Baeuerin sucht Frau
Spüle.
»Was hast du gemacht?« staune ich von meinem Platz auf der Küchenbank her.
Antje dreht sich zu mir um. »Ich habe die Brötchen nicht selbst gegessen, falls du das befürchtest«, grinst sie. »Scheint, die Pädagogikseminare im Studium waren doch nicht völlig umsonst. Außerdem spricht es sich zu einer Leidensgenossin eben einfacher.«
Ich nicke, stutze. »Leidensgenossin? Wieso ...?«
Antje beißt sich auf die Unterlippe. »Äh, was? Sagte ich Leidensgenossin?«
»Ja, sagtest du.«
»Ich ... meinte Reitgenossin.«
Wenn Antje etwas nicht gut kann, dann spontan und vor allem glaubhaft lügen. Sie ist darin total untalentiert. Vor allem, weil sie einen dabei nicht anschauen kann. So wie jetzt mich. Ihr Blick sucht irgend etwas hinter mir, dabei ist da nur die Wand.
»Blödsinn. Du sagtest Leidensgenossin«, bin ich mir sicher, schaue sie eindringlich an.
Und plötzlich wird mir ganz komisch. Mein Herz klopft schneller. Kann es sein, dass Antje doch nicht nur der Wespen wegen ... schließlich waren wir schon längst dem Gefahrenbereich entkommen und sie klammerte sich immer noch an mich, küsste mich ein paar herrliche Sekunden lang, und sie wirkte dabei überhaupt nicht panisch. Wer so küsst, der macht das doch nicht aus Versehen!
Sie brauch doch nur sagen, dass sie in mich verliebt ist, sie braucht nicht leiden! Oh Antje, bitte sag´s!
»Ich dachte ja auch ich wäre über den Kerl hinweg«, haucht Antje in diesem Moment.
Ich blinzele irritiert. Was?
»Ist blöd, aber was soll ich machen?«, sagt sie und zuckt entschuldigend mit den Achseln.
Schlagartig begreife ich, sie spricht immer noch von dem Jung-Wuttke.
Der Stich in meiner Brust tut richtig weh.
Dann lache ich bitter mich selbst aus. Wie blöd du bist! Dir einzubilden Antje sei in dich verliebt – ha! Dabei ist alles ganz einfach. Sie ist noch nicht über den Wuttke-Zwilling hinweg, welchen von beiden auch immer. Sie leidet mehr als sie zugibt. Offensichtlich habe ich dem Ganzen zu wenig Bedeutung beigemessen. Und mir und meinen Gefühlen zuviel! Warum auch immer Antje mich geküsst hat, es hatte wahrscheinlich gar nichts mit mir zu tun.
Ich reiße mich zusammen.
»Du Arme«, murmele ich, beschämt darüber, dass mir Antjes Gemütszustand erst jetzt wirklich bewusst wird. »Das tut mir leid.« Ich stehe auf, nehme Antje in die Arme. Mein Seufzen, das gebe ich zu, gilt allerdings mir selbst, meiner Enttäuschung.
»Tja, so sieht´s aus.« Antje zuckt mit den Schultern. »Du bist umgeben von Frauen im Liebesunglück. Sei froh, dass es dir besser geht.«
Tja, da irrst du leider. Wir sind zu dritt. Das sage ich Antje natürlich nicht. »Ich bin aber nicht froh«, rutscht es mir dennoch heraus. »Ich meine, wie soll ich mein Glück genießen, wenn es euch schlecht geht?«, erkläre ich hastig. Besser, Antje glaubt weiterhin an meine ungetrübte Beziehung zu Carmen. »Ich gebe Carmen Bescheid, dass ich nicht kommen kann. Mir wäre nicht wohl bei dem Gedanken Nina jetzt allein zu lassen. Und wenn du reden willst«, meine Hand streicht leicht über Antjes Arm, »ich höre dir zu. Das hätte ich schon viel früher machen sollen.«
Das hätte mir so manche Verwirrung erspart.
Antje nimmt kurz meine Hand. »Schon gut. Ich kümmere mich um Nina.« Sie lächelt schwach. »Und ich glaube, ich will nicht reden«, lehnt sie mein Angebot ab. »Das bringt nichts.« Sie schafft es ein fröhliches, wenn auch deutlich bemühtes Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern. »Also, warum willst du hier mit uns rumhängen und Trübsal blasen. Fahr zu Carmen. Genieße dein Glück.«
Ich zögere. Die beiden Mädels hier zurück lassen, widerstrebt mir. Nicht nur, weil ich mein Glück mit Carmen gerade anzweifle.
»Na los. Hau schon ab.« Antje macht eine auffordernde Kopfbewegung in Richtung Tür.
»Sicher?« Immer noch unschlüssig stehe ich da.
»Ich kann dich auch noch ins Auto setzen, wenn es das ist, was dich überzeugt.«
Ich schalte den Motor ab. Statt, wie ich es sonst tue, eilends aus dem Wagen zu steigen, freudig auf das Wohnhaus zuzurennen, ungeduldig die drei Treppen hinauf zu laufen, zu Carmens stilvoll eingerichteter Wohnung, bleibe ich versunken hinterm Lenkrad sitzen.
Wenn ich jetzt hochgehe werde ich Carmen vom Fund in Wuttkes Lagerhalle erzählen. Und dabei werde ich es belassen. Ich werde nicht erwähnen was zwischen mir und Antje passiert ist. Warum auch? Es hat keinerlei Bedeutung. Die Sache ist geklärt, vorbei und vergessen. Na
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