Bahama-Krise
ein
Engländer, und damit basta. Mir war es gleich. Als der Prozeß vorüber
war, war ich vor allem eines: ein freier Mann.
Während ich mit Heller nach Houston zurückfuhr, kam er noch
einmal auf die Verhandlung zu sprechen. »Ich habe gegen die letzte
Frage von Riker Einspruch eingelegt, aber ich war sehr froh, daß er
diese Frage gestellt hat. Haben Sie was gemerkt?«
»Nein.«
»Ich habe den Einspruch erst eingelegt, als Sie die Frage
schon beantwortet hatten.« Er lächelte. »Ich war übrigens sehr
gespannt, was Sie antworten würden. In diesem
Augenblick hing die Sache für Sie am seidenen Faden.«
»Das ist auch meine Meinung«, sagte ich trocken.
Er schwieg verwundert. »Wie dem auch sei, ich glaube, Sie
haben genau die richtige Antwort gegeben. Haben Sie eigentlich Recht
studiert?«
»Nur als Nebenfach auf dem College.«
»Es gibt im Recht das, was ich eine Grauzone nennen möchte.
Das ist jener Bereich, der von den Paragraphen nicht ganz abgedeckt
wird. Mit Ihrer Antwort haben Sie genau in diese Grauzone getroffen.
Ich gratuliere Ihnen.«
Bevor ich nach Grand Bahama zurückflog,
berief Billy I. eine Konferenz des Cunningham-Clans ein. Diesmal war
nur das Küchenkabinett anwesend, bestehend aus Billy, seinem Sohn,
Frank und Jim. Jack war nicht erschienen. Zwar war er bereits aus dem
Krankenhaus entlassen, aber Billy I. hatte befunden, daß er Ruhe
brauchte. Ungestörte Rekonvaleszenz, so sagte er, sei wichtig. Zu
meinem Erstaunen war auch ich zur Konferenz eingeladen. Ich war
neugierig, was man mir zu sagen hatte.
Billy I. begann mit ein paar Genesungswünschen, die er an
Frank Cunningham richtete. »Dein Vater ist ein kranker Mann«, fuhr er
fort. »Er wird fürs erste bei den Konferenzen nicht dabeisein können.
Aber das Leben geht weiter, und die Entscheidungen warten nicht. Irgend
jemand muß diese Entscheidungen treffen, am besten ich. Wenn die
nächste Hauptversammlung stattfindet, werde ich meine Entscheidungen
dem Vorstand zur Genehmigung vorlegen. Aber solange können wir jetzt
nicht warten.« Er schaute in die Runde. »Irgendwelche Einwendungen?«
Billy grinste. Und Jim hob nur die Schultern hoch. Er hatte
keinen Anlaß, gegen einen Mann in Opposition zu gehen, der ihn von den
hinteren Bänken in die erste Reihe beordert hatte. Frank Cunningham
indes sprang auf.
»Wir sollten heute überhaupt keine Entscheidungen treffen«,
sagte er. »Warten wir bis zur Hauptversammlung.«
»Keine Zeit«, sagte Billy I. knapp. »Wir können in den
nächsten acht Wochen keine Hauptversammlung einberufen. Joe ist in
Schottland und schließt einen Vertrag über Nordseeöl. Und was deinen
Vater Jack betrifft, er kann in acht Wochen ebensowenig dabeisein wie
in drei Monaten. Was soll's?«
Frank nickte, er nahm die Niederlage hin. Aber dann zeigte er
mit der Hand auf mich. »Was macht der hier?«
»Er ist hier, weil er ein Cunningham ist«, sagte Billy I. »Und
weil ich es will.« Er ließ Franks erstaunte Blicke unbeachtet und
wandte sich an mich. »Darf ich fragen, wie es Debbie heute geht?«
»Körperlich ganz gut«, sagte ich. »Nur – sie hat
Alpträume.«
»Du wirst schnell wieder bei ihr sein. Wir werden uns
kurzfassen in der heutigen Sitzung.« Billy I. lehnte sich zurück und
musterte die kleine Runde. »Ihr seid alle noch ziemlich jung. Deshalb
will ich euch etwas sagen, was mit unserer Familiengeschichte zu tun
hat. Die Cunninghams stammen aus Schottland. Es waren zwei Brüder,
Malcolm und Donald, die sich hier ansiedelten. Damals gehörte Texas
noch zu Mexiko. Diese beiden Cunninghams waren arm wie Kesselflicker.
Sie hatten nichts zu verlieren, deshalb waren sie in die Neue Welt
ausgewandert.«
Er verschränkte die Hände. »Mit den Generationen kam der
Wohlstand. Wir Cunninghams haben Sam Houston geholfen, Texas den
Mexikanern wegzunehmen. Und wir haben damals auf Präsident Tyler Druck
ausgeübt, damit Texas überhaupt in die Union der Bundesstaaten
aufgenommen wurde. Wir wurden reich und mächtig, in Texas und im Rest
der Welt. Und ich werde euch auch sagen, wie wir das geschafft haben.
So!«
Er hob die verschränkten Hände und preßte die Finger zusammen,
bis die Knöchel weiß wurden. »Indem wir zusammenhalten!«
»Damit sagst du nichts Neues«, warf Frank gelangweilt ein.
»Dir vielleicht nicht, aber Tom schon«, entgegnete Billy I.
milde. »Es war Billys Idee, mit Tom ins Geschäft zu kommen. Was mich
anging, ich hatte damals nichts dagegen und nichts dafür.«
»Tom Mangan
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