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Bahners, Patrick

Bahners, Patrick

Titel: Bahners, Patrick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Panik-Macher
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leistete, gaben gleich mehrere Pressesprecher katholischer Bistümer
ihre Verwunderung zu Protokoll. Der Sprecher der Hannoverschen Landeskirche
sagte gegenüber der «Bild»-Zeitung: «Wir Christen sehen schon einen deutlichen
Unterschied zwischen unserem Gott und Allah.» Wir wollen unseren alten Gott
Jehova wiederhaben! Die Nutznießer staatskirchenrechtlicher Privilegien neigen
dazu, die christliche Prägung der Rechtsbegriffe mit einem christlichen Gehalt
der Rechtsordnung zu verwechseln. So kommt das groteske Missverständnis
zustande, der Gott des Artikels 56 des
Grundgesetzes sei der Christengott und nicht der Gott desjenigen, der den Eid
leistet. Frau Özkan konnte nur bei ihrem Gott schwören. Aus Freundlichkeit
gegenüber dem christlichen Publikum hatte sie über ihre Pressestelle mitteilen
lassen, sie meine den «einen und einzigen Gott, den Gott Abrahams, Isaaks und
Jakobs». Sie daraufhin wissen zu lassen, dieser Gottesbegriff begegne
kirchlichen Bedenken, war unhöflich; ihr darüber hinaus nahezulegen, sie hätte
lieber ohne Anrufung Gottes schwören sollen, also wie eine Atheistin, war eine
Unverschämtheit.
    Im Dialog der Religionen sind auch die Unterschiede zu
markieren: Dass den kirchlichen Kulturdiplomaten diese Weisung neuerdings mit
Nachdruck eingeschärft wird, ist schon eine Reaktion auf den Erfolg der
Islamkritik im kirchennahen Publikum. Mit besonderer Schärfe tat sich dabei
Wolfgang Huber als Ratsvorsitzender der EKD hervor. Unter Hubers Ägide
erarbeitete der Rat der EKD 2006 eine «Handreichung» zum Verhältnis von
Christen und Muslimen in Deutschland, die schon mit dem Titel «Klarheit und
gute Nachbarschaft» die Absicht der Abgrenzung deutlich machte. Mit
protestantischer Gründlichkeit arbeiten die Autoren der «Handreichung» die
Lieblingsthemen des volkstümlichen Islambildes ab. Im Einleitungskapitel gibt
es einen Abschnitt über «Chancen und Grenzen des Glaubens an den ».
Die Grenzen des Gemeinsamen werden von vornherein so eng wie möglich gezogen,
in der sprachlichen Form des hypothetischen Zugeständnisses: Demnach «können
Christen einräumen, dass der Islam auf die Verehrung des transzendenten Gottes
zielt, der zum christlichen Glauben gehört». Luthers Urwort evangelischer
Innerlichkeit, woran der Mensch sein Herz hänge, das sei sein Gott, muss für
eine Absage herhalten, die mit dem Glauben die ganze Gefühlswelt der Muslime
verwirft. «Ihr Herz werden Christen jedoch schwerlich an einen Gott hängen
können, wie ihn der Koran beschreibt und wie ihn Muslime verehren.»
Erläuterungen unterbleiben. Stattdessen folgt ein Unvereinbarkeitsbeschluss in
jener Kirchenbürokratensprache, die EKD-Mitglieder so tief verletzt, wenn
römische Verlautbarungen in ihr abgefasst sind. «Dieses Ergebnis ist zugleich
richtungsweisend für die Frage der gemeinsamen Gottesverehrung.» Als aber der
Schriftsteller Navid Kermani drei Jahre später in einer Meditation über ein
Kreuzigungsbild Guido Renis eingehend darlegte, warum er die islamischen (und
jüdischen) Gründe der Ablehnung der Kreuzestheologie «im Herzen verstehen»
könne, da unterrichtete Peter Steinacker, der frühere Kirchenpräsident der
Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, den hessischen Ministerpräsidenten
darüber, dass er nicht gemeinsam mit diesem Zuspitzer des Korans einen Preis
für Toleranz und Verständigung annehmen könne. Kermani hatte übrigens ganz im
Stil Bischof Hubers in seinem Artikel in der «Neuen Zürcher Zeitung»
angemerkt, der interreligiöse Disput über die Kernwahrheiten werde für seinen
Geschmack «viel zu höflich» geführt. Das war zu viel Klarheit für gute
Nachbarschaft.
    In Blasphemiegefahr begeben sich die Verfasser der
«Handreichung», indem sie postulieren: «Eine konfliktfreie Zone der Gottesverehrung
kann es nicht geben, wenn der Anspruch beider Religionen, Gottes Offenbarung
zu bezeugen, ernst genommen wird.» Jeder Gottesdienst dieses
Neokonfessionalismus ist also eine Kampfhandlung, im Gebet sammelt sich die
militante Kirche. An das Gefühl der Gottesliebe knüpfte die idealistische
Religionsphilosophie die Vorstellung der Einheit der Menschheit. Für den
modernen Hass der Theologen ist das ein unheimlicher Gedanke. «Denn eine
Religion ist in geschichtlicher Konkretion lebendig, nicht in religionstheologischen
Konstruktionen.» Das ist ein protestantischer Schmittianismus: Der Krieg ist
das Konkrete, der Frieden ein Konstrukt. Auch in der

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