Ballade der Liebe
und anderen Köstlichkeiten.
„In der Pause besucht man sich gern gegenseitig in den Logen“, erklärte Tanner. „Aber ich erklärte dem Logenschließer, wir wünschen, nicht gestört zu werden.“
Rose dankte ihm im Stillen für sein Feingefühl. Sie hätte es grässlich gefunden, sich von neugierigen Menschen, die nur wissen wollten, wer die Begleiterin des Marquess war, den Zauber dieser Opernaufführung zerstören zu lassen. Sie sehnte sich danach, die Musik, die in ihr nachklang, festzuhalten, wollte sie in Gedanken wieder und wieder hören.
Man nahm an einem kleinen runden Tisch Platz. Flynn, der Rose gegenübersaß, schenkte Champagner ein.
„Wie gefällt Ihnen die Vorstellung, Miss Green?“,fragte Tanner.
Katy lachte verlegen. „Ziemlich spannend, wie? Dieser Don Giovanni ist ja ein wahrer Schwerenöter. Irgendwie gefällt er mir, und ich hoffe, er kommt am Schluss davon.“
„Nun, wir werden sehen“, meinte Tanner schmunzelnd und wandte sich an Rose. „Und Sie, Miss O’Keefe? Was halten Sie davon?“
Rose hob den Blick und bemerkte, dass Flynn sie beobachtete, aber hastig den Blick abwandte. Sie konnte kaum sprechen. Worte reichten nicht aus, um zu erklären, was sie empfand. „Ich habe noch nie schönere Stimmen gehört“, antwortete sie ehrfürchtig. „Ich bin ganz hingerissen.“
„Wie schön“, meinte Tanner und hob sein Glas, „den Damen eine Freude gemacht zu haben.“
Der zweite Akt war ebenso überwältigend und ergreifend. Rose war erfüllt von der Musik, hingerissen von der Gefühlswelt, die Mozart mit seiner Musik geschaffen hatte, beglückt und angeregt von Sphären, die sie nicht für möglich gehalten hatte. Unfassbar, welche Energien die Sänger aus sich schöpften. Rose konnte es kaum erwarten, ihre Stimme zu erproben, sehnte sich danach, denselben Stimmumfang zu erreichen wie diese großen Künstler.
Das Orchester schwang sich zu einem letzten Crescendo auf, glitt in die Schlussakkorde, und dann fiel der Vorhang. Rose hatte das seltsame Gefühl, ihre Seele schwebe aus großer Höhe hernieder und kehre langsam in ihren Körper zurück. Dann erst klatschte sie begeistert Beifall.
Als die Sänger sich ein letztes Mal verbeugt hatten, drangen nur noch die Geräusche scharrender Füße und das Stimmengewirr der Opernbesucher an ihr Ohr, die den Saal verließen.
Lord Tannerton legte seine Hand an ihren Arm. Sie hatte ihn vergessen, sie hatte vergessen, warum sie eigentlich hier war.
„Die Vorstellung ist vorbei. Es ist Zeit zu gehen, Miss O’Keefe“, sagte er leise.
7. KAPITEL
Als Tanner den Arm seiner Begleiterin berührte, verspürte Flynn ein Prickeln in den Fingern, als sei er es, der Rose anfasse, nicht der Marquess. Um das befremdliche Gefühl loszuwerden, krümmte und streckte er die Finger, aber es half nichts. Tanner legte Roses Hand in seine Armbeuge und führte sie aus der Loge. Flynn hatte zwar befürchtet, dass es ihm schwerfallen würde, Rose mit Tanner zusammen zu sehen, allerdings hatte er nicht damit gerechnet, dass es ihn beinahe umbringen würde.
Das King’s Theatre für eine erste Begegnung zu wählen, war zweifellos die richtige Entscheidung gewesen. Tanner, der Opern hasste, hatte zwar ein langes Gesicht gemacht, aber Flynn hatte geahnt, dass ein Opernbesuch Rose mehr bedeutete als eine Handvoll Juwelen, und darauf spekuliert, dass der Mann, der Rose zum ersten Mal ins King’s Theatre führte, einen bleibenden Eindruck auf sie machen würde.
Flynn hätte stolz sein und sich für diesen gelungenen Abend gratulieren müssen.
Aber bei jedem Blick, den Tanner ihr zuwarf, bei jedem Lächeln, das er seiner schönen Begleiterin schenkte, bei jedem Raunen in ihr zartes Ohr hatte Flynn das Gefühl, sein Herz werde von spitzen Nadeln durchbohrt. Er musste hilflos zusehen und die Qualen zähneknirschend ertragen.
Nach Verlassen des Theaters fand Tanner seine Karosse bald in der langen Schlange wartender Kutschen. Er hob Rose in den Wagen und half auch Katy beim Einsteigen. Flynn stieg als Letzter ein und nahm neben Katy Platz. Er begegnete Roses Blick, und sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln.
Nein, er würde nie bereuen, ihr diesen Abend ermöglicht zu haben, obgleich er damit das Ende eines kurzen, herrlich verrückten Traumes besiegelt hatte.
Die Fahrt in die Bennet Street dauerte nicht lang. Als die Karosse am Haus von Madame Bisou vorfuhr, verkündete Katy in strahlender Laune: „Meine Herren, Sie sind herzlich eingeladen. Madame Bisou
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