Bahama-Krise
sogar
Nixon ein Kommunist, nur weil er aus Vietnam rausging. Manchmal denke
ich, er spinnt. Aber es gibt Dinge, wo ich ihn verstehen kann. Zum
Beispiel die Sache mit Debbie. Sieh es mal aus seiner Sicht. Du bist
ein Ausländer, der im weißen Tropenanzug unter Palmen wandelt und den
lieben Gott einen guten Mann sein läßt. Ein braves texanisches Mädchen,
das in deine Fänge gerät, kehrt als linker Wirrkopf nach Houston
zurück. Sie verkehrt mit schwarzen Freundinnen und verwendet ihr Geld
und ihre Zeit auf obskure Ferienlager, wo weiße Kinder von schwarzen
Slumkindern verdorben werden. Zu allem Überfluß heiratest du das
Mädchen dann auch noch, sie verzieht ins Ausland, in eine Gegend, wo es
von Pesttoten nur so wimmelt. Wenig später kommt das Mädchen schwanger
und verheult zurück. Sie sagt, ihr Mann fliegt irgendwo spazieren.
Kannst du es ihm verdenken, daß er nur noch auf einen Vorwand wartet,
um mit seinem ganzen Geld aus den Bahamas rauszugehen?«
»Wer hat denn in der Cunningham Corporation das Sagen?«
»Jack hat einen ansehnlichen Anteil, und er hat Einfluß auf
die anderen. Wenn er sich ein paar Stunden ans Telefon hängt, bekommt
er genügend Stimmen zusammen, um einen Abzug der Gelder aus den Bahamas
zu bewirken.«
»Das wäre praktisch das Ende für mich«, sagte ich leise. »Ich
stecke bis zum Hals mit drin, mit jedem Dollar, den ich besitze.«
»Ich weiß. Deshalb laß uns beten, daß es hier nicht nächste
Woche ein Erdbeben gibt oder ein Massensterben an infektiöser
Gelbsucht. Die Bahamas müssen endlich aus den Schlagzeilen
verschwinden.«
Die Wahrheit, die hinter Billys Worten stand, war hart. Ich
stand in der Schußlinie von Jack Cunningham. Und alles, was ich tun
konnte, war beten.
Elftes
Kapitel
D as Gespräch mit Billy fand am Samstag
statt. Er blieb bis zum Lunch, dann fuhr er zurück zum Flugplatz. Wie
er sagte, mußte er für die Cunningham Corporation nach Miami und von
dort nach New York. Er gab mir Telefonnummern, wo ich ihn unterwegs
erreichen konnte. Ich verbrachte den Rest des Wochenendes über Akten,
die ich mir aus dem Büro in meine Suite hochbringen ließ.
Montag war ein seltsamer Tag. Nicht, daß sich irgendwelche
schlimmen Dinge ereignet hätten. Aber zugleich war es ein Tag, an dem
nichts so recht klappte. Ich glaube, jeder Mensch erlebt solche Tage.
Die Stunden fliegen dahin, ohne daß die Arbeit weniger wird. Die Geduld
schwindet. Man spürt, wie sich alles zuspitzt, ohne daß man sagen
könnte, was einen da eigentlich bedroht.
Abends aß ich im Restaurant des Hotels, dann ging ich nach
oben. Karen war noch auf, es war noch früh. Ich brachte sie zu Bett,
dann legte ich mich hin, um die Berichte der Bereichsleiter zu lesen.
Ich habe nie verstanden, warum man unbedingt im Sitzen arbeiten muß.
Ich arbeite jedenfalls genauso gern im Liegen. Bei der Lektüre des
ersten Arbeitspapiers war ich soeben auf der zweiten Seite angekommen,
als das Telefon ging. »Hier Mangan.«
»Jack Cunningham. Ist Debbie bei dir?«
»Nein. Ich denke doch, sie ist in Houston. Von wo rufst du an?«
»Aus Houston.« Ich hörte, wie er mit anderen Leuten im Raum
sprach. Nur Gesprächsfetzen waren zu verstehen, es schien, als ob er
sich mit jemandem beriet. »… gesagt, sie ist nicht bei ihm …
scheint zu stimmen … Billy …« Dann wurde seine Stimme
wieder deutlich vernehmbar. »Ist Billy noch bei dir?« fragte er.
»Nein«, gab ich zur Auskunft. »Billy ist schon am Samstag
weitergeflogen. Er müßte in Miami sein, vielleicht auch schon in New
York.«
Wieder schwand die Stimme, wieder vernahm ich Bruchstücke
eines Gesprächs, das Jack Cunningham tausend Meilen entfernt mit
Unbekannten führte. »… Miami … keine Bestätigung …
beide Flüge …«
Jacks Stimme kam zurück. »Pack deine Siebensachen und mach,
daß du nach Houston kommst, Tom!«
Er hatte im Befehlston gesprochen, mit Worten, wie sie noch
nie jemand an mich gerichtet hatte.
»Was soll ich in Houston? Was ist denn passiert?«
»Ich kann das am Telefon nicht erklären. Das Gespräch geht
über Satellit, der Rest der Erde hört zu.«
»Ich verstehe trotzdem nicht, wieso …«
»Du tust, was ich sage! In zwei Stunden landet unser
Düsenflugzeug in Freeport. Du stehst auf der Rollbahn.« Es klickte, nur
noch das Rauschen der Drähte war zu hören.
Ich sah auf die Uhr. Es war halb zehn, bereits stockdunkel.
Unwillig rappelte ich mich auf und zog mich an. Eine Besorgnis
hatte in Jack Cunninghams Stimme
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