Bärenmädchen (German Edition)
betreuen würde, so lange, bis er perfekt erzogen sei. Der normale Gebieter besaß dagegen eine Beta dauerhaft. Annes Phantasie malte sich dazu natürlich die kitschigsten Bilder aus. Im Mittelpunkt stets ein ganz besonderer, einzigartiger Alpha mit magischer Stimme, mit Händen, die auf ihrer Haut Funken sprühen lassen konnten, mit…
Abner erklärte unterdessen weiter, dass strenge Regeln zum Schutz und Wohle der Betas bestünden. Das bedeute zum Beispiel, dass für eine abgeschlossene Berufsausbildung gesorgt werde. Außerdem sei Anne, wie alle anderen Betas auch, mit dem Tag ihres Beitrittes finanziell abgesichert. Von nun an würden jeden Monat 2000 Euro auf ihr Konto überwiesen. Gehörte sie mindestens drei Jahre lang zur Organisation, erhöhte sich der Beitrag auf 2500 Euro. Nach fünf Jahren würden es 3000 Euro. Gleich, ob sie danach in der Organisation blieb oder nicht, dieser Betrag würde ihr ein Leben lang monatlich ausbezahlt.
„Also möchtest Du zu uns gehören?“, beendete Abner seinen Vortrag.
Ja, sie wollte, und bevor Abner auf die Idee kam, ihr den Vertrag noch einmal wegzunehmen, hatte sie sich den Füllfederhalter geschnappt und eine mindestens ebenso schwungvolle Unterschrift wie der Schlossherr unter das Schriftstück gesetzt.
Jetzt galt es noch zu klären, wie lange Anne ihren Aufenthalt im Schloss ausdehnen konnte. Schließlich wolle man sie ja zu einer erstklassigen Zofe erziehen, zu einer Beta, die den hohen Ansprüchen des Schlosses gerecht werden könne. Das aber sei angesichts ihrer bisherigen Verfehlungen – Abners Miene nahm wieder einen besorgten Ausdruck an – eine Sache, die sehr gründlich und sorgfältig betrieben werden müsse. Schnell einigte man sich daher darauf, dass Anne ein Urlaubssemester an der Hamburger Uni einlegen würde. Vertreter der Organisation Magnus in Hamburg würden alles Nötige regeln. Die Dokumente, die sie dafür unterschreiben müsste, würden ihr schon morgen vorgelegt werden.
Abner war jetzt sichtlich zufrieden. Er legte Annes Akte zusammen mit der Mappe, in der sich ihre jetzt unterschriebene Beitrittserklärung befand, sorgfältig in einer Schublade seines Schreibtisches ab.
„Interessiert es dich eigentlich, wie sich deine Freundin Dascha entschieden hat“, wollte er plötzlich wissen.
Freundin? War das ein ironischer Scherz oder nur so dahergeredet? Anne war sich nicht sicher, wie so oft bei Abner.
„Das würde ich gerne wissen“, antwortet sie vorsichtig.
„Auch Dascha hat unterschrieben. Sie wird sogar erst einmal ein ganzes Jahr bei uns bleiben. Holly Rüschenberg regelt mit ihr gerade alles Nötige hier im Nebenzimmer. Sie telefoniert im Augenblick, glaube ich, mit Daschas Vater, und erklärt ihm, wie nützlich ein zwölfmonatiges Praktikum im angesehensten Hotel Molduriens ist und wie sehr wir um das Wohlergehen seiner Tochter besorgt sind. Was ja auch einhundertprozentig korrekt ist.“
Abner lächelte Anne an und etwas an diesem Lächeln ließ sie plötzlich sehr aufmerksam werden. „Attila von Ungruhe wird Daschas Gebieter in der zweiten Ausbildungsphase sein. Ich werde es ihr gleich mitteilen. Meinst du, sie wird überrascht sein? Vielleicht hat sie auf jemand anderen gehofft?“
Was wusste Abner über sie und Dascha? Ihr wurde unbehaglich zumute. Wenn dieser Typ doch nur nicht so verdammt undurchsichtig wäre. Sie ertappte sich wieder dabei, wie sie ihre Lippe nervös mit den Nasenglöckchen spielen ließ. Das entging auch Abner nicht. Er bestand nicht mehr auf eine Antwort, sondern erklärte zu ihrer Erleichterung: „Bevor mich dein süßer Oberlippentick das Keuschheitsgebot vergessen lässt, verschwindest du jetzt besser nach draußen. Du nimmst neben Ines Platz und wartest auf Dascha und Madame Rüschenberg.“
Kaum hatte Anne Abner den Rücken zugedreht, mogelte sich der Smiley wieder in ihr Gesicht. Adrian würde ihr Gebieter werden, und sie hatte ihm „den Kopf verdreht“. Hüftschwingend und so sexy, wie sie nur konnte, tänzelte sie gen Ausgang. Blieb bloß die Tatsache, dass sie gerade einer Vereinigung beigetreten war, die sie nach allen Regeln der Kunst zu einer Sexsklavin abrichtete. Natürlich war die Beitrittserklärung nicht verbindlich. Sie war sittenwidrig und bizarr. Trotzdem wurde sie von allem Beteiligten sehr ernst genommen, aber das galt auch für Anne selbst. Sie fühlte sich als Abenteurerin, die unentdecktes Land erforschte, als tapfere Prinzessin, die sich in Gefahren begab und dabei
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