Ball der Vampire
benommen. Meine beiden Aufpasser knallten die Hintertüren des Lieferwagens zu, gerade als die dem Kampf lebend entronnenen Werwölfe in den zweiten Wagen einstiegen. Wahrscheinlich waren die Wagen draußen an der Straße geparkt worden, damit wir sie nicht kommen hörten, und nur in den Innenhof gefahren worden, damit unsere Kidnapper uns unbemerkt verstauen konnten. Sogar in einer Stadt mit so vielen Prügeleien wie New Orleans würde es auffallen, wenn zusammengeschlagene Gestalten in einen Lieferwagen gestoßen wurden.
Ich hoffte nur, dass die Werwölfe sich nicht auch Amelia und Bob schnappen würden, und betete, dass Amelia schlau genug gewesen war, sich zu verstecken, statt hier womöglich die Hexenheldin zu spielen. Ich weiß, das widerspricht sich alles irgendwie, nicht wahr? Einerseits zu beten, Gott um einen Gefallen zu bitten, während man gleichzeitig hofft, dass die Feinde getötet werden. Ich kann nur sagen, mir kommt's so vor, als würden die Christen schon von je her diesen Widerspruch ausleben - zumindest die schlechten, so wie ich.
»Los, los, los«, brüllte der kleinere Mann, als er auf den Beifahrersitz sprang. Der Fahrer gehorchte und fuhr ruckartig mit völlig unnötigem Reifenquietschen an. Wir rasten aus dem Hof hinaus, als wäre eben der Präsident Amerikas angeschossen worden und wir müssten ihn ins Krankenhaus fahren.
Quinn kam wieder richtig zu sich, als wir von der Chloe Street abbogen und auf unser Ziel losrasten, wo immer das sein mochte.
Die Hände waren ihm auf den Rücken gebunden worden (eine ziemlich schmerzhafte Sache), und die Wunde in seinem Gesicht hatte nicht zu bluten aufgehört. Ich hatte erwartet, dass er noch eine Weile groggy sein würde, doch seine Augen fixierten mein Gesicht, und er sagte: »Süße, die haben dich ja schlimm zugerichtet.« Ich sah wahrscheinlich nicht allzu toll aus.
»Scheint, als hätten wir da schon mal was gemeinsam«, erwiderte ich. Ich wusste, dass der Fahrer und sein Komplize uns hören konnten, aber das scherte mich einen Dreck.
Quinn bemühte sich zu lächeln. »Ein prima Verteidiger bin ich gewesen.«
Mich hielten die Werwölfe anscheinend für nicht allzu gefährlich, denn mir hatten sie die Hände vorn gefesselt. Ich drehte mich hin und her, bis ich mit den Fingern Druck auf die Wunde über Quinns Auge ausüben konnte. Das musste ihm noch stärker wehtun, aber er protestierte nicht mit einem Wort. Die Bewegungen des Wagens, die Nachwirkungen der Prügel und der Gestank des Mülls um uns herum machten die nächsten zehn Minuten nicht gerade zu einem Vergnügen. Wenn ich schlau gewesen wäre, hätte ich aufpassen und sagen können, wohin die Fahrt ging - doch ich fühlte mich nicht sonderlich schlau. Ich staunte, dass es in einer Stadt mit so vielen berühmten Restaurants wie New Orleans einen Lieferwagen gab, der fast überquoll von Burger-King-Tüten und Taco-Bell-Bechern. Wahrscheinlich würde ich unter all diesem ganzen Unrat sogar noch was Nützliches finden, wenn ich nur Gelegenheit zum Suchen bekam.
»Immer wenn wir zusammen sind, werden wir von Werwölfen angegriffen«, sagte Quinn.
»Das ist meine Schuld«, erwiderte ich. »Es tut mir so leid, dass ich dich in all das hineinziehe.«
»Oh, macht nichts«, meinte Quinn. »Ich habe sowieso den Ruf, mit den unmöglichsten Leuten herumzuhängen.«
Wir lagen Gesicht an Gesicht, und Quinn stieß mich leicht mit dem Bein an. Er versuchte mir irgendwas zu sagen, aber ich begriff es nicht.
Die beiden Männer auf den Vordersitzen redeten über ein hübsches Mädchen, das an einer Ampel gerade die Straße überquerte. Diesem Gespräch zuzuhören reichte fast schon, um den Männern insgesamt abzuschwören. Wenigstens hörten sie uns nicht zu.
»Weißt du noch, dass wir mal über mein besonderes Talent gesprochen haben? Erinnerst du dich, was ich dir da gesagt habe?«
Es dauerte eine Minute, Quinn hatte Schmerzen, doch dann verstand er den Hinweis. Konzentriert, als wollte er Bretter in Hälften hauen oder sonst etwas Kraftaufwendiges tun, kniff er die Augen zusammen, und dann kam ein Gedanke in meinem Kopf an. Handy in meiner Hosentasche , ließ er mich wissen. Das Problem war nur, dass es in seiner rechten Tasche war und er auf dieser Seite lag. Platz zum Umdrehen hatten wir nicht.
Also war Herummanövrieren angesagt, was unsere Kidnapper allerdings auf keinen Fall mitkriegen sollten. Irgendwie gelang es mir schließlich, die Finger in Quinns Tasche zu schieben; bei Gelegenheit
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