von wo aus er die beiden gut im Blick hatte. Schnell hatten sie heraus, was er sehen wollte. Beim Umziehen gaben sie sich verschämt und schüchtern, – was ihnen immer noch recht leicht fiel. Dann, wenn sie sich in ihrem Zofenoutfit gegenüber standen, bewunderten sie einander und versicherten sich, wie scharf sie doch aussehen würden. Auch dies war nicht schwer, denn es entsprach durchaus der Wahrheit. Anne hatte sogar das Gefühl, dass Miriam ihre Komplimente, obwohl sie doch nur Teil ihrer „Show“ waren, besonders genoss und gar nicht genug davon bekommen konnte. Gerne tat sie ihr den Gefallen und schwärmte wortreich über das heiße Geschöpf an ihrer Seite.
    Sieversen mochte es außerdem, wenn sie sich beim Ankleiden immer wieder berührten. Miriam zupfte Anne das Höschen zurecht. Anne richtete Miriams Schürze, prüfte, ob ihr Korsett stramm genug saß, und drückte ihr dann einen Kuss auf jede ihrer Brüste. Immer wieder linsten sie dabei zu ihrem Ein-Mann-Publikum, um an seiner Miene zu sehen, wie ihre „Erotic-Show“ ankam.
    Erstmals trugen sie mit dem Zofenoutfit auch Stöckelschuhe. Zwar hatte Anne im Schloss schon Betas gesehen, die auf wesentliche höheren Absätzen gehen mussten, aber für sie und Miriam waren auch diese schwarzen Pumps mit ihren etwa zehn Zentimeter langen Absätzen ungewohnt. Wenn sie mit unbeholfenen, staksigen Schritten einhergingen, schien aber gerade dies Sieversen besonders zu amüsieren.
    Das Ganze war ein Spiel, ein harmloses Vergnügen ohne Furcht vor Strafen, wie sie sonst im Schloss allgegenwärtig war. Sieversen züchtigte sie nicht und wenn er sie einmal tadelte, dann meinte er es offensichtlich nicht erst. Anne war klar, dass er als Alpha, weiß Gott was, mit ihnen hätte anstellen können. Aber er bestrafte sie nicht nur nicht, er berührte sie noch nicht einmal. Gleich zu Anfang hatte er zudem erklärt, dass er die Benimmregeln, die für sie galten, während der Zeit ihres Besuches aufheben würde.
    Dachte Anne an Sieversen, dann fielen ihr so altmodische Begriffe wie Gentleman oder Ehrenmann ein. Er drückte sich auf eine extravagante Art gewählt aus und schien eine Vorliebe für die französische Sprache zu haben. Gefiel ihm eine ihre Posen besonders, dann schnarrte er „Récapitule Mesdames“, und sie wiederholten sie. Manchmal nannte er sie Minou, was, so Sieversen, nicht nur ein französischer Vorname sei, sondern in der gleichen Sprache auch Kätzchen heiße. Ein Kosename, den er, wie er augenzwinkernd erklärte, nur ganz wenigen Frauen in seinem Leben bisher zugestanden hatte.
    Anne hatte das Gefühl, dass der alte Herr eigentlich recht einsam war, und ihre Besuche ein besonderer Höhepunkt für ihn waren. Gerne hätte sie mehr über ihn und seine Geschichte erfahren. Er wirkte, als hätte er in früheren Zeiten einmal sehr viel Macht besessen und wichtige Positionen innegehabt. Ob er jemals verheiratet war? Und was ihn wohl hierher verschlagen hatte?
    Typisch für ihn war ein stilles, hintergründiges Lächeln, das ihn gleichzeitig sehr verletzlich wirken ließ. Es schien fast ebenso viel Wehmut zu enthalten wie Freude und es berührte Anne sehr. Miriam schien es ebenso zu gehen, denn die beiden mühten sich voller Begeisterung, ihm als verführerische Putzteufelchen ein heißes Vergnügen zu bereiten. Manchmal konnte es Anne dabei selbst nicht glauben. Die Germanistikstudentin Anne Ludwig – letztes Hauptseminarthema „Feministische Literaturtheorien der Postmoderne“ – und die

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