Ballade der Liebe
kleines Haus in der Great Ryder Street, nicht weit von Madame Bisou entfernt.“
„Wann muss ich einziehen?“
„In ein paar Tagen.“ Seine Stimme klang gepresst.
Schweigend schlugen sie den Pfad am Ufer des Sees ein, wo Schwäne und Wildgänse auf dem spiegelglatten Wasser dahinglitten.
Die Kehle war ihr wie zugeschnürt. „Und was geschieht dann?“
„Was dann geschieht?“, wiederholte er konfus und fuhr nach einer Pause fort: „Lord Tannerton wird die vertraglich festgelegten Vereinbarungen einfordern.“ Flynn sprach wie ein Fremder, so wie sie sich einen nüchternen Geschäftsmann vorstellte. „Der Vertrag …“
„Ja, das weiß ich“, fiel sie ihm ins Wort. „Ich will wissen, was mit uns geschieht.“
Sie blieben am Ufer stehen. Zwei Schwäne glitten majestätisch heran, in der Hoffnung auf ein paar Brotkrumen.
Mit leerem Blick starrte Flynn über das Wasser in die Ferne. „Darüber haben wir gesprochen, Rose. Es wird vorbei sein.“
Wie töricht von ihr, danach zu fragen, da sie die Antwort doch kannte. Damit hatte sie nur Salz in die Wunden gestreut. Sie schaute den Schwänen zu, die paarweise das stille Wasser durchpflügten. Schwanenpaare blieben ihr ganzes Leben zusammen, sagte man. Nach welchen Gesichtspunkten wählen Schwäne ihre Gefährten aus?,überlegte Rose. Wussten sie ebenso schnell, dass sie füreinander bestimmt waren, wie sie es bei Flynn gewusst hatte?
In schweigender Übereinkunft machten Flynn und Rose kehrt und schlugen den breiten Kiesweg zum Parktor ein.
Rose warf einen letzten Blick auf die Schwäne und wandte sich wieder an ihn. „Du wirst mir fehlen, Flynn.“
Sie erreichten ein Stück, wo die Zweige der Bäume ein schattiges Laubdach bildeten und der Rand des Weges mit dichten Sträuchern gesäumt war.
Unvermutet blieb Flynn stehen und zog sie ins Gebüsch.„Rose“, raunte er und schloss sie in die Arme.
Rose fieberte danach, von seinen Lippen zu kosten, und küsste ihn mit verzehrender Leidenschaft. Sie vergaß alles um sich herum, grub ihre Finger in sein dichtes dunkles Haar, ohne darauf zu achten, dass ihm der Hut vom Kopf fiel. Er lehnte sie gegen einen Baumstamm, presste sich an sie, hob sie ein wenig hoch, bis sie seine harte Männlichkeit durch den Stoff an ihren Schenkeln spürte. Er küsste ihr Gesicht, ihren Hals, ihren Busenansatz über dem Dekolleté.
Wie sollte sie solche Zärtlichkeiten von einem anderen Mann ertragen?
Plötzlich näherten sich fröhlich lachende Stimmen. Flynn gab sie frei. Der Moment war zerstört. Rose ordnete ihre Kleider, während er sich nach seinem Hut bückte. Die Stimmen verloren sich wieder in der Ferne.
Rose zwang Flynn, sie anzusehen. „Das, was zwischen uns ist, können wir nicht leugnen, Flynn.“ Ihr Verlangen spiegelte sich in seinen Augen. „Ich finde, wir müssen es tun. Vielleicht nur ein einziges Mal, aber wir müssen es tun. Noch gehöre ich nicht Lord Tannerton. Noch bin ich eine ungebundene Frau. Ich werde meine Verpflichtung ihm gegenüber erfüllen, aber vorher …“ Die Stimme versagte ihr. „Vorher will ich mit dir zusammen sein.“
Entschieden riss er sich von ihr los und stand mit abgewandtem Gesicht da, die Arme vor der Brust verschränkt. Schließlich ließ er die Arme sinken und drehte sich ihr zu, blickte ihr tief in die Augen und nickte stumm. In Rose löste sich die angestaute Spannung. Sie konnte wieder atmen.
„Morgen.“ Seine Stimme klang tief und melodisch. „Morgen zeige ich dir dein neues Zuhause. Die Dienstboten treffen übermorgen ein, und einen Tag später kannst du einziehen …“
An diesem Tag würde Lord Tannerton sie besuchen.
„Aber morgen sind wir allein.“
Sie schlang die Arme um seinen Hals. Er zog sie an sich, und sie standen lange eng umschlungen da, reglos wie Statuen.
Am nächsten Tag sprach Flynn in Madame Bisous Haus vor, um Rose auszuführen, und niemand stellte indiskrete Fragen. Er kam zwar zu ungewöhnlich früher Stunde, aber seine Besuche waren mittlerweile zur regelmäßigen Routine geworden. Auch Katy, die ungewöhnlich einsilbig und in sich gekehrt war, seit sie erfahren hatte, dass Greythorne zwei Morde auf dem Gewissen hatte, verlor keine Bemerkung darüber.
Flynn nahm eine Mietdroschke, obwohl das Haus nur einen kurzen Fußmarsch entfernt lag, und wies den Kutscher an, kreuz und quer durch London zu fahren, als Vorsichtsmaßnahme, falls Greythorne Spione auf Rose angesetzt hatte.
Rose aber wollte keinen Gedanken an den Earl
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