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Ball der Vampire

Ball der Vampire

Titel: Ball der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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schließlich kamen sehr widerwillig zwei Männer vom anderen Wagen herüber, um Clete und dem Fahrer zu helfen. Sie banden Quinns Beine an den Knöcheln mit einem dieser Plastikdinger zusammen, bei denen man das spitz zulaufende Ende durch ein Loch zog und dann ruckartig in die entgegengesetzte Richtung festzurrte. So was Ähnliches hatten wir benutzt, um den Bratschlauch zu schließen, in dem wir letztes Jahr den Truthahn zu Thanksgiving gemacht hatten. Das Ding, mit dem sie Quinn fesselten, war aus schwarzem Hartplastik und wurde sogar mit so einem Schlüssel wie für Handschellen abgeschlossen.
    Mir banden sie die Beine nicht zusammen.
    Es freute mich zwar, dass Quinn über das Verhalten dieses Mr Arschkneifer so wütend geworden war, dass er sogar den Aufstand geprobt hatte. Doch als Ergebnis lag er jetzt mit gefesselten Beinen da, und ich nicht - denn ich stellte keine Bedrohung für sie dar, zumindest glaubten sie das.
    Und wahrscheinlich hatten sie recht damit. Mir fiel rein gar nichts ein, um zu verhindern, dass sie uns dorthin brachten, wo sie hinwollten. Ich hatte keine Waffe; und auch wenn ich an dem Isolierband um meine Handgelenke zerrte, schien ich mit den Zähnen nicht genug Kraft zu haben, um es zu lockern. Einen Moment blieb ich still liegen und schloss die Augen. Von dem letzten Schlag ins Gesicht hatte ich eine Platzwunde an der Wange. Da fuhr eine lange, raue Zunge durch mein blutendes Gesicht. Und noch einmal.
    »Weine nicht«, sagte eine seltsam kehlige Stimme, und ich öffnete die Augen, um zu sehen, ob das tatsächlich Quinn war.
    Quinn war so machtvoll, dass er die Verwandlung, auch wenn sie sich schon vollzog, noch aufhalten konnte. Vermutlich konnte er sie sogar selbst auslösen, aber ein Kampf bewirkte bei den meisten Gestaltwandlern die Verwandlung, wie mir schon öfter aufgefallen war. Während des Kampfes in Hadleys Apartment hatte er Krallen gehabt und damit den Ausgang beinahe zu unseren Gunsten entschieden. Und seit er vorhin am Straßenrand über Clete so wütend geworden war, hatte sich Quinns Nase abgeflacht und verbreitert. Ich warf einen genaueren Blick auf die Zähne in seinem Mund, sie waren allesamt zu kleinen Dolchen geworden.
    »Warum hast du dich nicht vollständig verwandelt?«, fragte ich flüsternd.
    Weil dann hier nicht mehr genug Platz für dich wäre, Süße. Nach der Verwandlung bin ich zwei Meter lang und wiege über zweihundert Kilo.
    Ich schluckte; aber da müsste wohl jeder schlucken. Ich konnte nur froh sein, dass Quinn so weit vorausgedacht hatte.
    Gar nicht schockiert?
    Clete und der Fahrer stritten vorne und gaben sich gegenseitig die Schuld an dem Zwischenfall mit dem Handy. »Ei, Großvater, was hast du für große Zähne«, wisperte ich. Die oberen und unteren Eckzähne waren so lang und scharf, dass er wirklich zum Fürchten aussah.
    Scharf... sie waren sehr scharf. Ich brachte meine Hände nahe an seinen Mund und bat ihn mit den Augen um einen Gefallen. Soweit ich das in seinem veränderten Gesicht erkennen konnte, war Quinn verwirrt. So wie er mich in der Situation vorhin instinktiv verteidigt hatte, so regte sich bei dieser Idee jetzt ein anderer Instinkt. Ich werde dich verletzen, deine Hände werden bluten, warnte er mich. Die Konzentration auf die Worte fiel ihm zunehmend schwerer. Er war bereits zu großen Teilen ein Tier, und die Gedanken des Tieres entsprachen nicht notwendigerweise den Gedanken des Menschen.
    Ich biss mir auf die Unterlippe, um nicht aufzuschreien, als Quinn in das Isolierband biss. Er musste eine Menge Druck ausüben, um mit den fünf Zentimeter langen Eckzähnen das Isolierband zu durchtrennen. Und das hieß, dass die kürzeren, ebenfalls scharfen Schneidezähne sich in meine Haut gruben, ganz egal, wie vorsichtig er war. Tränen strömten mir über die Wangen, und ich spürte, wie er zögerte. Ich schüttelte meine gefesselten Hände, forderte ihn auf, weiterzumachen, und widerwillig wandte er sich wieder seiner Aufgabe zu.
    »Hey, George, er beißt sie«, sagte Clete, der sich auf dem Beifahrersitz umgedreht hatte. »Ich kann sehen, wie er die Kiefer bewegt.«
    Doch wir lagen so dicht beieinander und das Licht war so schlecht, dass er nicht genau erkennen konnte, in was Quinn da hineinbiss. Das war gut. Verzweifelt klammerte ich mich an alles Gute, das ich finden konnte. Mir erschien die Welt wie ein düsterer, trostloser Ort in diesem Moment, da ich in einem Lieferwagen liegend auf einer unbekannten Straße irgendwo in

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