Ball der Vampire
es vielleicht ein bisschen kühl sein«, gab Claudine zu. »Aber du wirst es jahrelang jeden Sommer tragen können. Es steht dir fantastisch. Und die Königin wird sehen, dass du dir die Zeit genommen hast, etwas wirklich Besonderes für deinen Antrittsbesuch auszusuchen.«
»Könntest du nicht mitkommen?«, fragte ich sehnsüchtig. »Nein, ich weiß, das geht nicht.« Vampire schwirrten um Elfen herum wie Kolibris um Zuckerwasser.
»Das würde ich nicht überleben«, sagte Claudine, und es klang immerhin so, als wäre es ihr peinlich, dass sie wegen dieser Aussicht leider verhindert sei.
»Macht nichts. Das Schlimmste habe ich ja schließlich schon hinter mir, nicht wahr?« Ich spreizte die Hände. »Sie haben mir oft gedroht, weißt du? Wenn ich nicht dies oder das täte, würden sie's an Bill auslassen. Hey, weißt du was? Das ist mir jetzt völlig egal.«
»Erst denken, dann reden«, riet Claudine mir. »Du kannst vor der Königin nicht einfach so drauflosplaudern.«
»Versprochen«, erwiderte ich. »Ich bin dir wirklich dankbar, dass du für mich den weiten Weg auf dich genommen hast, Claudine.«
Claudine schloss mich fest in die Arme. Es war, als würde ich von einem weichen Baum umarmt, weil Claudine so groß und schlank war. »Ich wünschte, du hättest mich nicht so sehr gebraucht«, sagte sie.
Kapitel 17
Die Königin besaß einen ganzen Häuserblock in der Innenstadt von New Orleans, vielleicht drei Blocks vom French Quarter entfernt. Das allein schon machte deutlich, über welch horrende Summen sie verfügen musste. Wir aßen früh zu Abend - erst beim Essen merkte ich, wie hungrig ich war -, und dann setzte Claudine mich etwa zwei Blocks von der Residenz der Königin entfernt ab, weil dort der Verkehr groß und das Gedränge der Touristen dicht war. Auch wenn nicht allgemein bekannt war, dass Sophie-Anne Leclerq eine Königin war, wussten die Leute doch, dass sie eine sehr wohlhabende Vampirin sein musste, da sie eine Vielzahl Immobilien besaß und dem Gemeinwesen viel Geld spendete. Außerdem hatte sie eine bunt gemischte Truppe Bodyguards, denen eine Spezialerlaubnis erteilt worden war, innerhalb der Stadtgrenzen Waffen zu tragen. Die Residenz, in der die Königin nicht nur wohnte, sondern die auch ihre Geschäftsräume beherbergte, stand auf der Liste der touristischen Sehenswürdigkeiten und wurde vor allem bei Nacht häufig besichtigt.
Tagsüber herrschte in den Straßen rund um den Gebäudekomplex dichter Autoverkehr, doch nachts standen sie nur Fußgängern offen. Busse parkten einen Block entfernt, und die in den Reiseführern beschriebenen Besichtigungstouren durch New Orleans führten die auswärtigen Besucher auch an diesem Häuserblock vorbei. Kaum ein Tourist ließ aus, was in allen Reiseführern als »Vampir-Residenz« angepriesen wurde.
Sicherheit war daher ein wichtiges Thema. Dieser Block war ein natürliches Angriffsziel für Bombenanschläge der Bruderschaft der Sonne. In anderen Städten waren bereits einige Geschäftshäuser von Vampiren angegriffen worden, und die Königin hatte nicht vor, ihr Leben-nach-dem-Tod auf diese Weise zu verlieren.
Die Sicherheitsleute waren auf ihren Posten, und sie sahen höllisch furchterregend aus. Die Königin hatte ihre eigenen SEK-Teams. Obwohl Vampire an sich ja schon eine tödliche Gefahr bedeuteten, war die Königin der Ansicht, dass Menschen besonders aufmerksam auf wiedererkennbare Gestalten reagierten. Und so waren ihre Sicherheitsleute nicht nur schwer bewaffnet, sondern trugen alle die gleichen schwarzen schusssicheren Westen über den gleichen schwarzen Uniformen. Der reinste Killer-Schick.
Auf all das hatte Claudine mich beim Abendessen vorbereitet, und als ich aus ihrem Auto stieg, fühlte ich mich umfassend informiert. Ich fühlte mich allerdings auch, als würde ich zur Gartenparty der Königin von England gehen, so prächtig ausstaffiert, wie ich war. Wenigstens musste ich keinen Hut tragen. Doch mit den hochhackigen braunen Sandalen über den unebenen Gehweg zu stöckeln, war ein riskantes Unterfangen.
»Und hier sehen Sie die Residenz der berühmtesten Vampirin von New Orleans, Sophie-Anne Leclerq«, sagte ein Führer zu einer Touristengruppe. Er war malerisch in eine Art Kolonialanzug gekleidet: Dreispitz, Kniehosen, Strümpfe, Schnallenschuhe. Du meine Güte. Als ich kurz stehen blieb, um zuzuhören, musterte er mich von oben bis unten, registrierte mein Outfit und schien plötzlich interessiert.
»Wenn
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