Baeuerin sucht Frau
nicht einfach von ihm tragen. Sie schafft es, ihn zum durchgängigen Laufen zu bringen, statt an jeder Grasnabe stehen zu bleiben und daran rumzukauen. Dabei gelingt es ihr immer noch, ihre Digitalkamera arbeiten zu lassen.
Nachdem wir etwas mehr als den halben See umrundet haben, ruft Carmen: »Hunger!«
Bei der nächsten kleinen Grasinsel stoppen wir. Ich binde die Pferde an einem Baum fest, breite den Inhalt des Rucksacks auf der mitgebrachten Decke aus. »Bedien dich.« Mit einer einladenden Handbewegung fordere ich Carmen auf, sich zu mir zu setzen.
Carmen staunt. »Wow, wie hast du das alles so schnell gezaubert?« Sie kniet sich neben mich auf die Decke, nimmt ein Stück Brustfleisch vom Huhn, entfernt vorher sorgfältig die Haut. »Mmh, schön mager. Toll, dass du daran gedacht hast, dass ich Fettes nicht mag.« Sie kaut genussvoll. »Befürchtete schon, du würdest irgendwelchen vierzig-Prozent-Käse oder Fettaugenwurst einpacken, weswegen ich dann wochenlang einen Kilometer mehr joggen müsste.«
»Du joggst? Regelmäßig?«
»Du nicht?«
»Nein. Ich bewege mich ja auch so viel.« Verstohlen schiele ich auf die von Carmen verschmähte knusprige Hühnerhaut. Das Beste vom Ganzen!
»Bewegung und Sport sind zwei verschiedene Paar Schuhe.«
»Stimmt. Treibe Sport oder bleibe gesund«, frotzele ich, besinne mich aber sofort angesichts Carmens Stirnrunzeln. »Doofer Spruch von Ignoranten«, versuche ich meinen Patzer rückgängig zu machen.
»Ich lebe sehr gesund«, klärt Carmen mich auf. »Viel Gemüse, regelmäßiger Sport, wenig Alkohol.«
Ich nicke bestätigend. »Vernünftig. Absolut. Kann ich nur befürworten.«
»Man wird in jüngster Zeit schnell als magersüchtig abgestempelt, nur weil man auf seine Figur achtet«, meint Carmen. »Aber mir schmecken nun mal keine Hamburger und Whopper.«
Mir schon. Besonders Döner haben es mir angetan. Aber es wäre wohl taktisch unklug, das jetzt einfließen zu lassen. Innerlich seufzend entferne auch ich die Haut von meinem Stück Fleisch. »Freut mich, dass ich deinen Geschmack getroffen habe. Für fünfzig Euro kannst du das aber auch erwarten«, erinnere ich sie an meine Schulden. »Ich hoffe, du bist zufrieden.«
Carmen lächelt. »Oh ja, absolut. Nur eines könnte diesen Tag noch perfekter machen.«
»Und das wäre?«
Plötzlich ist sie dicht vor mir. Sehr dicht. »Muss ich das wirklich sagen?«
Mir wird heiß. Ich schlucke.
Carmen seufzt. »Was brauchst du noch, damit du mich endlich küsst?«
»Ich bin schüchtern«, verteidige ich mich.
»Aber hoffentlich nicht begriffsstutzig«, flüstert sie.
Nein, das bin ich nicht! Und so geht mein Wunsch, den ich vor nicht einmal drei Stunden Antje anvertraute, auf dieser kleinen Wiese in Erfüllung. Ich spüre warme, weiche Lippen auf meinen, Arme die sich um mich legen und Schmetterlinge breiten sich in meinem Bauch aus.
7
Joggen ist gesund. Wie auch nicht? Schließlich hält Sport fit und macht Spaß. Besonders, wenn die letzten Sonnenstrahlen des Tages durch die Bäume brechen und neckisch im Gesicht kitzeln. Ich laufe meine tägliche Runde im Wald, jetzt seit drei Wochen. Ich war ja total aus der Form. Carmen hat absolut Recht. Sport und Bewegung, dazwischen liegen Welten. War das peeeinlich als wir zum ersten Mal zusammen liefen! Schon nach fünf Minuten bekam ich kaum noch Luft, dafür Seitenstechen und am nächsten Tag auch noch einen tierischen Muskelkater. Das musste sich ändern!
Ich laufe den Waldweg entlang, atme tief die abendliche, von Feuchtigkeit geschwängerte Luft ein, die herrlich nach Tannennadeln riecht. Ein paar Meter vor mir zwei Fasane. Er hat nur Augen für seine Auserwählte. Balzt was das Zeug hält. Sie ist noch nicht überzeugt. Nur nicht aufgeben, Junge! Am Ende siegt die Liebe. So wie bei Carmen und mir!
Dank Carmen lebe ich nun auch gesünder. Zwar schmeckt mir Magerjoghurt immer noch nicht so toll, aber ich werde mich schon damit anfreunden. Ich könnte mich zur Zeit mit allem und jedem anfreunden. Mein Himmel hängt voller Geigen. Carmen ist einfach eine Traumfrau!
Zurück auf dem Hof erwartet mich ein aufgeregter Anton. Allerdings läuft er nicht auf mich zu, sondern auf dem Dachsims hin und her, parallel zur Regenrinne. Wie er dahin kommt wird mir klar, als ich das gekippte Dachfenster sehe.
»Nina!«, rufe ich. Wozu habe ich ihr erklärt, dass Anton jede Öffnung, vorzugsweise solche, die ihm normalerweise verschlossen bleiben, als Einladung zu einer
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