Ballade der Liebe
Antrag zu sprechen wäre verfrüht, Sir. Aber ich würde gerne mit Miss O’Keefe über ein mögliches Treffen sprechen.“
„Er wird ihr einen Antrag machen, da bin ich mir ganz sicher“, mischte Letty sich wieder ein und deutete mit der Gabel auf Rose. „Sehen Sie sich das Mädchen doch an! Welcher Mann könnte unserer hübschen Rose widerstehen?“
Und dann griff sie auch noch über den Tisch und tätschelte Roses Wange, die sich zwingen musste, nicht unter der Berührung zurückzuweichen.
„Mir liegt das Wohl meiner Tochter am Herzen“, ergriff O’Keefe das Wort, den die anbiedernde Art seiner Lebensgefährtin nicht zu stören schien. „Und ich lege großen Wert auf ernsthafte Absichten eines Bewerbers.“
Rose verabscheute es, dass über sie geredet wurde, als sei sie eine Handelsware.
Flynn legte die Gabel beiseite. „Ich habe den Auftrag, Ihnen, Mr. O’Keefe, mitzuteilen, dass der Marquess mit Ihrer Tochter persönlich zu sprechen wünscht, um sicherzustellen, dass sein Interesse erwidert wird, bevor er weitere Verhandlungen führt. Dafür haben Sie sicher Verständnis.“
Roses Vater furchte die Stirn. „Aber ich muss meine Zustimmung zu etwaigen Abmachungen geben. Ich bin schließlich für sie verantwortlich, Sir.“
„Sie weiß, was wir von ihr erwarten“, fügte Letty hinzu.
Rose wusste genau, was Letty erwartete, nämlich möglichst viel Geld in ihrer eigenen Tasche. Die Motive ihres Vaters waren zwar weniger selbstsüchtig, aber genauso geschmacklos.
„Wir sprechen später darüber“, sagte Flynn, an O’Keefe gerichtet.
Rose gefiel die Art, wie er einfach über Lettys Kopf hinweg redete, als habe sie in dieser Angelegenheit nichts zu sagen, was im Grunde ja auch stimmte.
„Rose ist noch sehr jung“, gab ihr Vater zu bedenken und klang aufrichtig besorgt.
Flynn warf ihr einen fragenden Blick zu, den sie nicht zu deuten wusste. „Ich sorge dafür, dass Ihre Tochter nicht zu Schaden kommt.“ In seinen Augen lag ein seltsamer Ausdruck, der ihr die Hitze in die Wangen trieb.
Sie senkte den Blick auf ihren Teller, verwirrt, dass dieser Mann sie, ohne ein Wort zu sagen, aus der Fassung bringen konnte.
Nach Signor Rivoltas virtuosen Darbietungen setzte Applaus ein. Bald würde das Orchester zum Tanz aufspielen.
„Ich muss wieder auf die Bühne.“ O’Keefe erhob sich.
Flynn stand gleichfalls auf. „Miss Dawes möchte Sie gewiss begleiten.“ Er trat hinter ihren Stuhl und war ihr beim Aufstehen behilflich, ohne ihr Gelegenheit zum Widerspruch zu geben. „Ich werde Ihnen Miss O’Keefe am Ende des Abends wohlbehalten bringen.“
Flynn begleitete das Paar aus der Loge, kehrte an den Tisch zurück und setzte sich diesmal Rose gegenüber.
Erstaunt sah sie ihn an. „Sie haben eine große Überzeugungsgabe und eine silberne Zunge, Mr. Flynn. Letty wäre lieber geblieben, das war ihr deutlich anzusehen.“
Er runzelte die Stirn. „Das ist nur eines meiner Talente“, entgegnete er zerstreut.
Wieder brachte er sie aus der Fassung, und sie fragte sich, wieso er plötzlich so finster dreinblickte. Sie biss in eine Erdbeere und leckte den Saft von den Lippen.
Flynns Augen verdunkelten sich, und seine Miene wurde noch ernster.
Rose stutzte. Hatte sie sein Interesse geweckt? Ein beunruhigender Gedanke.
Sie trank einen Schluck Champagner und beobachtete ihr Gegenüber unter halb verhangenen Lidern. Hastig griff er nach seinem Glas und trank es in einem Zug aus.
Rose fühlte sich benommen.
Durchdringend sah er sie an. „Wir müssen reden, Miss O’Keefe.“
Sie aber wollte lieber ein wenig mit ihm flirten, beugte sich vor im Wissen, dass sie ihm einen tiefen Einblick in ihren Ausschnitt gewährte. „Wollen Sie mich nicht Rose nennen?“
Sein dunkler Blick ruhte auf ihr. „Rose“, wiederholte er mit tiefer Stimme, bei deren Klang sie ein Prickeln durchrieselte.
Seine Augen waren tiefblau wie die irische See, und die Luft schien zu knistern, als ihre Gesichter einander noch näher kamen.
Ein offenbar angetrunkener Nachtschwärmer torkelte in die Loge und stieß beinahe den Tisch um. Er wurde zwar schleunigst von dem Diener hinausbefördert, doch die knisternde Spannung zwischen den beiden war gebrochen.
Entschuldigend zog Flynn die Braue hoch. „Verzeihen Sie diesen lästigen Zwischenfall.“
Rose hoffte, er meinte den Betrunkenen. „Dafür können Sie doch nichts.“
Er sah sie wieder mit diesem verwirrend dunklen Blick an. „Nein, dafür kann ich nichts.“
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