Bahama-Krise
ich voller Bitterkeit. »Sie nennen es ausgeschaltet! Kayles hat meine Frau und meine Tochter ermordet und einen
Freund! Daran tragen Sie genauso die Schuld wie Kayles.« Ich deutete
mit dem Finger auf ihn. »Und Sie brauchen auch nicht drumherum zu
reden, daß Kayles in Ihrem Auftrag Kokain schmuggelt.«
Robinson starrte mich an. »Sie kommen aber auf Ideen, mein
lieber Freund! Ich muß mich schon sehr wundern …« Er
verstummte und schaute zum Dachstuhl hinauf, der ins Dunkel versunken
war. Eine ganze Weile schwieg er. Dann räusperte er sich. »Wir können
auf diesen Punkt vielleicht später noch eingehen«, sagte er freundlich.
»Ich habe Ihre Frage beantwortet, Mr. Mangan. Beantworten Sie jetzt
bitte die meine. Wie sind Sie dem Idioten auf die Spur gekommen?«
Es gab keinen Grund mehr, die Antwort auf seine Frage zu
verweigern. Trotzdem zögerte ich. Je offener Robinson die Ereignisse
auf der ›Lucayan Girl‹ darlegte, um so mehr hatte sich mir die Kehle
zugeschnürt. Er hatte ohne viel Federlesens den Mord an drei Menschen
zugegeben. Doch wohl nur, weil auch ich für ihn bereits ein toter Mann
war.
»Ich kam durch Zufall an ein Foto von Kayles«, hörte ich mich
sagen. Dann erklärte ich ihm, wie ich bei der Suche nach dem Mörder
meiner Familie vorgegangen war.
»Das klärt vieles!« sagte Robinson, als ich fertig war. Er
reagierte auf meinen Bericht, als hätte ich ihm von der spannenden
Endphase einer Segelregatta berichtet. »Das kleine Mädchen hatte ihren
Fotoapparat also doch an Land gelassen. Die Sache
hat Kayles viel Sorgen gemacht. Aber so sehr er auch suchte, der
Fotoapparat war an Bord des Bootes nicht aufzufinden. Natürlich konnte
es sein, daß das Mädchen den Apparat irgendwo versteckt hatte, es war
ja ein großes Boot, mit viel Stauraum. Aber die Sache ließ Kayles nicht
ruhen. Er löste das Problem, indem er das ganze Boot versenkte, samt
Fotoapparat und allem. Aber er hatte sich getäuscht, nicht wahr? Der
Fotoapparat war gar nicht an Bord genommen worden. Er war an Land
geblieben, bei Ihnen! Und Sie hatten natürlich den Film entwickeln
lassen. Wie ich annehme, haben Sie das Foto der Polizei gegeben.«
»Das Foto hängt in allen Polizeistationen, auf dem ganzen
Gebiet der Bahamas«, sagte ich.
»Das ist aber ärgerlich«, entfuhr es Robinson. Er hatte im
Falsett gesprochen. »Wirklich ärgerlich. Was meinst du dazu, Leroy?«
Leroys Antwort war ein gleichgültiges Grunzen. Während
Robinson sprach, hatte Leroy die Waffe auf mich gerichtet. Seine Hand
blieb völlig ruhig.
Robinson holte die Hände aus den Hosentaschen und spreizte
sie, indem er die Fingerspitzen gegeneinander drückte. »Kehren wir doch
einmal zum roten Faden zurück, Mr. Mangan. Sie haben Kayles vor den
Jumentos-Inseln aufgespürt, und Sie hatten sein Foto. Wie aber fanden
Sie sein Boot? Es ist sehr wichtig für mich, daß Sie mir das
beantworten.«
»Es gab eine Beschreibung des Bootes, weil Kayles damit in
Freeport gelegen hatte.«
»Aber das Boot war doch umgespritzt und getarnt worden.«
»Die Tarnung war nicht gut genug.«
»Ich verstehe.« Er spitzte die Lippen. »Nun, ich sagte Ihnen
ja bereits, wir haben es wohl mit einem Idioten zu tun. Immerhin gelang
es Kayles aber zu fliehen. Er tauchte bei mir auf und erzählte mir eine
Schauergeschichte, die ich ihm nicht abnahm. Aber er erzählte zugleich
einiges, was mich besorgt machte. Er sagte mir, Sie wüßten über alle
meine Pläne Bescheid. Ist das nicht seltsam, Mr. Mangan?«
»Sehr seltsam, wenn man bedenkt, daß ich
nicht einmal weiß, wer Sie sind.«
»Das dachte ich damals auch. Aber Kayles brachte die
erstaunlichsten Einzelheiten an. Dinge, von denen er aus eigener
Kenntnis keine Ahnung haben konnte. Irgend jemand mußte ihm auf die
Sprünge geholfen haben.«
»Und Sie meinen, ich wäre das gewesen?«
»Vielleicht ohne daß Sie es wollten. Kayles hat Ihr Gespräch
mit Sam Ford belauscht. Ich war über Ihren guten Informationsstand so
ungehalten, daß ich etwas hastig reagierte. Ich ordnete Ihre baldige
Liquidierung an. Aber Sie hatten Glück.« Robinson legte philosophisch
den Kopf auf die Seite. »Des Lebens Wege sind dunkel, mein Freund.
Andererseits muß man auch nicht ungerecht sein, wenn man das Attentat
in seiner Ausführung bewertet. Die vier amerikanischen Banker waren
eine schöne Abschußquote. Die Sache hat an der Wall Street einigen
Wirbel gemacht.«
Voller Abscheu starrte ich den Mann an, der sich da eines
weiteren Mordes
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