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Bärenmädchen (German Edition)

Bärenmädchen (German Edition)

Titel: Bärenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Berlin
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unbegrenzten Möglichkeiten der Organisation Magnus. In ganz Deutschland kümmerten sich Anwälte und andere Vertreter der Organisation um die Anliegen der Mädchen. Meist schafften sie es binnen kurzem, sie zu ihrem Vorteil zu regeln. Hilfreich waren dafür natürlich auch die umfassenden Informationen, die die Organisation mittlerweile über jeden der Zöglinge besaß. Die Tiefeninterviews hatten keinen Bereich ihres Lebens ausgespart. Anne hatte den Eindruck, dass die Organisation mittlerweile mehr über sie wusste als sie selbst. Eine Vorstellung, die sie einerseits sehr unheimlich fand, die ihr andererseits aber auch ein seltsam intensives Gefühl der Geborgenheit und Umsorgtheit vermittelte.
    Die Mädchen selbst traten unterdessen per Mail oder telefonisch in Kontakt mit Freunden und Verwandten: Ja, alles war gut, versicherten sie. Man brauche sich keine Sorgen zu machen. Man erlebe hier eine wunderschöne Zeit. Weil die Mädchen dabei so selbstgewiss, zufrieden und glücklich wirkten, gab es kaum Schwierigkeiten, die sich nicht leicht lösen ließen.
    Zu Annes Erleichterung teilte selbst Ines die Stimmung der anderen. In einer ruhigen Minute, als sie Zeit fanden, sich während einer Wartepause beim Fitnesstraining nebeneinander auf den Rasen zu hocken, beichtete sie: „Es ist so krank, aber allein der Gedanke an das, was Herr Rockenbach mit mir anstellen will, an den Stall und an die Wagen macht mich so…“, sie rang nach dem richtigen Wort, dann flüsterte sie es Anne ganz leise ins Ohr: „Es macht mich geil, geil, geil.“ Ängstlich schaute sie Anne an: „Meinst du, ich bin völlig plemplem?“
    Die Frage war leicht zu beantworten. Nachdem sie alle sich gerade freiwillig und voller Begeisterung in die Knechtschaft begeben hatten, konnte ihre Freundin keinen Deut verrückter sein als die anderen Zöglinge auch, Anne eingeschlossen. Erleichtert nahm Ines ihre Antwort auf. Sie erzählte ihr dann, dass sie ihren Job gekündigt habe und nun praktisch unbegrenzt im Schloss bleiben könne. Am Willkommensfest dürfe sie aber nicht teilnehmen. Stuten stünde das nicht zu, hatte ihr Abner im Zukunftsgespräch erklärt. Sie würde schon morgen Nachmittag in die Ställe am See gebracht werden. Dort würde man sie auch umgehend kennzeichnen. Sie bekäme ein S für Stute auf ihre rechte Hinterbacke tätowiert. „Dort wo ihr euer M hinbekommt“, erklärte Ines.
    Tätowierung? Das Magnus-Emblem auf dem Po? Uuuups, das stand wohl in dem Teil der Beitrittserklärung, den Anne nicht gelesen hatte. Allerdings hätte sie es sich ebenso gut denken können, musste sie sich eingestehen. Sie hatte das markante Detail ja schon oft genug bei anderen Zofen bewundern können.
    Sie versuchte den Gedanken daran beiseite zu drängen. Ines war jetzt wichtiger. Die Warnung des alten Sieversen fiel ihr wieder ein. Was hatte er gesagt? Man könne sich als Stute verlieren. Nicht mehr herausfinden, und dass es vielen so ergangen sei. Sie beschloss, Ines nichts davon zu erzählen. Es würde sie nur ängstigen. Sie sprach auch nicht aus, was sie von Sergej Rockenbach, Ines neuem Herren, hielt. Für sie war er ein Tier, primitiv und brutal. Zum Glück war Adrian sein Chef. Er würde sicher helfen können.
    Im nächsten Augenblick sprangen beide vom Rasen des Sportplatzes auf. Die Krähe hatte ihnen einen Ball zugeworfen. Anne erwischte ihn gerade noch mit den Fingerspitzen. Verlegen und etwas nervös ließ sie ihn in ihren Händen hin und her rollen. Immerhin waren sie gerade beim Schwatzen ertappt worden. Aber auch diese Verfehlung schien der guten Laune der Krähe keinen Abbruch zu tun. Sie zitierte auch die anderen acht Mädchen zu sich. Dann erklärte sie: „Jetzt wird Völkerball gespielt, ihr Schwatzdrosseln. Ich will doch mal sehen, wie flink und gelenkig ihr geworden seid. Ihr wart nämlich der unsportlichste und lahmste Haufen, der hier jemals aufgetaucht ist.“
    So, wie die Krähe das sagte, klang es fast wehmütig. Immer noch rätselte Anne über den Charakter ihrer Zofenmeisterin. War sie nur eine kaltherzige Tyrannin oder ging es ihr auch um das Wohl der Zöglinge. Eine Sadistin mit goldenem Herzen sozusagen. Aber na ja, ihr Räuberhauptmann war ihr als zukünftiger Gebieter eindeutig lieber, auch wenn Madame sich heute überaus liebenswürdig zeigte.
    So wenig streng war ihre Aufsicht und so ausgelassen die Stimmung, dass es am Abend kurz vor dem Schlafengehen sogar zu einer Kissenschlacht kam. Ausgerechnet Miriam fing damit

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